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1. September 2009 (Vonovia)

Deutsche Annington: Kein Service unter dieser Nummer

Wer mit weniger Personal mehr Service bieten will, der versucht so etwas wie die Quadratur des Kreises. Doch genau das war der Plan hinter der Einführung des "Customer Care Centers", die die Deutsche Annington im Mai ankündigte und inzwischen vollzogen hat. Eine bundeseinheitliche Rufnummer für alle Mieter-Angelegenheiten, alle Mieterakten elektronisch verfügbar für jeden Mitarbeiter, 179 nagelneue Opel-Astra für die Außendienst-Mitarbeiter sollten den Mieterservice deutlich verbessern - und das bei Streichung von rund 250 Stellen. Der Plan scheint schief zu gehen.

"Deutsche Annington Stiftung engagiert sich für Stadtumbauprojekt Westend" - "Deutsche Annington Stiftung spendet für Barsinghäuser Tafel" - "Musikinstrumente für Bergkamener Schüler" - "Deutsche Annington unterstützt Lese- und Sprachförderung". Kein Zweifel: Das größte Deutsche Immobilienunternehmen findet immer wieder Anlass, sich selbst zu loben. Doch so nützlich all diese Initiativen sein mögen: Dem Image wäre es sicher zuträglicher, wenn die über 200.000 Mieter öfter mal Anlass hätten, die Annington zu loben. Doch danach sieht es weniger aus.

Caroline Rawlinson aus Weitmar-Bärendorf in Bochum ist sauer. Vor fast genau einem Jahr gab es in ihrem Keller nach starken Regenfällen einen Wassereinbruch. Ein Springrollo, mehrere Schränke und 50 Umzugskisten, die dort gelagert waren, wurden unbrauchbar. Gesamtschaden: 285,96 Euro.

Ursache war ein defektes Regenrohr. Da sich das Leck jedoch vorher nicht bemerkbar gemacht hatte, weigerte sich Annington, den Schaden zu begleichen.Kein Verschulden - keine Zahlung. Seit einem Jahr wartet die Mieterin allerdings auch auf die Reparatur des Kellers vergeblich. Halbherzige Abdichtungsversuche blieben erfolglos.

Wegen ständiger Lärmbelästigungen und zugiger Fenster mindert Caroline Rawlinson seit März die Miete um 10 Prozent. Da die Annington trotzdem weiter den vollen Betrag abbuchte, kündigte sie die Einzugsermächtigung und zahlt seither wieder "von Hand". Ständige Zahlungserinnerungen, verbunden mit Schalmaientönen per Formschreiben, wie vorteilhaft doch eine Einzugsermächtigung sei, waren die Folge - aber keine Mängelbeseitigung.

Am 20. Juli gab es endlich eine Ortsbesichtigung, bei der Schäden im Keller, an den Fenstern und auch an der Wohnungstür festgestellt wurden. Während bei Tür und Fenstern Abhilfe zugesagt wurde, wollte Annington am Kellerschaden offenbar nichts machen.

Hallo Annington? Hallo ...?
Doch auch auf die versprochene Abhilfe wartet Caroline Rawlinson seither vergeblich: "Am 10. August hab ich die Servicenummer angerufen, da sagte man mir, es sei noch gar kein Auftrag erteilt worden. Am gleichen Tag war ein Schreiner hier, der hat aber die Wohnungstür in der Nachbarwohnung ausgewechselt. Als ich ihn angesprochen hab, sagte er auch, er habe keinen Auftrag für meine Wohnung und ohne Auftrag könne er nichts machen." Weitere Anrufe in Anningtons "Customer Care Center" blieben erfolglos: "12 Minuten habe ich in der Warteschleife gehangen, bevor die Verbindung getrennt wurde, und das mehrmals! Und wenn ich mal jemand erreicht habe, hieß es ‚ich gebe das weiter‘ und das war‘s dann."

Ärgerlich daran ist vor allem, dass die bundesweite Rufnummer keineswegs kostenlos ist. Zwar werden für die Mieter nur 3,9 Cent pro Minute fällig, aber wer sich extra eine Flatrate fürs Festnetz bestellt hat, dürfte sich trotzdem ärgern.

Noch schlechtere Erfahrungen hat Elke Deimann aus Bochum-Werne mit der Annington-Hotline: "Ich habe da mal an einem Samstag Morgen angerufen, weil die Heizung ausgefallen war. Da wurde ich richtig angemacht, weil ich es gewagt hatte, am Wochenende anzurufen. Aber wozu sonst ist eine Hotline denn da?"

Grund zur Beschwerde hat die Mieterin genug. Das ganze Haus macht einen ungepflegten Eindruck: Der Rasen ist seit Wochen nicht gemäht, aus allen Ritzen der Gehwege sprießt das Unkraut, der Sandkasten, in dem ihre kleine Tochter gerne spielen würde, ist ebenso überwuchert wie die Dachrinne, im Keller stapelt sich der Müll ebenso wie auf dem Dach des Anbaus. "Da kümmert sich kein Mensch mehr. drum, dabei zahlen wir genauso viel für die Gartenpflege wie früher."

Für Aichard Hoffmann vom Bochumer Mieterverein ist die Ursache solcher Missstände klar: "Durch die Finanzkrise läuft das Geschäft nicht wie geplant. Aber irgendwo muss die Rendite für die Aktionäre ja herkommen. Also wird am Personal und an Instandhaltungen gespart."

Wo ist die Kaution?
Aber nicht nur bei Mängeln hat die Annington eine lange Leitung. Eine Mahnwelle wegen angeblich nicht gezahlter Kaution konnte Frank Ratajczak in Dortmund-Hombruch auch mit zahlreichen Mails und Anrufen nicht stoppen. Er schwörte Stein und Bein, 455,56 Euro Kaution überwiesen zu haben. "Neuerdings drohen sie mit Fristen und Kündigung.” Seine Probleme dürften im Call-Center bekannt sein. "Ich hatte sechs Ansprechpartnerinnen.” Nur Hilfe, die hatte er nicht, dafür Ausgaben. "Jeder Anruf kostet 3,9 Cent pro Minute. Entweder kommt man nicht durch. Oder man redet sich den Mund fusselig und es passiert trotzdem nichts.”

Erst als Steffen Klaas, Rechtsberater beim Mieterverein Dortmund, für Mietervereinsmitglied Ratajczak den Zahlungsbeleg übermittelte, lenkte Annington ein: "Wir haben Ihre Anfrage zur Kautionszahlung nochmals intensiv geprüft. Leider ist Ihre Zahlung aufgrund eines Übermittlungsfehlers im Datenträgeraustausch mit unserem Kreditinstitut nicht in unserem System erkennbar gewesen. Zwischenzeitlich ist ihrer Einzahlung durch die Sparkasse Dortmund bestätigt worden und der Fehler behoben. ... Für die Unannehmlichkeiten möchten wir uns ausdrücklich entschuldigen und hoffen, Sie zukünftig wieder von unserem Service überzeugen zu können. Als kleine "Aufmerksamkeit" fügen wir diesem Schreiben einen Gutschein von Saturn in Höhe von 30,00 EUR bei."

Für Rainer Stücker, Geschäftsführer des Mietervereins Dortmund kein Einzelfall. "Die Beschwerden häufen sich.” Anfangs hätten sich Mieter beklagt, nicht durchzukommen. "Jetzt schimpfen sie, dass sie zwar einen Ansprechpartner erreichen, ihre Angelegenheiten aber trotzdem unbearbeitet bleiben.”

Einzugsstress in Witten
Aber auch mit neuen Mietern macht sich Annington nicht mehr Mühe. Anita Paltian und Domian Absalon haben seit 1. Juni eine Wohnung in der Gröpper Straße in Stockum angemietet. Mit viel Mühe und Geld versuchen sie seitdem die heruntergekommene Bleibe auf Vordermann zu bringen. Und erleben dabei eine böse Überraschung nach der anderen.

Bei der Reinigung der Heizkörper spritzte ihnen die Flüssigkeit der Heizkostenverteiler entgegen. Lüftungsschächte waren von uralten Dreckansammlungen verstopft. Die Toiletten waren auch mit großer Mühe nicht in einen annehmbaren Zustand zu versetzen. Bei der Entfernung von Tapeten im Bad kam den Mietern der Deckenputz entgegen und die zu Tage tretende Betondecke war schwarz vor Schimmel.
Nur ein Teil der Schäden wurde von Mitarbeitern der Annington ausgebessert. "Meistens war das Pfusch", sagt Domian Absalon. Schimmel wurde nur notdürftig übertüncht. An völlig unzureichend gedämmten Bauteilen wurden nur minimale Dämmprofile aufgebracht.

"Wir können nur machen, wofür wir bezahlt werden", sagte einer der beauftragten Handwerker. Mehr als "Mindestlohn" zahle die Annington nicht.

Richtig unter Stress gerieten die jungen Leute aber erst, als die Annington Mitte Juni diesen Jahres ihren neuen "Kundenservice" einführte. Die Mitarbeiter, mit denen die Mieter zuvor alle Absprachen getroffen hatten, waren auf einmal nicht mehr erreichbar. Die bundesweit verbindliche Servicenummer 01801 – 12 12 12 auch nicht.

Über mehrere Wochen bemüht sich Anita Paltian mehrmals am Tag, die Reklamationen zu melden. Aber immer wieder erreichte sie nur eine endlose Warteschleife. Auch Briefe wurden nicht beantwortet. Selbst als der MieterInnenverein Witten etliche Briefe und Faxe sandte, in denen Mietminderungen und die Aufrechnung der Miete mit den Eigenleistungen angedroht wurden, verschwanden diese im schwarzen Loch des Annington-Service.

Inzwischen wurden zwar einige Arbeiten erledigt, aber nach wie vor fehlt ein Anschluss für die Waschmaschine. "Es macht keinen Sinn, auf diesen Vermieter zu vertrauen", sagt Knut Unger vom MieterInnenverein Witten. "Die Anington-Mieter müssen sich zusammenschließen und ohne Verzögerung alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen."


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