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26. März 2012 (Sonstige Unternehmen)

Pleitegeier über Laerheide

Linkerhand am Ende der Laerholzstraße liegt Bochums drängendstes "Problemviertel". Hier wurde gegenüber dem grünen Laerholz-Wäldchen in den 60er/70er Jahren eine Orgie in Beton hingeklotzt. Heute gibt es hier, wie könnte es anders sein, eine Konzentration von "Problemgruppen" - und jede Menge Wohnungsmängel. Erschwert wird die Lage noch dadurch, dass einer der wichtigsten Vermieter hier seit Oktober 2011 pleite ist. Und der Insolvenzverwalter schockt die Mieter.

Die Straßen tragen die Namen berühmter Architekten: Gropiusweg, Camillo-Sitte-Weg, Peter-Parler-Weg. Aber die Siedlung weist alles auf, was heute als nachteilig gilt: hohe Betonklötze, unübersichtliche Zuwege, Angsträume, schlechter Erhaltungszustand, einseitige Bewohnerstrukturen. Und die Vermieter sind auch Sorgenkinder. Einer ist der Umwandlungsspekulant Häusser-Bau, ein anderer die Heuschrecke Tower-Group. Letztere ist seit dem 1. Oktober 2011 insolvent. Das hat das Chaos noch vergrößert.

Schon die Tower-Group - genau ist die "Tower 1 Immobilien GmbH & Co vierte" Eigentümerin von 13 Häusern - war mit einer vernünftigen Bewirtschaftung völlig überfordert. Die Betriebskostenabrechnung für 2009 war in keiner Weise nachvollziehbar und ergab für viele Mieter deutlich vierstellige Nachforderungen.

Hohe Nachforderungen
Allein Melanie Pütz aus dem Gropiusweg 16 sollte für 2009 sage und schreibe 2381,14 € für die Müllabfuhr zahlen. Andere Mieter hatten hier den Betrag "Null" stehen. Ein anderer Mieter hatte 500 € Kosten für Allgemeinstrom. Bei jeder 2. Position wechselte der Verteilerschlüssel. Mal war es das Haus, mal die ganze Liegenschaft - und manchmal auch beides zugleich. 2010 wurden Aufzugskosten auf alle Mieter umgelegt, obwohl manche gar keinen Aufzug haben.

Entsprechend hoch war die Nachforderung: 2557,36 € sollte Melanie Pütz nachzahlen. Für sie und etliche andere Mieter wies Rechtsberater Rainer Papenheim die Abrechnung als unschlüssig zurück.

Die "Tower Wohnen Management GmbH" als Hausverwalterin bestätigte brav die Widersprüche und bat um Zeit zur Bearbeitung der Sache. "Einen evtl. Nachforderungsbetrag auf die Betriebskostenabrechnung", so schrieb sie allen Mietern, "braucht vor Abschluss unserer Bearbeitung des Widerspruchs selbstverständlich nicht beglichen zu werden." Deutsche Grammatik geht anders, aber von der Sache her: so weit, so gut. Natürlich zahlten Melanie Pütz und die anderen Mieter auch die geforderten höheren Vorauszahlungen - oft über 200 € monatlich - nicht.

Das brachte den Insolvenzverwalter auf den Plan, der am 1. 10. 2011 eingesetzt wurde. Er fand in etlichen Mietenkonten Rückstände, suchte aber wohl nicht gründlich genug nach den Ursachen. Seine Aufgabe ist es ja auch, Geld einzutreiben, um die Ansprüche der Gläubiger zu befriedigen. Noch im Oktober setzte er Anwälte in Marsch, die teilweise horrende Beträge von etlichen Mietern forderten.

2423,26 € waren es bei Abdul Habibzai aus dem Gropiusweg 2, 3090,07 € sollte Yasemin Hatir aus Nr. 18 zahlen, von den Ari-Balis aus Nr. 20 wollte er schon 7615,00 € haben und Melanie Pütz stand angeblich mit 8643,14 in der Kreide. Dazu kamen jeweils Anwaltsgebühren von 200 bis 700 €.

Neue Hausverwaltung – nichts wird besser
Rainer Papenheim wies natürlich alle Ansprüche zurück - und hörte seither nichts mehr davon. Zeitgleich mit dem Insolvenzverwalter wurde übrigens eine neue Hausverwaltung beauftragt, die G.I.A.M. Gesellschaft für Immobilien und Anlagenmanagement mbH. Die Nebenkostenabrechnungen für 2010 kamen allerdings von der Hausverwaltung Matthias Rothe eK, die sonst für Häusser-Bau tätig ist. Auch die sah gewaltig nach einem - arg fehlerhaften - Schnellschuss zur Fristwahrung aus, war aber lang nicht so gravierend wie die von 2009.

Aber vielleicht stellt sich noch heraus, dass die Mieter, die so in Angst und Schrecken versetzt wurden, noch besser dran sind als die, die etwas zu bekommen haben. Chkirya Toku, die vor einem halben Jahr aus dem Gropiusweg 4 auszog, kämpft zum Beispiel bisher vergeblich um ihre Kaution. Und ihr Schwiegervater hat ein Guthaben aus der Nebenkostenabrechnung. Mit seinem Anspruch auf 974,03 € Rückzahlung kann er sich mit all den anderen Gläubigern der Tower Group in eine Schlange stellen - und wird wohl kein Geld sehen.


>>> Rechtsberatung für Mieterinnen und Mieter
 

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