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5. Oktober 2016 (Aus den Städten)

Wohnprojekte: Anders wohnen, besser leben

Ende August stellten sich am 2. Tag des offenen Wohnprojektes insgesamt acht verschiedene Wohnprojekte in ganz Dortmund vor. Interessierte Bürger konnten sich direkt vor Ort informieren, mit den Machern ins Gespräch kommen und eine echte Vielfalt entdecken. Denn Wohnprojekt ist nicht gleich Wohnprojekt.

Die acht Projekte deckten – sowohl inhaltlich als auch auf den Stand der Umsetzung  bezogen – eine große Bandbreite ab. Mit dem WohnreWIR Tremonia öffnete beispielsweise in der westlichen Innenstadt eines der ältesten Wohnprojekte in Dortmund seine Tore. Aus der Idee eines generationsübergreifenden, nachbarschaftlichen Miteinanders entstand etwa Mitte der 1990er-Jahre der WIR e.V. (Wohnen – Innovativ – Realisieren), der die Entwicklung des WohnreWIR Tremonia übernahm und in den folgenden Jahren weitere WIR-Projekte entwickeln und begleiten sollte. 2004 zogen schließlich 30 Erwachsene und elf Kinder in die 16 Wohnungen und vier Reihenhäuser ein. Allesamt Menschen, die nicht nur nebeneinander wohnen wollten, sondern miteinander leben. Inzwischen ist die nächste Generation in dieses Projekt geboren worden, andere Bewohner zogen aus – und wieder ein. Kurz: Die Besucher am Tag des offenen Wohnprojektes konnten aus den vollen Nähkästchen der Bewohner schöpfen und sich eine wichtige Frage beantworten lassen: Wie lebt es sich in solch einem Projekt, wenn die erste Euphorie verflogen ist und der Alltag einkehrt?

Frisch fertig: WIR am Phoenixsee

Ganz anders die Situation in Dortmund Hörde beim Projekt WIR am Phoenixsee. Die 40 Wohnungen, 2 Gästewohnungen und das Gemeinschaftshaus An den Emscherauen 2-8a sind erst 2015 bezogen worden. Der Zugang zu den Eigentumswohnungen erfolgt über Laubengänge, die einen Innenhof umschließen. „Wir wollten ein mediterranes Ambiente schaffen“, sagt Norbert Post, der Architekt dieser Anlage. Im dicht gefüllten Gemeinschaftsraum des Projektes stand er an diesem Tag den zahlreichen Interessenten Rede und Antwort. „Die Laubengänge schaffen einen teilöffentlichen Bereich, der Begegnungen zwischen den Bewohnern ermöglicht. Der Übergang von den eigenen vier Wänden zu Gemeinschaftsflächen wird fließender.“ WIR am Phoenixsee ist nicht das erste Wohnprojekt, das er geplant und umgesetzt hat. Er kennt die Höhen und Tiefen, die die Bewohner im Laufe des langen Umsetzungsprozesses durchlaufen: Anfangseuphorie, Frust bei Rückschlägen in der Planung und Interes­senskonflikte der Beteiligten, die gelöst wer­­­den müssen. Diejenigen, die das alles durchstehen, schweißt es zusammen und bindet sie an das Projekt. Auch ihn als Archi­tekten. „Natürlich bleibe ich als Planer so einem Projekt verbunden. Es ist ein Baby, das ich auf die Welt gebracht habe und ich verfolge mit viel Interesse, wie es sich entwickelt.“

In Planung: Inklusives Wohnen – Mosaik e.V.

Einen anderen Ansatz verfolgt der Mosaik e.V., der sich und die Vision eines generationsübergreifenden Wohnens für Menschen mit und ohne Hilfebedarf vorstellte. Der Verein rund um die Vorsitzende Sylvia Günther plant in Dortmund Aplerbeck ein Wohnprojekt für 60 Menschen. Ein Drittel der zukünftigen Bewohner wird einen erhöhten Hilfebedarf haben. Für Sylvia Günther sei dieses Wohnprojekt ein wirklicher Schritt zur Inklusion, erklärte sie den Interessenten bei der Projektvorstellung in der Waldorf-Schule an der Mergelteichstraße. Denn die Entscheidung der Bewohner mit und ohne Hilfebedarf gemeinsam wohnen zu wollen beruhe, anders als in herkömmlichen Einrichtungen, auf Freiwilligkeit.

Um das Vorhaben auf finanziell stabile Beine zu stellen, gründete sich neben dem Verein im Jahr 2014 eine Genossenschaft. 85% der geplanten 28 Wohnungen sollen öffentlich geförderter Wohnraum werden und finanziell Schwachen zur Verfügung stehen.

Die Infoveranstaltung zog viele interessierte Menschen an, die aufgrund der Zielsetzung des Projektes ganz andere Dinge von den Machern wissen wollten. Etwa, wie die Mobilität der Bewohner im Alltag geregelt sei, mit welchem Pflegedienst kooperiert würde und ob die zukünftige Gemeinschaft wirklich tragfähig sein könne.

Wachsende Beliebtheit

Für Anja Laubrock vom Amt für Wohnen und Stadterneuerung der Stadt Dortmund war der 2. Tag des offenen Wohnprojektes ein voller Erfolg. „Der gut gemischte Teilnehmerkreis mit Projekten, die sich noch in der Planungsphase befinden und solchen, die bereits auf viele Jahre Erfahrung zurückblicken können, mit Miet- und Eigentumsprojekten, mit Mehrgenerationenprojekten und inklusiven Modellen, hat viele Menschen angesprochen.“ Das Amt für Wohnen und Stadterneuerung ist dabei Vermittlerin und Beraterin. „Wir verbinden Investoren mit Projekten, unterstützen die Macher bei der Suche nach Grundstücken und zeigen Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten auf. Wir sind ein klein wenig wie die Spinne im Netz.“

Auch Birgit Pohlmann vom WIR e.V. sieht im Tag des offenen Wohnprojektes ein wichtiges Mittel um das Thema einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. „Das Interesse an einem gemeinschaftlicheren Miteinander ist nach wie vor riesig und kommt aus Personenkreisen mit ganz unterschiedlichen Bedarfen: jungen Familien, Paaren mittleren Alters, älteren alleinstehenden Frauen. Wichtig ist, dass die persönlichen Vorstellungen über das gemeinsame Wohnen im Vorfeld gut abgestimmt werden, jeder Teilnehmer klar beschreiben kann, was er genau will und dass diese Wünsche und Ideen zueinander passen.“ Birgit Pohlmann weiß, wovon sie redet. Mit ihrem Büro zur Begleitung von Wohnprojekten hat sie, größtenteils gemeinsam mit dem WIR e.V., in den vergangenen fast 20 Jahren bereits acht ganz unterschiedliche Wohnprojekte in Dortmund geplant, begleitet und hervorgebracht – ein neuntes wird demnächst in Hörde, als Mischform aus Eigentumsobjekten und öffentlich geförderten Mietwohnungen, realisiert werden. (mik)


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