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1. Juli 2003 (Aus den Städten)

Stadtumbau West:Subventionen für den Abriss Ruhr?

Das Programm „Stadtumbau Ost“ soll schrittweise auf den Westen übertragen werden. Erste Abrisskandidaten im Ruhrgebiet: Die schlecht isolierte Nachkriegsbestände und Hochhäuser mit hohem Betriebsaufwand. Bei dem schlechten Image vieler Wohnstandorte, besonders in der Emscher-Region, gilt es als Rezept für den Strukturwandel, vom Markt nicht mehr angenommene Bausubstanz auf integrierten und voll erschlossenen Grundstücken abzureißen und durch hochwertigen neuen Wohnraum tu ersetzen.

Soweit die Theorie. In der Praxis wird dieser Weg kaum begangen. Es gibt zur Zeit nur wenige Beispiele für umfangreiche Abriss- und Neubauvorhaben: Markant ist allein der Rückbau der Bergbaustadt Wulfen (Dorsten). Nahe liegend die Teilnahme der ebenfalls zum Kreis Recklinghausen gehörenden Stadt Oer-Erkenschwick am Mo-dellprogramm „Stadtumbau West. Ein Abriss-Neubau-Projekt der Viterra AG in der Hansemann-Siedlung in Dortmund ist dagegen mangels Nachfrage über einen ersten Bauabschnitt nicht hinaus gekommen. Noch in der Planungsphase ist die Neuerrichtung von 60 Eigenheimen auf Abrissgrundstücken durch die LEG-Tochter GeWo in Castrop-Rauxel.
Der erste Grund für die Zurückhaltung der Wohnungsunternehmen sind die Buchwerte bzw. die noch nicht abgetragenen Darlehen aus der öffentlichen Wohnbauförderung. Würde zum Beispiel die Dogewo in Dortmund, ein Unternehmen der Stadtwerke und Stadtsparkasse, den Riesenklotz Hannibal mit fast 400 Wohneinheiten abreißen lassen, würde zwar ein enormer Verlustbringer beseitigt (1 Mio. Euro jährlich), der Buchverlust würde aber fast dem halben Unternehmenswert entsprechen, von den enormen Abrisskosten einmal ganz abgesehen.
Häufig haben Standorte, die nur noch schwer angenommen werden, einen hartnäckigen Imageschaden, der auf die Bausubstanz, besonders aber auch auf das weitere Wohnumfeld zurückzuführen ist. Die Vermarktbarkeit von Neubauten ist hier sehr fragwürdig.
Die vorherrschende Unternehmenspraxis sieht immer noch so aus: Warum abreißen und neu bauen, wenn der nicht mehr marktfähige Wohnraum zum Verkehrswert an die MieterInnen verkauft werden kann? Dieses Verfahren von Viterra und Co ließe sich zwar auch als „aufgeschobener Abriss“ bezeichnen, die Privatisierung des Reparaturstaus findet aber politischen Beifall.
In der unternehmerischen Kosten-Nutzen-Rechnung kommt die radikale Standorterneuerung schlecht weg. Also wird die Forderung nach öffentlichen Subventionierung kommen, spätestens dann, wenn der Markt für Einzelprivatisierungen gesättigt ist.
Doch weil sich kaum neue bzw. besser verdienende Zielgruppen finden werden, sind rasche Aufwertungen nicht zu erwarten. Statt dessen sollten die neuen Möglichkeiten der Sozialen Wohnraumförderung für eine behutsame Standortentwicklung genutzt werden. Mit Wohnungsunternehmen, die das nötige Know-How haben und sich langfristig am Markt engagieren wollen, können entsprechende Verträge abgeschlossen werden, die auch (Teil-) Abrisse einschließen.
Auch die von Mieterverbänden geforderte Umbau der Eigenheimzulage zu einer Investitionszulage würde zu einer nachhaltigen Erholung bislang vernachlässigter Wohnstandorte beitragen. Kurzfristige Vermarktungsstrategien dürfen aber nicht subventioniert werden.


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