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10. Dezember 2012 (Weitere Initiativen und Bündnisse)

Mieterproteste im November

Tausende Mieterinnen und Mieter demonstrieren am 10.November in Freiburg, Berlin und Hamburg gegen hohe Mieten und Verdrängung. Überrascht von den großen Protesten berichteten in den folgenden Tagen viele Nachrichtensendungen, Talkshows und überregionale Zeitungen über die neue Wohnungsnot in deutschen Großstädten. Diese mediale Reaktion überraschte die Mietervereine. Denn die Probleme waren schon seit Monaten bekannt. Der Deutsche Mieterbund hatte immer wieder gewarnt. Verschiedene Studien beschrieben wissenschaftlich genau den eklatanten Mangel von bezahlbaren Mietraum insbesondere in Großstädten. Nötig war wohl, dass tausende Mieter ihren Protest auf die Straße brachten.

Der neue Mieterprotest ist gar nicht so neu, in Hamburg protestieren Mieter bereits seit drei Jahren. Hintergrund sind die erheblich erhöhten Mieten in Metropolen wie München, Berlin und Hamburg. Die Einwohnerzahlen dieser Städte wachsen. Finanzinvestoren spielen eine immer größere Rolle auf dem Wohnungsmarkt. Bund, Länder und Kommunen haben längst keine aktive Rolle bei dem Erhalt und Neubau erschwinglicher Wohnungen mehr. Der Trend gerade unter Besserverdienenden wieder in die Innenstädte zu ziehen, hat dem Prozess, der unter dem Fachbegriff Gentrifizierung bekannt ist, einen besonderen Schwung gegeben. Mieten werden erhöht, Wohnungen leer gezogen und luxusmodernisiert. Ärmere Mieter können sich ihre Wohnung häufig nicht mehr leisten.

Eine Vorreiterfunktion für die Proteste gegen diese Entwicklung hat das Hamburger Netzwerk "Recht auf Stadt". Hier arbeiten so unterschiedliche Gruppen mit wie die Initiative "Apfelbaum braucht Wurzelraum", das soziokulturelle Zentrum "Centro Sociale", das Künstlerprojekt Gängeviertel und die Mieterinitiative ESSO-Häuser. Der Name des Netzwerks "Recht auf Stadt" geht auf den französischen Soziologen Henry Lefebvre zurück. Recht auf Stadt wird als Forderung begriffen, allen Bewohnern einer Stadt Rechte auf Beteiligung und Aufenthalt (also auch Wohnung) zu ermöglichen. Es geht also um mehr als bezahlbaren Wohnraum.

In Hamburg gab es zwei Ereignisse, die den Prozess der Netzwerkbildung beschleunigten. Einerseits wurde der Film "Empire St-Pauli" viele Male in Hamburg gezeigt und breit diskutiert. Darin beschreiben Bewohner/innen die Veränderung ihres Stadtteils durch Mietsteigerungen und Verdrängung ärmerer Menschen. Fast zeitgleich mit der Veröffentlichung des Filmes besetzten Künstler/innen, die auch unter hohen Mieten litten, das historische Gängeviertel, dass an den Investor Hanzevast verkauft werden sollte. Die Besetzung wurde breit unterstützt und war schließlich erfolgreich. Die Stadt schloss einen Vertrag mit der Initiative, die im Gängeviertel Ateliers nutzt, Ausstellungen zeigt und Veranstaltungen organisiert.

Inzwischen bildeten sich auch in Düsseldorf, Freiburg, Frankfurt und München viele neue Mieterinitiativen und Netzwerke, die sich gegen hohe Mieten oder Instandhaltungsstau in ihren Wohnungen zur Wehr setzen. Unter dem Motto "Mietenwahnsinn stoppen" startete eine gemeinsame Kampagne, die mit der Demonstration am 10. November einen Höhepunkt fand. Gefordert werden unter anderem ein Recht auf Wohnraum, auf Dauer eine gesetzliche Mietobergrenze von 4 Euro/qm, die verstärkte Schaffung kommunalen Wohnungsbestandes verbunden mit einer Ausweitung der Mitbestimmung der Mieterinnen und Mieter.

An der Hamburger Demonstration beteiligten sich allein 4.000 Menschen. Dort berichteten auch Menschen aus Spanien über ihre Probleme. Täglich über 1.000 werden zur Zeit in Spanien von Banken zwangsgeräumt. Eine Situation, die in Deutschland dank des hohen Anteils an Mietwohnungen und dem sozialen Mietrecht so zum Glück nicht geschehen kann.


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