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15. August 2013 (Aus den Städten)

Wohnprojekte: Bewohner nehmen das Heft in die Hand

Reisen bildet. Und deswegen haben wir zu der Wohnprojekte-Rundfahrt im Rahmen der Reihe „Interventionen - Stadt für Alle“ nicht nur in der letzten Ausgabe eingeladen, sondern sind auch selbst mitgefahren.

Wenn Mieter nicht nur einfach irgendwo wohnen und Miete dafür zahlen, sondern ihr „Schicksal“ selbst in die Hand nehmen, dann können sie Einiges erreichen - Übles verhindern oder Gutes aufbauen. Davon konnten sie die zwei Dutzend Teilnehmer der Wohnprojekte-Rundfahrt am 23. Juni überzeugen.

buntStift

Als Mieterforum vor vier Jahren zum ersten Mal über das Mehrgenerationen-Wohnprojekt „buntStift“ in Bochum Langendreer berichtete, war es noch eine Baustelle. Inzwischen sind die 21 Wohnungen für drei Generationen - viele davon barrierefrei - komplett bezogen, der Gemeinschaftsraum errichtet und in Gebrauch genommen, und auch die Außenanlagen sind fast fertig gestellt.

Drei Jahre hat es gedauert, das ehemalige Altenheim „Kaiser-Wilhelm-Stift“, das die Stadt Bochum in Erbpacht zur Verfügung stellt, umzubauen. Getragen wird das Projekt von der Genossenschaft „Wohn-Raum eG“, in der Mitglied werden muss, wer hier wohnen will. Auf diese Weise sind die Mieter auch gleich ihre eigenen Eigentümer.

Riwetho

Auch „Riwetho“ in Oberhausen Ripshorst ist eine Genossenschaft, eine der ältesten der „neuen“ Genossenschaften, gegründet 1999. Der Hintergrund ist allerdings ein völlig anderer: 1981 wurde einzelne Häuser der Siedlung, bestehend als 22 alten Zechenhäusern an der Ripshorster-, der Werk- und der Thomasstraße wegen Leerstand und Abrissüberlegungen besetzt. Allerdings erfolgte schon 1983 die Legalisierung durch Mietverträge. Die dringend gebotene Sanierung blieb jedoch aus, denn die Eigentümerin, Thyssen Bauen und Wohnen, hielt an den Abrissplänen fest.

Das änderte sich erst, als in unmittelbarer Nachbarschaft die „Neue Mitte Oberhausen“, das CentrO, gebaut wurde. Jetzt waren die Grundstücke plötzlich lukrativ geworden und sollten verkauft werden. Wieder halfen sich die Bewohner, die 15 Jahre lang den Abriss verhindert hatten, selbst: Sie gründeten eine Genossenschaft und kauften die Siedlung selbst. Inzwischen haben sie sogar modernisiert, und die Mieten sind dennoch erschwinglich geblieben: 3,40 € pro qm im Schnitt. Und auch hier gibt es ein Gemeinschaftshaus, wird Nachbarschaft groß geschrieben.

Zinkhüttenplatz

Noch mitten im Kampf sind die Mieter der Siedlung Zinkhüttenplatz in Duisburg Marxloh. 396 Wohnungen sind hier vom Abriss bedroht. Sie sollen einem Parkplatz weichen, der die Besucherströme eines neu geplanten „Factory-Outlet-Centers“ aufnehmen soll - einem Fabrikverkaufszentrum, wie man früher auf deutsch gesagt hätte. Was anderswo undenkbar wäre - der gleichzeitige Abriss so vieler Wohnungen - fand im Rat der Stadt Duisburg eine fast All-Parteien-Mehrheit. 800 Arbeitsplätze locken.

Die Siedlung wurde 1961 errichtet und gehört heute Immeo, wirkt vernachlässigt, nicht mehr schön. Aber die Abstandsflächen zwischen den keineswegs niedrigen Häusern sind viel größer, als man sie heute lassen würde, die Siedlung wirkt großzügig, es gibt viel Grün. Die Mieter wohnen gerne hier.

Oder besser wohnten. Denn 250 Wohnungen stehen bereits leer, viele Mieter sind ausgezogen wegen der fehlenden Perspektive oder haben sich mit Geld und Ersatzwohnung weglocken lassen. 2000 € für einen Umzug - viel ist das eigentlich nicht. Und viele der Weggezogenen sind nicht glücklich in ihrem neuen Umfeld, würden sofort zurückziehen, wenn es eine Perspektive gäbe. Vor allem die Alten sind geblieben, wollen kämpfen. Ihre Hoffnung: Der Investor scheint klamm, vielleicht wird das Center gar nicht gebaut.

Pro Wohnen

Etwas völlig Anderes erwartete die Gruppe an der letzten Station in Oberhausen Tackenberg. Hier kümmert sich „pro wohnen international e.V.“ um ältere Migranten, vor allem türkischstämmige der ersten Gastarbeitergeneration, die heute im Ruhestand sind. Viele davon sind Pendler, leben einen Großteil des Jahres in der Türkei, wollen ihrer zweiten Heimat aber nicht ganz den Rücken kehren, zum Beispiel weil die Kinder hier sind. Sie brauchen preiswerten und trotzdem altengerechten Wohnraum, und den finden sie hier, zusammen mit Betreuung und Gemeinschaftsprogramm.


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