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13. Juni 2008 (Land NRW)

NRW braucht wieder Sozialen Wohnungsbau

Das war schon eine seltsame Allianz, die da am 9. April zum Fachforum nach Düsseldorf geladen hatte. Der Landesverband NRW des deutschen Mieterbundes (DMB), der NRW-Ableger des Bundesverbandes Freier Immobilien und Wohnungsunternehmen (BFW) und der Fachverband Ziegelindustrie Nordwest hatten die "Initiative für den Mietwohnungsbau in NRW" gebildet. Ihre Kernforderung: Die Landesregierung muss wieder mehr Mietwohnungsbau fördern!

Nun ist eine solche Forderung für den DMB nichts Ungewöhnliches – für die freien Wohnungsunternehmen hingegen schon. Denn geförderter Wohnungsbau ist Sozialwohnungsbau, und Sozialer Wohnungsbau bedeutet Mietpreis- und Belegungsbindungen. Dergleichen ist unbeliebt. "Staatsknete" nahm man deshalb nur, wenn man es zur Finanzierung unbedingt brauchte.

Doch nun stehen die Zeichen in NRW auf Sturm. Die Pestel-Studie, die auf dem Forum vorgestellt und erörtert wurde, prognostiziert für NRW bis 2025 weit auseinanderklaffende Wohnungsmärkte (siehe S. 11). Vor allem in Köln, Düsseldorf und Aachen drohen dramatische Engpässe. "In Köln", berichtete die dortige Sozialdezernentin Marlis Bredenhorst, "ist der Mangel an preiswertem Wohnraum schon heute das größte soziale Problem überhaupt." Ein Fünftel aller Kölner leben auf Hartz-IV-Niveau. Die Kosten der Unterkunft sind eine enorme Belastung für die Stadt, weil es nicht genügend billige Wohnungen gibt.

Abhilfe könnte verstärkter Geschosswohnungsbau schaffen, da für Eigenheime in den Ballungszentren kein Platz ist. Freifinanziert aber, so klagte die Branche, ist das kaum noch möglich. Neubaukosten um die 1200 € pro qm führen zu Kostenmieten von über 11 € pro qm. Wer soll das bezahlen? Und die Unternehmen selbst brauchen bei 4,5 % Zinsen, 1 % Tilgung, 1 % Mietausfall, 3 % technischer Abschreibung und 0,5 % Verwaltungskosten mindestens 10 % Rendite aufs eingesetzte Kapital, um keine Verluste zu machen.

So fordert man dann doch, was früher verpönt war: Mehr Sozialen Wohnungsbau. Und da passt es überhaupt nicht ins Bild, dass die Landesregierung die Fördermittel für den Mietwohnungsbau immer mehr zusammengestrichen hat und sich nun sogar am Sondervermögen der Wohnungsbauförderungsanstalt vergreift.

Der in erster Linie angesprochene NRW-Bauminister Oliver Wittke (CDU) schien sich in Bedrängnis zu fühlen. Als er zwei Tage später das Städtebauförderungsprogramm des Landes vorstellte, startete er ein Ablenkungsmanöver und forderte höhere Mieten, um den Wohnungsbau anzuregen. Rolf Schettler vom BFW assistierte und erklärte 11 € netto-kalt für einen angemessenen qm-Preis im Ruhrgebiet. Erzielbar seihen dagegen teilweise weniger als 5 €. Zumindest Schettler kennt auch den Grund: Die Menschen können einfach nicht mehr bezahlen. Und da hier ein immer größeres Überangebot die Presise drückt, müssen sie das auch nicht.

Vier Regionen

Die Pestel-Studie unterscheidet vier verschiedene Wohnungsmarkt-Regionen in NRW:
1. Wachsende Städte mit Wohnungsdefiziten: Hier fehlt vor allem preiswerter Wohnraum und Bauland, das zudem teuer ist. Abhilfe könnte verstärkte Förderung und aktive Baulandpolitik schaffen.

2. Wachsende Kreise mit Wohnungsdefiziten: Hier fehlt vor allem altengerechter Wohnraum mit Serviceangeboten. Empfohlen wird die Abkehr von einer Planungspolitik, die nur auf Einfamilienhäuser setzt und die Verstärkung altengerechten Geschosswohnungsbaus.

3. Schrumpfende Städte mit Wohnungsüberhängen (Ruhrgebiet): Probleme machen Leerstände, zunehmende Entmischung und Abwanderung von Familien. Empfehlung: Abriss und Neubau zukunftsfähiger Wohnungen, qualitative Aufwertung von Quartieren, integrierte Stadtentwicklung.

4. Schrumpfende Kreise mit Überhängen: Familien wandern ab, Eigenheime verlieren an Wert - bis zur Unverkäuflichkeit. Not tut die Konzentration auf die Innenentwicklung mit einer Stärkung der Dorf- und Stadtkerne.


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