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13. Juni 2017 (Aus den Städten)

Steigende Mieten in Dortmund: Kleine Bausteine für große Lösungen

„Her mit dem bezahlbaren Wohnraum“, hieß eine Veranstaltung in Bochum, bei der im April Mietervereinigungen, BürgerInnen und Initiativen mit Landtagskandidaten über drängende Wohnungsfragen debattierten.

Auch in Dortmund werden Wohnungen teurer. Gebraucht werden: günstige
Wohnungen für viele Menschen mit wenig Geld. Die Stadt
arbeitet daran, und setzt dabei auf ein ganzes Paket an Instrumenten.

6,40 Euro kostet der Quadratmeter Wohnraum Kaltmiete bei der Anmietung einer Wohnung in Dortmund im Schnitt, 20 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren. Nirgendwo in NRW sind Mieten von 2015 auf 2016 so hoch angestiegen wie hier, zeigt eine Studie des Instituts empirica. Die Zuwanderung in Großstädte macht Wohnen teurer und günstige Wohnungen rarer. Zudem endete 2016 für 2.200 öffentlich geförderte Wohnungen in Dortmund die Bindung an den gedeckelten Mietpreis. Dieser kann nun aufs „ortsübliche“ Niveau des Dortmunder Mietspiegels angehoben werden, zumindest annähernd: Dank einer Kappungsgrenze darf die Miete in drei Jahren um höchstens 20 Prozent steigen. Bei der Neuvermietung ist der Vermieter frei. Die steigenden Angebotsmieten können sich aber weniger Menschen ohne Weiteres leisten. Gemessen am Einkommen hat die Hälfte der Dortmunder Anspruch auf eine Sozialwohnung, 100.000 Menschen erhalten Transferleistungen wie Hartz IV oder Grundsicherung.

Dass günstige Wohnungen fehlen, ist lange bekannt. Woher sie kommen sollen, noch nicht. Erst seit wenigen Jahren ist in Ruhrgebietskommunen, die lange eher mit Wegzug und Leerstand als mit Wachstum und Wohnungsmangel zu kämpfen hatten, die Wohnungsfrage wieder Thema. Um damit umzugehen, hat die Stadt Dortmund neben dem Wohnungsbau ein Paket mit vielen kleinen Bausteinen geschnürt.

38,5 Millionen Fördermittel

Rund 38 Millionen Euro hat sie 2016 in Wohnraumförderung investiert. Rund 1.800 neue Wohnungen wurden nach Zahlen des Statistischen Landesamtes 2016 zum Bau genehmigt. Öffentlich gefördert und damit preisgebunden sind etwa 500, 270 neue und 230 bestehende. Insgesamt fließen 38,5 Millionen Euro in die städtische Wohnungsbauförderung, davon 32 Millionen Euro als zinsvergünstigte Darlehen und 6,5 Millionen Euro als Tilgungsnachlässe in die städtische Wohnungsbauförderung. Das sind zwar zehn Millionen weniger als im Vorjahr, aber 8,5 Millionen mehr, als durch das Land zunächst vorgesehen waren.

Die Mittel fließen in ganz unterschiedliche Maßnahmen: DOGEWO21 errichtet 48 barrierefreie Wohnungen für Familien in Bövinghausen, die bis zum Jahresende fertig sein sollen. In Aplerbeck soll in diesem Jahr ein inklusives Wohnprojekt für Menschen mit und ohne Hilfebedarf verwirklicht werden, in Mengede entstehen auf einem ehemaligen städtischen Grundstück mehr als 117 barrierefreie und altersgerechte Wohnungen, von denen 99 durch Landesmittel gefördert werden.

Nebenan hat die Stadt selbst die Bauregie übernommen und errichtet dort preisgebundene Wohnungen – es war das erste kommunale Wohnungsneubauprojekt, das die Stadt 2015 anstieß und aus dem städtische Sondervermögen „Grundstücks- und Verwaltungsfonds“ finanziert. Auch in Lütgendortmund und in Huckarde laufen die Arbeiten für preisgebundene Wohnungen – die, weil sie im Besitz der Stadt oder der Stadtentwicklungsgesellschaft sind, dauerhaft günstig sein werden. Das entspannt den Wohnungsmarkt gerade im unteren Preissegment – dort, wo er sich immer mehr anspannt.

Auch in anderen Stadtteilen soll öffentlich geförderter Wohnraum entstehen, die Baugrundstücke bereitet die Stadt derzeit zum Verkauf an Interessierte vor. Größere Wohnungsgesellschaften finanzieren ihre Vorhaben vor allem über Eigenmittel. Der Spar- und Bauverein will in diesem Jahr 20,6 Millionen Euro in Neubau und 18,6 Millionen Euro in Modernisierung investieren. Zurzeit entstehen mittel- und hochpreisige Wohnungen am Phoenixsee, in Brackel und Schüren, auch das ehemalige Max-Planck-Institut soll in den nächsten Jahren zum Wohnkomplex für Singles und Paare, Familien und Studierende umgebaut werden. DOGEWO21 hat im vergangenen Jahr Dachgeschosse ausgebaut, in diesem Jahr werden in die Jahre gekommene Siedlungen modernisiert,
Dächer und Balkone erneuert.

Schutz-Satzungen werden verlängert

Wirksam scheinen zwei wohnungspolitische Instrumente der Kommune: Sowohl die Zweckentfremdungssatzung als auch die Benennungsrechtsatzung werden um fünf Jahre verlängert. Während letztere der Stadt erlaubt, eine Wohnung gezielt Personen mit Wohnberechtigung zur Verfügung zu stellen, schreibt erstere vor, dass Wohnraum nur zum Wohnen genutzt werden darf – wer Wohnraum anders nutzt, riskiert hohe Strafen. Die Satzung gilt als bedeutsam: Nur fünf Kommunen in NRW haben eine solche, Dortmund hat sie bereits 2012 als erste Stadt in NRW eingeführt. Stadtaktivisten und der Mieterverein Bochum fordern sie zur Bekämpfung der hohen Leerstände. Die Bochumer Stadtverwaltung erstellt derzeit ein „Handlungskonzept Wohnen“, mit dem sie die Pfeiler für die kommunale Wohnungspolitik der nächsten Jahre stecken will. In Dortmund ist man auf dem Weg. In kleinen Schritten.

Kommentar zu Steigenden Mieten (Tobias Scholz)


Während die Politik in Bochum, Essen und sogar Düsseldorf sich nicht für eine Satzung gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum entscheiden konnte, gibt es sie in Dortmund bereits seit 2012 und der Stadtrat hat sie gerade für weitere fünf Jahre verlängert. Auch bei der 25%-Quote für den geförderten Wohnungsbau bei neuen Bebauungsplänen und dem Verkauf städtischer Grundstücke gibt es seit drei Jahren einen wichtigen politischen Beschluss. Auch der Wiedereinstieg in den kommunalen Wohnungsbau im vergangenen Jahr ist bemerkenswert, aber doch ein zartes Pflänzchen. Private Investoren nutzen die Phase des billigen Geldes für Investitionen in den freifinanzierten und geförderten Wohnungsneubau. Einige kaufen Objekte schlüsselfertig vom Bauträger. Es ist an der Zeit, dass die Stadtpolitik DOGEWO21 oder die Stadtentwicklungsgesellschaft in die Lage versetzen, mehr Wohnungen zu bauen. Es ist wichtig, wem die Wohnungen nach Ablauf der Mietpreis- und Belegungsbindungen gehören. Auch über die Liegenschaftspolitik und Kon-zeptvergaben könnten beispielsweise höhere Anteile an geförderten Wohnungen, längere Bindungsfristen oder gezielte Ausschreibungen unter Genossenschaften oder gemeinschaftliche Wohnprojekte erreicht werden. Beispiele hierfür gibt es.


>>> Rechtsberatung für Mieterinnen und Mieter
 

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