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13. September 2012 (Sonstige Unternehmen)

Dortmund: Hackländer Platz - Vermieter unter Druck

Wohnungen in schlechtem Zustand, horrende Nebenkosten und ein Eigentümer, der sich nicht kümmert. Im Wohnpark am Hackländer Platz, in der Nordstadt (Münsterstraße Ecke Uhlandstraße), ist die Welt schon lange nicht mehr in Ordnung. Weil der Fahrstuhl seit Jahren still steht, liegt Mieterin Hatice Atceken mit der Eigentümerin, der luxemburgischen Fondsgesellschaft Octagon Residential S.A.R.L., im Rechtsstreit.

Jeden zweiten Tag trägt Hatice Atceken die Einkäufe für ihre Großfamilie die Treppe hinauf ins sechste Obergeschoss. Der Rücken schmerzt. Ihr Mann, der bereits einen Bandscheibenvorfall hatte, kann ihr nicht helfen. Seit 2010 kämpft die 37-Jährige für die Reparatur des Fahrstuhls in der Uhlandstraße 151 – mit einem ersten Erfolg.

"Anfangs habe ich dem Hausmeister Bescheid gegeben", so Hatice Atceken. "Aber passiert ist nichts." Schließlich zog sie mit Unterstützung des Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. vor Gericht und bekam Recht. Auch deshalb, weil die Beklagte das Gericht schamlos belog. Auf die Frage des Richters, ob der Fahrstuhl inzwischen repariert worden sei, antwortete der Vertreter der Immobilienverwaltung Hexagon AG, die auch die 112 Wohnungen am Hackländer Platz betreut, mit "ja". Er behauptete gar, der Hausmeister sei nie auf Mängel am Aufzug hingewiesen worden. "Da habe ich widersprochen", so Hatice Atceken.

Daraufhin kam der Richter selbst in der Uhlandstraße vorbei. Der Fahrstuhl funktionierte nicht. Im ersten Stock war er sogar mit den Worten "außer Betrieb" gekennzeichnet worden – vermutlich vom Hausmeister. "Der Richter war damals so sauer, dass ich gedacht habe, jetzt passiert endlich etwas", berichtet Hatice Atceken. Aber: Octagon hat Berufung gegen das Urteil erhoben. Vor 2013 wird wohl nichts mehr geschehen. Da die Aufzüge als Fluchtweg ausscheiden, wurden aus Brandschutzgründen provisorische Ersatztreppengeländer an den Balkonen einiger Bewohner angebracht. Auch sie deuten darauf hin, dass die Reparatur des Fahrstuhls noch auf sich warten lässt. Leider wurden sie so konstruiert, dass sie den betroffenen Bewohnern jegliches Tageslicht im Wohnzimmer stehlen.

Der Mieterverein freut sich dennoch über den Erfolg vor Gericht. "Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass es sich lohnt zu kämpfen", so Rechtsberater Holger Gautzsch. "Wenn der Vermieter sich weiter sperrt, kann auch ohne Berufungsurteil vollstreckt werden. Der Druck in einer solchen Angelegenheit war noch nie so hoch wie jetzt."

Vernachlässigung
Nicht nur die Treppengeländer und der Aufzug sind ein Problem. Schaut man sich die fünf Hochhäuser des Wohnparks an, fällt einem vor allem das Wort "Vernachlässigung" ein: dreckige Treppenhäuser, beschädigte Briefkästen, ungepflegte Außenanlagen und ein 2 Meter tiefer Kellerschacht direkt am Haus, der weder abgedeckt noch gekennzeichnet wurde. Nicht nur Hatice Atceken hat Angst, dass eines ihrer fünf Kinder sich beim Spielen verletzen könnte.
Juliane Milosavljevic sah sich bereits gezwungen zu handeln. "Ich bin hier aufgewachsen und hatte eine sehr schöne Kindheit", erzählt die 28-Jährige. "Aber für meinen Sohn ist mir das hier heute zu gefährlich." Anfang des Jahres ist sie umgezogen.

Die Probleme vor Ort kennt auch Holger Gautzsch. "Es gibt dort ein riesiges Instandsetzungsproblem, das von ma-
roden Aluminiumfenstern bis hin zu einer alten Heizungsanlage reicht, die die Wärme nicht gleichmäßig auf alle Wohneinheiten verteilt. Auch die Defekte am Fahrstuhl sind dem Vermieter seit langem bekannt. Zahlreiche Mieter haben ihn darauf hingewiesen." Die Nebenkosten sind ein weiteres großes Problem. "Die Abrechnungen kann man bei den Hausmeisterkosten schon fast als betrügerisch bezeichnen", so Gautzsch. "Sie sind viel zu hoch."

Hatice Atceken will andere Menschen schützen. "Potenzielle Mieter kläre ich sofort über das Chaos hier auf. Die kriegen vom Verwalter, der ihnen die Wohnung zeigt, gesagt, der Aufzug sei erst drei Monate kaputt und würde in ein paar Tagen repariert werden. Wenn ich ihnen die Wahrheit sage, sind sie an den freien Wohnungen nicht mehr interessiert."

Inzwischen sind in jedem der fünf Wohnhäuser mehrere "Zu-vermieten"-Schilder zu erkennen. Im Internet werden die Wohnungen als Teil einer "gepflegten Wohnanlage" angepriesen. Worte über die Hatice Atceken und
Juliane Milosavljevic nur den Kopf schütteln. "Gepflegt ist hier schon lange nichts mehr", sind sich die Frauen einig. Die Türrahmen sind kaputt, die Fenster fallen beim Öffnen aus der Verankerung, und in vielen Wohnungen haben die Mieter mit Schimmel zu kämpfen. "Aber wenn man sich bei der Hausverwaltung beschwert, wird nichts getan."

Es geht voran
Hatice Atceken meint: "Es kann doch nicht sein, dass jeder Mieter Probleme mit dem Eigentümer hat." Die fünffache Mutter lebt seit elf Jahren in ihrer Wohnung. Es wird Zeit, dass sich endlich etwas ändert. Hatice Atceken hofft, bald ihre Einkäufe nicht mehr zu Fuß in den sechsten Stock bringen zu müssen.


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