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13. Juni 2008 (Land NRW)

Wohnungsmarkt NRW: Mangel und Überfluss

Prognosen sagen, was sich verändert, wenn alles so bleibt, wie es ist. Das klingt paradox, ist es aber nicht. Eine Prognose kann zum Beispiel vorhersagen, wie viele Menschen in 20 Jahren auf unserem Planeten leben werden, wenn die Bevölkerung weiter so wächst wie bisher. Oder sie kann sagen, wie viele und welche Wohnungen wo in Nordrhein-Westfalen im Jahre 2025 gebraucht werden, wenn sich der gegenwärtige Trend bei der Entwicklung der Haushaltszahlen in den verschiedenen Regionen fortsetzt. Genau das tut die sogenannte "Pestel-Studie", die derzeit die wohnungspolitischen Debatten an Rhein und Ruhr beherrscht.

Der Wohnungsmarkt ist tot – es leben die Wohnungsmärkte! Das ist das wichtigste Ergebnis der Untersuchung, die das Eduard-Pestel-Institut in Hannover im Auftrag des Ministeriums für Bauen und Verkehr des Landes NRW durchgeführt hat. Sie beschreibt die Entwicklungen der regionalen Märkte bis zum Jahre 2025. Danach geht die bereits bestehende Schere immer weiter auseinander: Regionen mit einem großen Überangebot an Wohnungen stehen in teilweise enger Nachbarschaft zu Regionen mit großer Wohnungsnot. Ursache ist vor allem die krass unterschiedliche Bevölkerungsentwicklung in den verschiedenen Regionen.

Von den 54 Kreisen und Städten in NRW gelten 25 als Wachstums- und 29 als Schrumpfungsregionen. In letzteren übersteigt schon heute das Wohnungsangebot die Nachfrage – es kommt zu Leerständen. In den Wachstumsregionen hingegen herrscht Wohnungsmangel. Und dieser Trend wird sich verschärfen.

Zu den Wachstumsregionen zählen vor allem Köln, Bonn, Aachen, Düsseldorf sowie die Kreise Gütersloh und Kleve. Die Verlierer sind vor allem im Ruhrgebiet anzutreffen: Duisburg, Essen, Dortmund, Gelsenkirchen sowie die Kreise Recklinghausen, Unna und Ennepe-Ruhr verlieren je über 40.000 Einwohner; Wuppertal, Hagen und Bochum sind mit über 30.000 dabei. Trotzdem gibt es auch hier Investitions- und sogar Neubaubedarf – weil das Angebot nicht zur Nachfrage passt. Gleichzeitig aber schlägt das Institut vor, nicht mehr "marktgängige" Wohnungen "vom Markt zu nehmen" – sprich: abzureißen.

Vor allem in ländlichen Kreisen, in denen die Menschen überwiegend in Ein- und Zweifamilienhäusern wohnen, gibt es Probleme mit dem Überangebot: Zum Einen nimmt die Altersgruppe der 30- bis 45-jährigen, die diese Wohnform überwiegend nachfragen, rapide ab; zum Anderen erreichen die geburtenstarken Jahrgänge der 60er Jahre das Rentenalter, setzen sich kleiner, da die Kinder aus dem Haus sind, oder kehren in die Städte zurück. Ihre Häuser suchen dann als Gebrauchtimmobilien auf dem Markt neue Käufer. Als Folge werden Einfamilienhäuser im Preis drastisch sinken und teilweise sogar unverkäuflich werden. So mancher Lebensentwurf, der auf das Eigenheim als Altersvorsorge gesetzt hat, wird daran scheitern.

Märkte, die sich so stark ausdifferenzieren, erfordern unterschiedliche Reaktionen seitens der Politik. Thomas Janta, Leiter der Abteilung Wohnungsbau im Ministerium von Bau- und Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU), fasst zusammen: "Die Nachfrage nach Wohnungen entwickelt sich uneinheitlich. Landesweite Aussagen über die Entwicklung der Wohnungsmärkte sind völlig irreführend! Zukünftig wird es in NRW zeitgleich Regionen mit äußerst angespannten und völlig entspannten Wohnungsmärkten geben."

Die Konsequenzen hat er vor Augen: "Eine Wohnungspolitik, die vorwiegend auf zentrale Steuerungsinstrumente setzt, wird scheitern. Die Ziele der Wohnungspolitik müssen von Region zu Region konkret an den jeweiligen Handlungserfordernissen orientiert sein."

In der ersten Hälfte der Legislaturperiode war die Wohnungspolitik der Regierung Rüttgers vor allem auf Deregulierung und auf Reduzierung von Wohnraumförderung ausgerichtet. Künftig wird sie sich daran messen lassen müssen, ob ihr die gebotene regionale Differenzierung gelingt.


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