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28. November 2013 (Aus den Städten)

Trotz entspanntem Wohnungsmarkt: 200 Zwangsräumungen jährlich

Ein entspannter Wohnungsmarkt ist ein „Mietermarkt“. Diese Wortschöpfung von Vermietern suggeriert: Auf diesem Markt bestimmt der Mieter, was läuft: Vertragsbedingungen, Preise ... Das ist natürlich Unsinn. Aber dennoch hört man immer wieder von Vermietern, die froh sind, überhaupt Mieter zu haben, und von sich aus auf Mieterhöhungen verzichten. Und gekündigt wird natürlich schon gar nicht. Dennoch gibt es eine erschreckend hohe Zahl an Mietern, die jährlich unfreiwillig ihre Wohnung verlieren.

Bis es zu einer Zwangsräumung kommt, muss eine Menge passieren: Der Vermieter muss gekündigt und – da der Mieter nicht ausgezogen ist – auf Räumung geklagt haben. Der Prozess muss durchgeführt, der Mieter zur Räumung verurteilt und das Urteil rechtskräftig geworden sein. Wenn dann – nach Ablauf einer Räumungsfrist – der Mieter immer noch nicht ausgezogen ist, kommt der Gerichtsvollzieher und vollstreckt das Urteil durch eine Zwangsräumung. In Anbetracht eines entspannten Wohnungsmarktes, wo man einer solchen Situation leicht durch Umzug entgehen kann, sollte man meinen: Das kommt nur alle Jubeljahre mal vor. Weit gefehlt: Während die Zahl der Zwangsräumungen im ersten Jahrzehnt des Jahrtausends zwischen 150 und 180 pro Jahr pendelte, sind es inzwischen um die 220 – jedes Jahr.

Ursachen
Ist der Wohnungsmarkt also doch nicht so entspannt? Immerhin konkurrieren – siehe Bericht links – inzwischen Studenten mit anderen Geringverdienern um die billigen Wohnungen. Andererseits sind die Mieten in den letzten Jahren kaum gestiegen: um magere 3,1 Prozent in den letzten zehn Jahren, legt man die Mietspiegel-Datenerhebungen seit 2002 zu Grunde. Das wäre nicht so in einem Markt mit hohen Nachfragedruck. Und auch die Zahl derjenigen, die alljährlich eine Wohnberechtigungsbescheinigung für den Bezug einer Sozialwohnung beantragen, ist seit der Jahrtausendwende kontinuierlich rückläufig.

Aufschlussreich ist eine andere Statistik, die beim Sozialamt geführt wird: Dort werden jedes Jahr rund 500 Räumungsklagen wegen Zahlungsverzugs des Mieters, die beim Amtsgericht eingereicht werden, gemeldet. Sinn dieser Meldung ist, dass das Sozialamt entscheiden kann , ob es lieber die Mietrückstände übernimmt – was aber Ausnahme bleibt – als später einen Obdachlosen unterzubringen .

Niemand, am wenigsten das Gericht selbst, führt Buch darüber, wie viele Räumungsklagen aus anderen Gründen es gibt und wie viele Prozesse mit einem Räumungsurteil enden. Es werden sicher weit mehr als die oben erwähnten 220 sein, denn die meisten verurteilten Mieter ziehen vor dem Gerichtsvollzieher aus. Zwangsräumungen sind es dennoch, auch wenn das Wort juristisch dann nicht ganz korrekt ist. Ursache dieses Missstands scheint aber eher die wachsende Armut zu sein als ein knapper Wohnungsmarkt.


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