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11. März 2019 (Aus den Städten)

Bochum: Neuer Wohnungsmarktbericht - Die Lage ist weiterhin angespannt

Die Lage auf dem Bochumer Wohnungsmarkt ist weiterhin als angespannt zu bezeichnen, dies gilt insbesondere auch für das untere und mittlere Preissegment. So schreibt Stadtbaurat Dr. Markus Bradtke im Vorwort zum Wohnungsmarktbericht 2018, den die Stadt Bochum im Januar vorgelegt hat. Alle zwei Jahre erscheint dieses Zahlenwerk und gibt Aufschluss über Grundstückspreise, Wohnungsangebote und -nachfrage, Mieten und Leerstände. Und was auch immer man von der Bochumer Wohnungspolitik hält: die Wohnungsmarktbeobachtung ist vorbildlich.

Statistiken auszu- und dann richtig zu be-werten dauert immer einige Zeit. Deshalb beschreibt der Wohnungsmarktbericht 2018 in Wirklichkeit auch den Wohnungsmarkt von 2017, denn aus diesem Jahr stammen die Daten, die 2018 ausgewertet wurden.

Um eine Marktlage richtig zu beurteilen, muss man das Verhältnis von Angebot und Nachfrage analysieren. Zur Angebotsseite gehört nicht nur die Anzahl der Wohnungen, ihre Größe, ihr Alter und ihr Preis, sondern auch die Bautätigkeit, Grundstückspreise, Zinshöhe etc. Und zur Nachfrageseite gehört nicht nur die Zahl der Haushalte sowie Anzahl und Alter ihrer Mitglieder, sondern auch ihre Kauf- oder, besser gesagt, Mietkraft.

Angebot ...

Man sagt, die Zinsen erst recht die Hypothekenzinsen seien historisch niedrig. Das stimmt. Die Sparkasse Bochum vergibt Hypotheken jetzt für 1,9 %. Vor 10 Jahren waren es noch 5,3 %. Trotzdem ist Bauen nicht billig. Das liegt zum Einen an den rätselhaft hohen Baulandpreisen in Bochum. 2017 lag der Schnitt bei 300 € im individuellen und sogar bei 315 € im Geschosswohnungsbau. Pro Quadratmeter, versteht sich. In einfacheren Lagen ist Bochum die teuerste Kommune im Ruhrgebiet. In guten Lagen sind immerhin Essen und Dortmund teurer. Zum Anderen sind Handwerker immer schwerer zu bekommen und entsprechend zu bezahlen. Preiswert bauen ist also nicht einfach.

Trotzdem ist der Neubau in Bochum 2017 geradezu explodiert: Nach dem Tiefststand 2015 mit nur wenig mehr als 200 neuen Wohnungen über knapp 300 in 2016 waren es dann 2017 fast 600 neue Wohnungen. Das sind aber immer noch über 200 weniger als das erklärte Ziel der Kommunalpolitik. Und es sieht nach einem Strohfeuer aus: Die Zahl der Baugenehmigungen ging bereits wieder zurück, von 610 in 2016 auf 490 in 2017. Und die Baugenehmigungen von heute sind die Fertigstellungen von morgen.

In der Bauintensität liegt Bochum weit hinter den meisten Nachbarstädten, nur in Hattingen und Herne wird weniger gebaut. Vor allem beim Sozialen Wohnungsbau haperts. 2015 bis 2017 war nur jede siebte neue Wohnung öffentlich gefördert, der niedrigste Wert in diesem Jahrtausend. Zu Anfang desselben waren es noch 38 %.

188.636 Wohnungen in 57.370 Wohngebäuden gab es Ende 2017 in Bochum, 77,7 % davon in Mehrfamilienhäusern. Zwei Drittel davon sind älter als 50 Jahre. Die Leerstandsquote liegt nur noch bei 2,9 %. Am höchsten ist sie noch mit über 4 % in Wattenscheid Mitte.

Ende 2017 gab es noch 13.500 Sozialwohnungen in Bochum. Das sind ca. 7 % des gesamten Wohnungsbestandes. Wenn das ehrgeizige Ziel aus dem Handlungskonzept Wohnen erreicht wird, jedes Jahr 200 neue zu bauen, wird dieser Anteil annähernd stabil bleiben, ansonsten wegen des anhaltenden Bindungsauslaufs weiter sinken. Zum Vergleich: Ungefähr 50 % aller Bochumer Haushalte wären berechtigt, eine Sozialwohnung zu beziehen.

Die Mieten sind in den letzten Jahren spürbar gestiegen. 6,07 € pro qm ist die Durchschnittsmiete jener 5.300 Datensätze, aus denen der aktuelle Mitspiegel gebildet ist. Anfang des Jahrtausends waren es noch 5,00 €. Und wer umziehen muss oder will, muss mit deutlich höheren Preisen rechnen. Die Stadt hat 7.250 Angebotsmieten untersucht und ist auf einen Schnitt von 6,59 € gekommen. Wer allerdings in einen Neubau einziehen will, ist im Schnitt mit 9,70 € dabei. Im Vergleich mit den Nachbarstädten wohnt es sich in Bochum damit ein bisschen billiger als in Dortmund und Essen, gleichteuer wie in Hattingen, ein bisschen teurer als in Castrop-Rauxel, Herne und Witten und mehr als einen Euro teurer als in Gelsenkirchen.

... und Nachfrage

Bochums Bevölkerungszahl ist seit dem Tiefststand 2013 wieder leicht gestiegen, auf 371.600 Ende 2017. 95.100 Bochumer leben in Ein-Personenhaushalten. 58.200 Haushalte sind Paare ohne Kinder. 24.800 sind Paare mit Kindern (klassische oder Patchwork-Familien), 7.700 Alleinerziehende mit Kindern und 9.300 „sonstige Mehrpersonenhaushalte“, also Wohngemeinschaften. Das heißt, dass nur noch in jedem 6. Bochumer Haushalt Kinder leben.

Ziemlich viele dieser Haushalte sind finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet. Das Durchschnittseinkommen liegt nur bei 19.500 € im Jahr, weit unter dem NRW-Schnitt von 21.600. Das ist zwar ruhrgebietstypisch, aber in Essen, Hattingen und Mühlheim verdient man deutlich mehr, in  Duisburg, Gelsenkirchen, Herne, und Oberhausen allerdings deutlich und sogar in Dortmund ein bisschen weniger.

Hauptursache für die Armut ist die Hohe Zahl der Hartz-IV-Abhängigen. Es werden immer mehr: Zwischen 2012 und 2017 stieg die Zahl der „Bedarfsgemeinschaften“ von 20.700 auf 23.400, oder, in Personen ausgedrückt, von 38.800 auf 45.800. Dazu kommen noch die Menschen in Grundsicherung, deren Zahl im gleichen Zeitraum von 4.800 auf 6.400 stieg.

Was fehlt

Was nicht im Wohnungsmarktbericht steht: Genau für diese Bevölkerungsgruppe fehlt es an Wohnraum. Das kann der Bericht vielleicht auch nicht leisten. Aber Wissenschaftler der Berliner Humbold-Universität haben vor knapp einem Jahr im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung (wir berichteten) durch komplizierte Berechnungen festgestellt, dass in Bochum 25.000 Wohnungen für Geringverdiener (60 oder mehr Prozent unter dem Durchschnitsseinkommen) fehlen. Die Quote ist ähnlich hoch wie in den Wohnungsnotstädten der Rheinschiene: Bonn, Köln und Düsseldorf.


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