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17. März 2009 (Vivawest)

THS verkauft Wohnungen ohne Mieterschutz

Trotz des Zusammenbruchs der Finanzmärkte geht die Privatisierung von Arbeiterwohnungen im Ruhrgebiet weiter, wenn auch in kleinerem Stil. Die THS Wohnen verkaufte seit dem letzten Jahr mehrere Berg- und Bahnarbeitersiedlungen an Weiterverwerter und Finanzinvestoren.

Anfang Januar teilte die THS MieterInnen in Witten den Verkauf ihrer Wohnungen an eine "REIP Psecond" mit. Bei den Arbeiterhäusern an der Stadtgrenze zu Bochum handelt sich um Wohnungen aus dem früheren Bundeseisenbahnvermögen. Diese wurden im Zuge der ersten Stufe der Bahnprivatisierung an unterschiedliche Eigentümer veräußert, darunter auch die Vestische Wohnungsgesellschaft. Diese wurde dann von der THS gekauft und im letzten Jahr komplett in die THS Wohnen eingegliedert.

Nach Informationen von Mieterforum Ruhr sind etwa 600 Wohnungen im Ruhrgebiet von dem Verkauf an "REIP" betroffen. Der Kaufpreis soll bei nur 8,5 Jahresmieten liegen. Bei dem Käufer handelt es sich um Gesellschaften mit geringem Stammkapital, die im letzten Jahr im Steuerparadies Luxemburg von dem Bochumer Immobilienhändler Bollmann gegründet wurden.

Die "REIP Holding" will nach Presseberichten im letzten Jahr über 1600 Wohnungen im Ruhrgebiet erworben haben. Ebenfalls wurden über 600 schlecht instand gehaltene Wohnungen in Hanau erworben. Welche Strategie die neue Eigentümerin mit den Immobilien verfolgt ist unklar. Mieterforum Ruhr befürchtet schnelle Weiterver- käufe, eine Vernachlässigung der Instandhaltung, sowie eventuell auch die Aufteilung und den Weiterverkauf an Selbstnutzer – die größte Gefahr für die jetzigen MieterInnen.

In Bergkamen-Oberaden wurden im vergangenen Jahr THS-Wohnungen an eine "LM Dritte Portfolio" veräußert. Bereits im Januar 2009 gab es dort Mieterhöhungen.
Im letzten Sommer war der Verkauf einer THS-Siedlung in Hamm-Herringen an den bekannten Weiterverwerter "Häusser-Bau" aus Bochum auf Kritik der Mieterschützer gestoßen. Die Häusser-Bau ist dafür bekannt, dass sie Arbeitersiedlungen schnell aufteilt und an Selbstnutzer weiter verkauft. Dabei geraten die bisherigen MieterInnen unter Verdrängungs- und Kaufdruck.

Um diese Gefahren zu verringern, können durch Zusätze in den Kaufund Mietverträgen Eigenbedarfskündigungen ausgeschlossen werden.

Derartige Dauerwohnrechte sind für Bergbauangehörige auch zwingend vorgesehen. Trotzdem wurden sie bei dem Verkauf in Hamm in Mieteranschreiben nicht einmal erwähnt.

Auch bei den ehemaligen Eisenbahnerwohnungen gelten für Mieter, die bei der Bahn beschäftigt sind, Schutzregelungen. So sind Eigenbedarfskündigungen ausgeschlossen, Mietsteigerungen sind vertraglich begrenzt, und Modernisierungen bedürfen der Zustimmung der Mieter. Aber nur ein kleiner Teil der jetzigen Mieter- Innen kommt noch in den Genuss dieser Vereinbarungen. Regelungen zum Mieterschutz für die anderen, aber auch zur zukünftigen Instandhaltung der Wohnungen, fehlen bei den aktuellen Verkäufen völlig.

Mieterforum Ruhr befürchtet eine Zunahme der Verkäufe nicht mehr profitabler THS-Häuser. Denn das Unternehmen, das ursprünglich von den Bergbauarbeitgebern, der Gewerkschaft IG BCE und dem Bund kontrolliert wurde, steht unter Rendite-Druck. So musste die THS die Bundesbeteiligung an der THS für 450 Mio. Euro übernehmen.
Neben der IG BCE ist heute die Evonik Immobilien GmbH Anteilseignerin der THS. Während die IG BCE die Veräußerung der kompletten THS ablehnt, will Evonik seine Wohnungssparte "fit für den Kapitalmarkt" machen. So der neue Evonik-Chef Engel im Wirtschaftsmagazin "Capital".

Mieterforum fordert Sozialcharta
Bei einem Gespräch im Februar erläuterten Vertreter/innen der THS Wohnen, dass es sich bei den aktuellen Verkäufen um ganz übliche Anpassungen des "Portfolios" handele. Diese dienten der Stärkung des Unternehmens in seinen strategischen Schwerpunkten, - u.a.

Modernisierungen. Diese hätten eine ausgesprochen soziale Ausrichtung. Es sei aber nicht möglich, alle Wohnungen zur gleichen Zeit zu erneuern. Deshalb würden jährlich etwa 1 – 1,5 Prozent des Wohnungsbestandes veräußert, davon ein wesentlicher Teil im Zuge der Mieterprivatisierung. Die THS Wohnen bleibe ein in der Region verankerter Bestandshalter.

"Wenn die THS Wohnen nur in geringem Umfang Wohnungen verkauft, ist es ja kaum ein Problem, für den Fall eines Verkaufs besondere Schutzrechte zu vereinbaren", argumentierte das Mieterforum. Aber davon wollte die THS nichts wissen. Derartige Schutzbestimmungen seien überflüssig, weil man die Käufer sorgfältig auswähle.
"Auch wenn sich die Anzahl der verkauften Wohnungen in Grenzen hält, erwarten wir, dass die MieterInnen und die Bestände bei Verkäufen vorbildlich geschützt werden", fordert Mieterforum-Sprecher Knut Unger. "So lange dies nicht geschieht, hat die THS ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Wir haben auch Zweifel, dass die 450 Millionen für den Bund ohne zusätzliche Maßnahmen erwirtschaftet werden können. Entweder hat das Folgen für die Mieter oder für die Belegschaft." THS-Sitz in Gelsenkirchen NRW


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