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15. Dezember 2016 (Vonovia)

Nebenkosten: Erfindungsreichtum ohne Grenzen

Nebenkosten haben sich wegen ihrer inzwischen schmerzhaften Höhe längst den Spitznamen „zweite Miete“ erworben. Doch damit nicht genug: Sie werden nicht nur immer höher, sondern auch immer mehr. Das Gesetz nennt 16 umlagefähige Nebenkostenarten und zählt sie alle einzeln auf. Doch leider ist diese Aufzählung nicht abschließend: Nummer 17 trägt den Titel „sonstige Betriebskosten“. Und da öffnet sich ein weites Feld für Phantasien, auf dem sich vor allem Wohnungsbaugesellschaften immer ausgiebiger tummeln.

Immer mehr Mieter finden in ihren Nebenkostenabrechnungen Positionen, die es vorher dort nicht gab. „Baumkontrolle“ ist ein frühes Beispiel, und angefangen hat damit ein Unternehmen, das damals Deutsche Annington hieß. Und „Gasinnendruckprüfung“ ist ein Beispiel aus diesen Tagen, und es stammt von einem Unternehmen, das heute Vonovia heißt. Ein Schuft, wer denkt, dass es dasselbe ist.

Allerdings steht Annington/Vonovia mit der Masche keineswegs allein da. Dichteprüfungen der Gasleitungen will zum Beispiel auch die LEG jetzt regelmäßig alle 12 Jahre durchführen – und bezahlt haben. Und die Mietverträge von VIVAWEST enthalten neben den 16 Betriebskostenarten, die in der Betriebskostenverordnung stehen, sage und schreibe 30 „sonstige Betriebskosten“.

„Das heißt nicht, dass alle diese Kosten tatsächlich in jedem Haus anfallen und von den Mietern bezahlt werden müssen“, sagt Marian Totzek, Rechtsanwalt beim Mieterverein. „Die Wohnungsgesellschaften sichern sich in ihren Mietverträgen gegen immer mehr Eventualitäten ab. Denn grundsätzlich gilt, dass nur das, was dort ausdrücklich vereinbart ist, kann auch auf die Mieter umgelegt werden, wenn die Kosten irgendwann tatsächlich anfallen.“

Konkret gibt es drei Bedingungen für die Umlagefähigkeit von Nebenkosten:
Sie müssen gesetzlich zulässig sein. Das ist bei den 16 Kostenarten, die die Betriebskostenverordnung namentlich nennt, automatisch der Fall, und bei „sonstigen Betriebskosten dann, wenn sie im Vertrag genannt sind und den Mietern außerdem schriftlich angekündigt werden, bevor sie das erste Mal erhoben werden.
Sie müssen vertraglich vereinbart sein – dass heißt namentlich im Mietvertrag stehen, egal ob es die 16 Standard- oder sonstige Kosten sind.
Sie müssen tatsächlich angefallen sein. Kein Mieter muss für einen Hausmeister zahlen, den es gar nicht gibt, auch wenn er zulässig und vereinbart ist.

Regelmäßig anfallend

Eine weitere Bedingung gibt es, damit Kosten überhaupt als Betriebskosten angesehen werden können. Sie müssen „regelmäßig anfallen“. Eine Dachrinnenreinigung zum Beispiel fällt dann unter Betriebskosten, wenn in der Nähe des Hauses so viele Bäume stehen, dass sie nach jedem Herbst erfolgen muss. Ist das nicht der Fall und die Notwendigkeit eine Ausnahme, handelt es sich um eine Reparatur, die der Vermieter bezahlen muss.

„Regelmäßig ist allerdings ein dehnbarer Begriff“, sagt Marian Totzek. „Die Gasinnendruckprüfung findet nur alle 12 Jahre statt. Aber alle 12 Jahre ist auch regelmäßig.“

Einen Streitpunkt gibt es aber bei einem anderen Aspekt. Vonovia möchte – für schlappe 17 Euro – jedes Jahr eine Sichtprüfung der Gasleitungen im Gebäude und in den Mieterwohnungen vornehmen. Aber: Was soll eine reine Inaugenscheinnahme über die Dichtigkeit von Gasleitungen aussagen? Eine Undichtigkeit kann man schließlich nicht sehen!

Verkehrssicherheit

Ohnehin haben die Juristen des Mietervereins erhebliche Zweifel, ob Maßnahmen, die der Überprüfung der Verkehssicherheit von Dingen dienen, die zur „Mietsache“ gehören, überhaupt umlagefähig sind. „Man sollte meinen“, findet Marian Totzek, „dass der Vermieter auf seine eigenen Kosten dafür zu sorgen hat, dass Dinge, die er mitvermietet hat, auch sicher sind, egal ob Bäume, Gasleitungen oder Wege. Aber die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist in der Frage wackelig. Wir würden uns deshalb freuen, wenn sich mal ein Mitglied mit Rechtschutzversicherung bereitfinden würde, sowas bis zur letzten Instanz durchzuklagen.“


>>> Rechtsberatung für Mieterinnen und Mieter
 

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