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9. September 2011 (Weitere Initiativen und Bündnisse)

Initiativen verabschieden Erklärung

Zu Zeiten des Bergbaus war Gladbeck-Brauck ein lebendiger Stadtteil mit guten Wohnbedingungen. Heute müssen Mieterinitiativen um jede Reparatur kämpfen, berichten Vertreter/innen der Initiative "Gemeinsam Leben in Brauck". Die ehemals als Betriebswohnungen gebaute Siedlung aus den 50 Jahren war 2004 teilweise an den internationalen Fond Terraheimbau verkauft worden. Seitdem ist die Instandhaltung gegen Null heruntergefahren. Die Wohnungsverwaltung wechselt jährlich. Über Reparaturen darf sie aber eh kaum entscheiden. In vielen Wohnungen bildet sich Schimmel, die Keller sind zugemüllt, die Treppenhäuser verschmutzt. Immer wieder wird die Miete doppelt eingezogen. Der Leerstand hat sich auf 20% erhöht. Die hohe Fluktuation der Mieterschaft sorgt immer wieder für nachbarschaftliche Konflikte.

Der Fall aus Gladbeck ist nur einer von vielen, die Mieter im Ruhrgebiet belasten. Die aktuelle Häufung der Fälle ist darauf zurückzuführen, dass der deutsche Wohnungsmarkt seit zehn Jahren ins Visier der internationalen Finanzmärkte geraten ist. Nachhaltige Wohnungsbewirtschaftung geriet dabei zunehmend in den Hintergrund. In manchen Fällen kauften Unternehmen Wohnungen als reine Kapitalanlage, ohne Kenntnis von Wohnungsbewirtschaftung zu haben. In anderen Fällen ist es explizites Geschäftsmodell, durch das Senken der Instandhaltungsquote oder der Mitarbeiterzahl mehr Gewinne einzufahren. Die Hintergründe unterscheiden sich, aber die Folgen für die Mieter sind ähnlich.

Unter anderem vor diesem Hintergrund initiierten die NRW-Grünen im Landtag die Enquetekommission "Wohnungswirtschaftlicher Wandel". Diese Kommission soll innerhalb von zwei Jahren Informationen zu problematischen Entwicklungen vorantreiben und Lösungsansätze suchen. Um diese Kommission zu begleiten, aber auch nicht zwei Jahre stumm auf mieterfreundliche Ergebnisse zu hoffen, luden die im Mieterinitiativentreffen Ruhr (siehe Kasten S. 9) zusammengeschlossenen Mieterinitiativen, Mieterbeiräte und Mietervereine Anfang Juli zu einer Veranstaltung nach Essen-Katernberg ein.

Dort beschrieben Mieter aus zwölf Siedlungen die zahlreichen Probleme mit eindringlichen Bildern. Besonders nachdrücklich blieben den Anwesenden die Schimmelprobleme in Erinnerung, häufig in Folge defekte Dachrinnen oder Regenrohre. Meist nicht so sichtbar, aber für Mieter nicht weniger problematisch ist der energetische Zustand vieler Wohnungen. Durch uralte Fenster ohne Doppelverglasung zieht es, die wenig isolierten Wände lassen die Kosten für die Heizung steigen. Ungepflegte Außenanlagen, heruntergekommene Spielplätze, defekte Eingangstüren oder Klingelanlagen verstärken den Eindruck, dass die jeweilige Wohnhaus nichts mehr geschieht.

Vorhandene Möglichkeiten ...
Welche Möglichkeiten Mieter haben, gegen solchen Missstand vorzugehen, und wo weitere gesetzliche Regelungen und kommunales Handeln gefragt sei, erläuterte im Anschluss Rainer Stücker vom Mieterverein Dortmund (mehr dazu auf Seite 10).

Zur anschließenden Podiumsdiskussion waren Hans-Peter Neuhaus (Wohnungsamt Dortmund), Jutta Hüppop (Mieterverein Bochum) sowie für die Politik Bernhard Schemmer (CDU Fraktion), Armin Jahl (SPD Fraktion) und Stefan Hochstadt für die Linkspartei geladen.

Das Wohnungsamt Dortmund war geladen, weil es im Gegensatz zu vielen anderen Städten sehr aktiv beim Intervenieren gegen untätige Wohnungsvermieter ist. Herr Neuhaus bestätigte die schon vorhandenen Möglichkeiten, bei vernachlässigten Wohnungen agieren zu können. Er wünschte sich zudem aber weitere Verbesserungen wie eine zügige Wiedereinführung der Kündigungssperrfirst.

Jutta Hüppop sprach zwei Alltagsprobleme an: So müsse es für Wohnungsvermieter eine Pflicht geben, eine verklagbare Person mit eindeutiger Adresse anzugeben. Im einem Fall hatte es Monate gedauert, um über mehrere Unternehmensnetzwerke und Länder hinweg den Verantwortlichen von Hattinger Mietwohnungen zu ermitteln. Ebenso würde die Einführung eines Kollektivklagerechts mit dem mehrere Mieter gemeinsam gegen untätige Mieter vorgehen könnten, eine wichtige Erweiterung des Mietrechts darstellen.

... reichen (nicht) aus?
Für ausreichend hielt Bernhard Schemmer das bestehende Mietrecht. Damit könnten Mietern schon heute effektiv ihre legitimen Rechte einklagen. Problematisch sei, dass viele Kommunen ihre Möglichkeit nicht ausschöpfen würden.

Armin Jahl erhofft sich von der Enquete-Kommission klare Ziele, die im Landtag mit möglichst breiter Mehrheit verabschiedet werden sollten. Das dürfe aber keine Ausrede sein, schon jetzt zu handeln. So begrüßt er die bald entstehende Wiedereinführung der Zweckentfremdungs- sowie der Kündigungssperrfirstverordnung. Zudem müssten Geldmittel für handelnde Kommunen zur Verfügung gestellt werden. Denn gerade unter den besonders betroffenen Kommunen im Ruhrgebiet gäbe es viele mit hohen Schulden. Den anwesenden Mietervertretern riet Jahl weiterhin Druck auf die Politik auszuüben.

Finanzen verbessern
Stefan Hochstadt wiederholte das wichtige Anliegen des Kollektivrechts für Probleme, die nicht individuell gelöst werden könnten. Leider sei es inzwischen so, dass kommunale Wohnungsunternehmen sich nicht immer grundsätzlich von Fondvermietern unterschieden. In manchen Fällen sei dafür aber die finanzielle Lage der Kommunalen verantwortlich. Diese müsse nachhaltig verbessert werden.

Zum Abschluss der Veranstaltung wurde von den anwesenden Mieterinnen und Mieter die sogenannte Katernberger Mietererklärung mit Forderungen an die Politik verabschiedet (siehe rechts). Einige dieser Ideen werden die im Mieterinitiativentreffen zusammengeschlossenen Initiativen in den nächsten Monaten thematisieren.


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