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22. Februar 2010 (Land NRW)

Schrottimmobilien: SPD erzwingt Landtagsanhörung zur Zwangsenteignung

Mieterbund, Städtetag und Oppositionsparteien wollen Heuschrecken-Bestände retten - Die katastrophalen Zustände in manchen Wohnungsbeständen von Private Equity Fonds und anderen Spekulanten sind zum Wahlkampfthema geworden. Auf Betreiben der SPD-Fraktion findet am 25. Februar im NRW-Landtag eine Anhörung zum politischen Umgang mit den vernachlässigten Wohnungen statt.

Hintergrund der Anhörung sind Äußerungen des stellvertretenden Vorsitzenden der NRW-SPD und Vorsitzenden der Kölner SPD, Jochen Ott. Der Politiker hatte im Januar die Enteignung von Immobilieneigentümern geforderte, die ihre Wohnungen nicht ausreichend sanieren. Konkreter Anlass dieser Äußerungen war der Streit um ein neungeschossiges Wohnhaus im Kölner Nordwesten, in dem mehrere Mietwohnungen von Feuchtigkeit und Schimmel befallen sind.

"Die Vorschrift im Grundgesetz, dass Eigentum verpflichtet, muss wieder konsequenter angewendet werden", sagte Ott in der Presse. "Wir haben im Moment kein funktionierendes Instrument, um Finanzinvestoren, die Wohnungen verkommen lassen, nachhaltig in die Schranken zu weisen."
Der Kölner Wohnungsamtsleiter Schleicher wies darauf hin, dass es zahlreiche ähnliche Fälle in vielen anderen Großstädten gebe. Der Arbeitskreis der Wohnungsamtsleiter beim Deutschen Städtetag hat das Problem schon seit geraumer Zeit auf der Agenda. Schleicher forderte eine Verschärfung der Gesetze zur kommunalen Wohnungsaufsicht.

Bereits 2008 hatte der SPD-Politiker Wolfgang Röken, Vorsitzender des Ausschusses für Bauen und Verkehr im Landtag, die Frage nach der Zwangsenteignung von untätigen "Heuschrecken" in die Diskussion gebracht. Damals waren die katastrophalen Zustände im Wohnungsbestand der "Terra Heimbau" in Rökens Wahlkreis Gladbeck der Anlass.

Unter katastrophal heruntergewirtschafteten Wohnungsbeständen und untätigen Fonds-Eigentümern leiden auch viele andere Ruhrgebiet-Kommunen, in großem Umfang zum Beispiel Dortmund. Dort hat die Stadt bereits Sanierungssatzungen erlassen, um sich ein Vorkaufsrecht über gefährdete Wohnungsbestände zu sichern. Für die Übernahme wären aber Finanzhilfen des Landes notwendig oder hilfreich.

Auch der Dortmunder Wohnungsamtsleiter Hans Peter Neuhaus betont seit längerem großen Handlungsbedarf zur Stärkung der kommunalen Instrumente bei "Schrottimmobilien" und Private Equity Fonds. "Das ist im Ruhrgebiet ein Flächenproblem", sagte Neuhaus bei einer SPD-Veranstaltung im Dezember. "In Dortmund haben wir es in manchen Siedlungen nur mit ausländischen Investmentfonds zu tun. Es gibt von ihnen keine Antworten auf die Gesprächsangebote der Stadt. Inzwischen ist das ein klares Stadtentwicklungsproblem. Wir stehen als Stadt ohnmächtig und isoliert vor dieser Aufgabe."

2008 hatten Mieterforum Ruhr, der DMB NRW und Neuhaus den Vorschlag ins Spiel gebracht, die bisherige kommunale Wohnungsaufsicht durch Landesgesetz als kommunale Pflichtaufgabe auszugestalten, die Sanktionsmöglichkeiten zu verbessern und die Aufgabe aus Landesmitteln zu fördern. Die schwarz-gelbe Landesregierung hat die Wohnungsaufsicht bei der Reform der Wohnraumförderung zwar grundsätzlich beibehalten, die Durchgriffsmöglichkeiten aber geschwächt anstatt sie zu stärken.

Die Anhörung im Landtag wird sich nun mit all diesen Vorschlägen befassen, nicht nur mit der Zwangsenteignung als dem allerdings erforderlichen letzten Mittel.

Der Hauseigentümerverband lehnt Verschärfungen erwartungsgemäß ab. Er hält sie für überflüssig. Vom DMB, den Mietervereinen und dem Städtetag ist eine Unterstützung zu erwarten. Auf die Details der Stellungnahmen darf man gespannt sein.

In den Landtags-Wahlprogrammen von SPD, Grünen und Linken haben die Forderungen bereits deutlichen Widerhall gefunden. So fordern alle drei Parteien eine Stärkung der kommunalen Wohnungsaufsicht und wollen den Ankauf maroder Wohnungsbestände fördern. Die "Zwangsenteignung" wäre ein weiterer Schritt zu einer effektiven Politik gegen die Herunterwirtschaftung unserer Wohnungsbestände.

Ob diese Ansätze umgesetzt werden, hängt erstens vom Ausgang der Landtagswahl, zweitens von der Ernsthaftigkeit der Absichten der jetzigen Oppositionsparteien und schließlich auch von rechtlichen Problemen und der Finanzierung ab.

Mieterforum Ruhr fordert über die diskutierten Maßnahmen hinaus bundesrechtliche Regelungen zu Mindestanforderungen an Instandhaltungsinvestitionen.


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