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11. Juni 2015 (Vonovia)

Deutsche Annington wird Vonovia: Mieterproteste vor Aktionärsversammlung

Die Marke „Deutsche Annington“ ist in den letzten zehn Jahren zu einem Mieterschreck geworden. Rechtzeitig zur Übernahme der GAGFAH soll der börsennotierte Konzern deshalb nun in „Vonovia“ umbenannt werden. Das hat die Aktionärsversammlung der Annington am 30. April beschlossen. Glaubt man dem Vorstandschef Rolf Buch, soll sich aber nicht nur der Name ändern. „Kundenzufriedenheit“ soll in Zukunft das A und O aller Geschäfte sein. Kritische Mieteraktionäre aus dem Ruhrgebiet, die erstmals vor und in einer Annington-Versammlung auftraten, haben ihre Zweifel.

„Zuhause in Deutschland“ lautet der Titel des letzten Geschäftsberichts der Deutschen Annington. Das Zuhause der Aktionärskonferenz liegt irgendwo im Einzugsbereich des Düsseldorfer Flughafens. Der Tagungsort, ein postsozialistisch anmutender Hotelkasten, strahlt weder deutsche Heimeligkeit noch wohlhabende Gediegenheit aus. Gerade deshalb passen Lage und Ambiente zum Programm. Die Annington will Geld damit verdienen, in die Jahre gekommene ehemalige Sozialwohnungen auch morgen noch an breite Schichten der Bevölkerung zu vermieten. Dafür muss sie dieses Zuhause aber sanieren. Und um das tun zu können, braucht sie das Kapital internationaler Finanzfonds, deren Manager händeringend nach sicheren Anlagemöglichkeiten suchen. Diese Manager aber besuchen selten Aktionärsversammlungen, sind Flughafengegenden gewohnt und möchten nicht unbedingt die Mieter treffen.

Pech gehabt. Einige Mieter haben sich  trotz abseitiger Lage vor dem Hotel eingefunden. Leute vom Mieterforum Ruhr, von Mieterinitiativen und dem Düsseldorfer Bündnis gegen Wohnungsnot halten Banner hoch, verteilen Flugblätter. Drinnen schauen und hören ein paar Mieter, die sich Aktien ausgeliehen haben, was die schöne neue Vonovia-Welt zu bieten hat.

Der  Geschäftsbericht, der im Foyer verteilt wird, ist dick und trägt noch dicker auf. Man habe eine „steile Lernkurve“ hinter sich und werde das Unternehmen nunmehr auf einen „Erfolgskurs“ bringen, bei dem es nur Gewinner gebe: Mieter, Aktionäre, Mitarbeiter und die Gesellschaft. Dieses „System mit vier Siegern“ basiere auf dem Anspruch „allen Menschen in Deutschland ein verlässliches und bezahlbares Zuhause“ zu bieten.

In der Aktionärsversammlung wird der Vorstandsvorsitzende Rolf Buch nicht ganz so pathetisch, aber deutlich genug: „Es gibt für mich keinen Widerspruch zwischen Investor- und Mieterinteressen. Wir verfolgen eine völlig anderes Geschäftsmodell als die frühere Deutsche Annington.“

Die Mieteraktionäre bleiben skeptisch und halten sich auch in der Aktionärsversammlung mit Kritik nicht zurück. „Es ist ja zu begrüßen, dass die Deutsche Annington  ihre jährlichen Investitionen in die Sanierung der Häuser deutlich gesteigert hat“, sagt Tobias Scholz vom Mieterverein Dortmund. „Dabei handelt es sich aber zu einem wesentlichen Teil um Modernisierungen, die zu starken Mieterhöhungen führten, weit höher als die Einsparungen an Heizkosten.“ Der Anteil für Instandhaltungen, die nicht zu Mieterhöhungen führt, sei zu gering angesetzt.

Einen Vorwurf, den der Annington-Vorstand nicht gern hört. „Wir investieren pro Jahr fast 30 Euro pro Quadratmeter und davon sind fast die Hälfte Instandsetzungen.“ So jubelt Finanzvorstand Kirsten seine Leistungen des allerletzten Jahres noch ein wenig nach oben. Knut Unger von MieterInnenverein Witten hakt nach: „Aber wie hoch ist der Instandhaltungsstau, der in den vielen Jahren davor aufgelaufen ist?“ Auf solche Fragen gibt es keine Antwort.

Ein zweiter Kritikpunkt der Mieteraktionäre: Die Deutsche Annington erfinde ständig  neue Betriebskostenarten, um auf diese Weise Kosten auf die Mieter abzuwälzen.  Zum Beispiel über Hausmeisterkosten.

In den meisten Ruhrgebietssiedlungen, die heute der Annington gehören, gab es früher keine Hausmeister. Wenn es Probleme gab, war die örtliche Wohnungsverwaltung nicht weit. Dann aber kam es zu Entlassungswellen, und 2008 wurde die gesamte Verwaltung in Bochum zentralisiert. Mängel, Streit und Leerstände nahmen zu. Eine Katastrophe auch für die Annington.

Als sie es sich nach diversen Umschuldungen leisten konnte, gründete die Annington eigene Tochtergesellschaften für die örtliche Betreuung ihrer Immobilien. Dafür stellte sie Personal zu untertariflichen Bedingungen ein. Einen Großteil der anfallenden Kosten will sie sich nun von den Mietern als Hausmeisterkosten wieder herein holen.  „Wie wurden diese Wohnungen eigentlich vorher betreut?“, bohrt Knut Unger in der alten Wunde. „Warum muss man jetzt für etwas bezahlen, was früher mit der Grundmiete abgegolten war?“

Auch auf diese Fragen gibt es bislang keine Antwort. Immerhin hat Buch weitere schriftliche Auskünfte angekündigt. Denn schon seit einigen Monaten gibt es zu diesem Punkt den Ansatz eines (schleppenden) Dialogs zwischen Annington und dem Mieterforum Ruhr.

Es gibt auch weitere Lichtblicke: Im Einzelfall gab es in Witten soziale Zugeständnisse und in Dortmund will die Annington über Verbesserungen im Problemstadtteil Westerfilde nachdenken. „Was aber passiert, wenn sich diese Rahmenbedingungen ändern?“, will Knut Unger bei der Aktionärsversammlung wissen. „Wer sichert in der nächsten Krise Wohnungen und Mieter ab?“ Die Antwort von Finanzvorstand Kirsten: „Durch unsere Finanzierungsstruktur sind wir maximal gegen neue Krisen gewappnet.“ 

Es stimmt: Statt den verbrieften Großkrediten von einst gibt es heute diverse Anleihen mit unterschiedlicher Laufzeit. Das streut das Risiko. Und wenn es doch noch anders kommt, bezahlt bekanntlich der Staat.


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