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28. November 2013 (Aus den Städten)

Brunnenstraße - Neues im Norden

Vor knapp drei Jahren ging der Begriff „Ekelhäuser“ durch die Presse. Heruntergewirtschaftete Immobilien – ganz am Ende einer Abwärtsspirale, in der entweder Matratzenlager vermietet oder die von nicht sesshaften Personengruppen genutzt wurden. Müll, Unrat und Schädlingsbefall waren die Folge. Insbesondere das Umfeld dieser Häuser litt.

Im Sommer fiel der Startschuss zu einem Projekt, das diese Abwärtsspirale stoppen soll. Mehr noch: Mit der Sanierung eines Hauses in der Brunnenstraße soll ein positiver Schneeballeffekt erzielt werden, der die Sanierung weiterer Gebäude in der Nordstadt nach sich zieht und mittelfristig das gesamte Quartier stabilisieren könnte.

An- und Verkauf

Bis vor einem Jahr sah es wild aus, in dem Haus Nummer 51: eingeschlagene, einfachverglaste Fenster, faulende Holzbalkendecken, eine abbröckelnde Fassade und ein einsturzgefährdeter Dachstuhl. Monate zuvor hatte DOGEWO21 das Gebäude von einem privaten Investor gekauft. Da auch die politischen Akteure den Handlungsbedarf sahen, setzten sich die Stadt Dortmund, DOGEWO21 und die Stiftung Soziale Stadt mit Jobcenter, Kreishandwerkerschaft sowie Finanz und Rechtsexperten an einen Tisch. Gemeinsam entwarfen sie den Plan, das Objekt der Stiftung Soziale Stadt für eine umfassende Sanierung zu verkaufen. Anschließend soll die Stiftung das Gebäude wieder an DOGEWO21 verkaufen, um aus dem Erlös die nächste Problemimmobilie aufzuwerten.

„Von wem genau die erste Idee kam, weiß ich beim besten Willen nicht mehr. Im Kuratorium der Stiftung Soziale Stadt wurde sie aufgegriffen und zur Umsetzungsreife weiterentwickelt“, sagt Andreas Koch, Geschäftsführer der gemeinnützigen GrünBau GmbH – des Unternehmens, das mit der Instandsetzung des Hauses beauftragt wurde.

„Wichtig war und ist, dass wir diese Problemimmobilie nun gemeinsam angehen und möglichst viele Menschen aus dem Quartier an diesem Prozess beteiligen. So entsteht eine Verantwortlichkeit.“ Die Entkernung des Gebäudes und andere Einfachtätigkeiten übernimmt GrünBau selbst und bringt so zehn Langzeitarbeitslose wieder in Beschäftigung. Bei qualifizierteren Gewerken, wie etwa der Sanierung des Dachstuhls oder der Elektrik greift man auf Fachbetriebe aus der Nordstadt zurück. Und installiert somit eine lokale Wertschöpfungskette. Langzeitarbeitslose kommen sinnvoll in Arbeit, lokale Handwerker bekommen Aufträge, das Geld bleibt im Viertel. Gut für die Nordstadt.

Anpacker

Dass dieses ehrgeizige Projekt natürlich nicht vollkommen ohne Zuschüsse auskommen kann, ist verständlich. Das Investitionsvolumen für das Objekt an der Brunnenstraße liegt bei rund 800.000 Euro. Und so ziehen viele Akteure gemeinsam an dem Strang, der die Nordstadt aus dem Schlamassel ziehen soll. Die EDG sicherte eine kostenlose Entsorgung des zurückgelassenen Mülls und des Bauschutts zu, DEW21 spendiert Baustrom und Wasser für die Zeit der Baumaßnahmen, die Sparkasse gab 75.000 Euro in den Topf, und das Jobcenter fördert finanziell die Wiedereingliederung der Langzeitarbeitslosen, die bei der GrünBau gGmbH eine neue und sinnvolle Tätigkeit gefunden haben. Der größte Posten, der dieses Projekt überhaupt erst realisierbar werden ließ, kam aus Düsseldorf: die Zusage über Wohnraumfördermittel des Landes NRW in Form von zinsgünstigen Krediten für die Sanierung des Gebäudes. Die Höhe: rund 600.000 Euro.

Auch Regine Stoerring, Pressesprecherin von DOGEWO21 sieht das Potenzial, das in diesem Projekt liegt. „Die Sanierung der Brunnenstraße 51 wird Signalwirkung haben. Die Menschen sehen, dass auch scheinbar aufgegebene Immobilien wieder einer sinnvollen Nutzung zugeführt werden können und so nach und nach ein Quartier aufgewertet werden kann.“

Ab dem kommenden Sommer werden die zehn kernsanierten Wohneinheiten bei einem Quadratmeterpreis von5,10 Euro insbesondere für Studenten, Paare und junge Familien interessant sein. Und damit frischen Wind in die Brunnenstraße bringen.

Anstoß

Andreas Koch kann die positive Signalwirkung, die vom Haus ausgeht, bestätigen. „Bereits ganz am Anfang der Baumaßnahmen meldete sich der Eigentümer des Nachbarhauses und sicherte uns seine Unterstützung zu, wollte uns Baustrom und Wasser zur Verfügung stellen. Er war wirklich glücklich, dass sich etwas tut. Inzwischen denkt er ebenfalls über weitere Investitionen in seine eigene Immobilie nach. Jetzt machen sie für ihn wieder Sinn. Diesen Effekt haben wir uns erhofft. Dass er sich dann so schnell zeigt, ist ein Glücksfall.“

Im Frühjahr des kommenden Jahres sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Dann verkauft die Stiftung Soziale Stadt das Gebäude an DOGEWO21. Von dem Erlös wird die nächste Problemimmobilie gekauft und hergerichtet. Wenn weiterhin viele Akteure an einem Strang ziehen, ist das die Blaupause, um die Nordstadt langfristig zu stärken. Die ersten Nachahmer gibt es bereits: „Eine Augsburger Wohnungsbaugesellschaft hat das Projekt mit DOGEWO21 besichtigt und sich nach dem Konzept erkundigt“, sagt Koch. „Die wollen Problemimmobilien dort in ähnlicher Art und Weise aufwerten.“ „Das Projekt verknüpft sinnvoll lokale Beschäftigungsförderung und Wohnraumsanierung. Doch für den Ankauf und die Erneuerung von Problemimmobilien ist es keine zwingende Voraussetzung. Dies zeigte DOGEWO21 mit dem Kauf von sieben sowie zehn zusammenhängenden Wohnhäusern eines Finanzinvestors in der Nordstadt. Diese Ankäufe wirken an mehreren Orten stabilisierend und sind auch in Zukunft erforderlich“, so Dr. Tobias Scholz vom Mieterverein Dortmund.

(Mirko Kussin / report.age, Rainer Stücker)


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