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15. Juni 2015 (Aus den Städten)

Wohnungsverkäufe bei der DOGEWO21 - 10 Jahre später

Vor rund zehn Jahren privatisierte das städtische Wohnungsunternehmen DOGEWO21 rund 1.800 ihrer Wohnungen im Rahmen von Mieterprivatisierungen, Objekt- und Blockverkäufen. Die Raumplanerin Franziska Wiegandt untersuchte in ihrer Masterarbeit an der TU Dortmund die Hintergründe der Verkäufe und die Entwicklung von neun Beständen mit zusammen knapp 1.000 Wohnungen. In diesem Artikel stellt Sie ihre Ergebnisse vor.

1997 wurde die damalige DOGEWO an die Dortmunder Stadtwerke veräußert. Hauptgründe waren die notwendige Haushaltskonsolidierung der Stadt Dortmund und die Integration in ein größeres, finanzstarkes Unternehmen. Nach dem Verkauf wurde erwartet, dass das Unternehmen wirtschaftlicher arbeiten würde. Ende der 1990er Jahre kam es zu steigenden Leerstandsquoten aufgrund der Entspannung des Dortmunder Wohnungsmarktes. Dies hatte zur Folge, dass die betriebswirtschaftlichen Verluste der DOGEWO21 anstiegen. Zudem sollten finanzielle Mittel generiert werden, da viele Bestände modernisiert werden mussten. Aus diesem Grund kam es im Jahr 2002 zur Aufstellung eines Vier-Jahres-Plans, der auf drei Säulen beruhte. Die Kerninhalte betrafen die Rationalisierung von Unternehmensabläufen, die Kompromissbereitschaft von Mitarbeitern und die Veräußerung von Wohnkomplexen. DOGEWO21 entschied sich für die Veräußerung dieser Objekte, da sie sich meist in schlechten Lagen befanden oder einen hohen Instandsetzungsbedarf aufwiesen. Die Blockverkäufe wurden damals durch den Mieterverein harsch kritisiert.

Im Rahmen von zwei Blockverkäufen wurden 2003 und 2004 insgesamt 965 Wohneinheiten an die Dorstener Unternehmensberatung Janssen & Helbing GmbH verkauft. Gut 40 % der veräußerten Wohnungen befinden sich im Dorstfelder Hannibal, die anderen 60 % sind über das Stadtgebiet verteilt (siehe Tabelle). Zu
dieser Zeit kaufte Janssen & Helbing vernachlässigte Bestände in ganz Deutschland. Janssen & Helbing begann 2004 lediglich im Dorstfelder Hannibal mit Sanierungsarbeiten an zwei Aufgängen. Diese wurden jedoch ein Jahr später abgebrochen. Im September 2006 ordnete das Amtsgericht Dortmund für mehrere der Wohnungsbestände die Zwangsverwaltung an, der Hannibal folgte im April 2007. Die Zwangsverwalter kümmerten sich in dieser Phase nur um das Tagesgeschäft. Die Bewohner waren zunehmend verunsichert. 2008 kam es zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Es stellte sich heraus, dass die geplanten Sanierungsmaßnahmen zur Erschleichung millionenschwerer Kredite dienten. Einer der Verantwortlichen wurde vom Landgericht Essen zu eine mehrjährigen Haftstrafe wegen Betruges verurteilt. Die Entwicklungen der Bestände nach den Zwangsversteigerungen sind sehr unterschiedlich. Einige Bestände konnten im Rahmen der Zwangsversteigerungen zügig veräußert werden. Ein Teil davon befindet sich immer noch im Besitz des ersteigernden
Eigentümers, wie z.B. der Bestand an der Erwinstraße in der Nordstadt. Es gibt jedoch auch Bestände, die nach der Zwangsversteigerung mehrfach den Eigentümer wechselten. Dazu zählt unter anderem der Bestand an der Haydnstraße, der bereits den dritten Eigentümer nach der Zwangsverwaltung hat. Zudem gibt es Objekte, die erst nach einigen Jahren einen Käufer im Rahmen der Zwangsversteigerungen fanden, z.B. an der Speckestraße in Westerfilde und der Dorstfelder Hannibal.

In Bezug auf den Zustand der Wohnungen entwickelten sich die Gebäude nach den Verkäufen unterschiedlich. Objekte wie der Hannibal etwa weisen bauliche und technische Mängel auf und seit der Privatisierung wurden keine Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt. Meist werden die Objekte als Abschreibungs- und Spekula-tionsobjekte gesehen. In anderen Beständen, wie z.B. der Lessingstraße oder der Rittershausstraße, wurden nur leerstehende Wohnungen saniert oder renoviert. Nur in Westerfilde wurden umfassendere Instandhaltungsarbeiten durchgeführt, u.a. der Austausch der Fenster. Dies wirkte sich positiv auf die Wohnqualität aus. Zudem gibt es weitere Bestände, an denen jedoch meist nur Malerarbeiten durchgeführt wurden – etwa am Herwingweg. Dieser positive Wandel des äußeren Erscheinungsbildes führt allerdings nicht zu weiteren Investitionen. Die häufig fehlenden Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten belasten viele Mieter. Ein weiterer Punkt, den viele Bewohner bemängeln, ist der fehlende Kundenservice. Viele der Eigentümer sind, wenn überhaupt, nur über das Telefon zu erreichen und ihre Reaktionszeit ist oft sehr lang. Aus diesem Grund werden gemeldete Mängel entweder gar nicht oder nach monatelangen Wartezeiten behoben. 

DOGEWO21 konnte nach den Wohnungsverkäufen in den Folgejahren positive Geschäftszahlen vorlegen. Die Leerstandsquote ging auf 0,68 % in 2013 zurück. Allerdings musste das Unternehmen für das Geschäftsjahr 2012 erstmalig wieder Ausschüttungen in Höhe von 1,1 Mio. Euro an die Gesellschafter abführen. Für die Geschäftsjahre 2015 bis 2018 wird laut Geschäftsbericht ein höherer Bilanzgewinn von 3,75 Mio Euro pro Jahr eingeplant. Öffentlich geförderte Neubauten oder der
Ankauf von Problemhäusern bzw. Häusern aus der Hand von Finanzinvestoren sind jedoch keine Ziele der zukünftigen Geschäftspolitik mehr. (fw)

Bestände der Blockverkäufe
mit Zahl der Wohnungen
Speckestraße, Gerlachweg (111)
Münsterstraße, Uhlandstraße,
Weberstraße, Kleiststraße (140)
Rittershausstraße, Barmer Straße, Nederhofstraße (76)
Vogelpothsweg 12 -26 (Hannibal Dorstfeld) (412)
Herwingweg, Molnerweg (90)
Haydnstraße, Flotowstraße (50)
Erwinstraße, Herderstraße (28)
Lessingstraße (30)
Schützenstraße (24)

Autorin : Franziska Wiegandt
Der Artikel wurde in Mieterforum Dortmund, Ausgabe 40 (II/2015) veröffentlicht: https://www.mieterverein-dortmund.de/archiv_mieter_forum.html


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