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5. Januar 2016 (Bundespolitik)

Mietspiegel: Mittelwert entscheidet

Immer wieder versuchen Wohnungsunternehmen, bei Mieterhöhungen den Oberwert der Preisspanne im Mietspiegel zu verlangen. Doch wer dafür keine guten Gründe hat, scheitert vor Gericht.

Wie alle Mietspiegel weist auch der Bochumer die sogenannte „ortsübliche Vergleichsmiete“ nicht nur durch einen einzelnen Fixpreis, sondern durch eine Preisspanne aus. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass auch weitgehend vergleichbare Wohnungen nicht alle den gleichen Mietpreis erzielen. Genauso ist es eine Tatsache, dass kein Mietspiegel alle Kriterien erfassen kann, die möglicherweise den Mietpreis beeinflussen, so dass eine Preisspanne immer auch die Möglichkeit bietet, nicht erfasste Eigenschaften zu berücksichtigen.

Bekanntlich bildet die ortsübliche Vergleichsmiete die Obergrenze für Mieterhöhungen. Der Gesetzgeber hat es dabei für ausreichend erklärt, wenn die Forderung des Vermieters innerhalb der im Mietspiegel ausgewiesenen Preisspanne liegt. Theoretisch ist also ein Vermieter frei, jede Miete zwischen 5,50 und 6,50 € zu fordern, wenn der Mietspiegelwert für seine Wohnung 6,00 € beträgt und drum herum eine Preisspanne von +/- 50 Cent liegt.

Preisspanne nur mit Gründen
Theoretisch. Praktisch ist das natürlich nicht im Sinne des Erfinders. Eine Abweichung vom Mittelwert soll positive oder negative Eigenschaften einer Wohnung berücksichtigen, die sonst im Mietspiegel nicht ausgedrückt sind. Der Bochumer Mietspiegel enthält dazu eine eindeutige Regelung: Es ist grundsätzlich vom Mittelwert der Preistabelle auszugehen. Wörtlich: „Abweichungen vom Mittelwert der Preisspanne müssen begründet werden.“

Da der Mietspiegel zusätzlich zu Tabelle, die die Basis-Miete zeigt, eine umfangreiche Liste an Zu- und Abschlägen enthält, ist klar, dass innerhalb der Preisspanne nur Eigenschaften berücksichtigt werden können, die nicht in der Zu- und Abschlagsliste stehen.

Klar? Nein, offenbar nicht. Immer wieder ignoriert eine kleine, unbeugsame Schar von Wohnungsunternehmen diese an sich eindeutige Regelung und hört nicht auf, Mieten an der Obergrenze der Preisspanne zu fordern und dies nicht einmal zu begründen.

Diese Unternehmen sitzen nicht in einem kleinen Dorf in Aremorica, sondern mitten unter uns. Dazu gehört zum Entsetzen des Mietervereins die kommunale VBW, aber auch die ehemals landeseigene LEG. Letztere hat sich aber gerade mal wieder vor dem Amtsgericht Bochum eine Abfuhr geholt bei dem Versuch, Mieterhöhungen an der Obergrenze der Preisspanne zu begründen.

Vor Gericht hatte sich eine Mieterin aus der Alsenstraße gegen eine Mieterhöhung um 12,40 € pro Monat gewehrt. Die LEG hatte den Oberwert der Preisspanne als Basiswert angelegt und dies zunächst gar nicht, im Prozess dann mit zahlreichen unzutreffenden Begründungen untermauert. Die Wohnung liege „in einem gepflegten Altbau in sehr ruhiger Innenstadtwohnlage“. Sie verfüge über „umfangreiche Annehmlichkeiten wie Gemeinschaftsräume, einen Speicher, Trockenräume, einen Fahrradkeller, einen besonderen Müllstellplatz sowie eine sehr gepflegte Gartenaußenanlage“. Darüber hinaus liege sie „in einer guten Makro- und auch Mikrolage in einer verkehrsberuhigten Wohngegend der Innenstadt“.

Das ist heute Standard

Das Amtsgericht ließ sich von diesem Wortgeklingel allerdings nicht beeindrucken. „Die von der Klägerin angeführten besonderen Ausstattungsmerkmale sind nach heutigen Maßstäben als Standardausstattung eines Mietshauses einzuordnen und rechtfertigen deshalb keine Abweichung vom Mittelwert der Basispreistabelle“, schrieb es wörtlich ins Urteil. Zudem stellte es fest, dass die Alsenstraße, anders von der LEG behauptet, nicht zu den im Mietspiegel gesondert ausgewiesenen „gefragten Wohngegenden“ gehört, für die ein Zuschlag von 17,49 € verlangt werden könnte.

Die LEG wehrt sich weiter gegen ihre Niederlage und ist in Berufung gegangen. Das Urteil (AZ: 66 C 138/15) ist also (noch) nicht rechtskräftig. Der Mieterverein ist jedoch überzeugt, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat.


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