Wohnungspolitik > Aus den Städten
15. Dezember 2019 (Aus den Städten)

Neubauprojekte: Baustelle Dortmund

In Dortmund fehlen weiter tausende Wohnungen. Gleichzeitig werden an dutzenden Stellen in Dortmund gerade Gebäude hochgezogen, in denen schon bald Menschen wohnen sollen. Wir werfen einen Blick auf die Neubauprojekte: Wer baut da, und für wen eigentlich? Wie sieht es mit Barrierefreiheit und mit bezahlbaren Mieten aus? Und wie innovativ sind die geplanten Wohnkonzepte?

In dieser Ausgabe schauen wir uns sogenannte Mikroappartments an: an drei Orten in der Innenstadt sind möblierte Kleinstwohnungen vor allem für Studierende und junge Menschen im Bau oder in Planung.

Basecamp, Kampstraße

„High-End-Komfort“ verspricht das Unternehmen „Basecamp“ in seinen Wohnungen: „Ganz nah an allem, weit weg von gewöhnlich.“ „Basecamps“ sind im Prinzip Wohnheime mit Freizeitangebot, die sich in erster Linie an zahlungskräftige Studierende richten. Hinter dem Bauherrn, dem European Student Housing Fund, ist ein Immobilienfond, der gezielt in Städte investiert, in denen es zu wenig Wohnraum für Studierende gibt, um dort mit möglichst hoher Rendite eine Lücke im Wohnungsmarkt zu füllen. Werbevideos aus Potsdam und Leipzig, den bisher einzigen fertigen Basecamps in Deutschland, zeigen eine idyllische Welt mit Gemeinschaftsräumen, Kino, Disco und Fitnessstudio, die man eigentlich gar nicht mehr verlassen muss. Studentisches Wohnen als Lifestyle.

In Dortmund sind gegenüber der Mietervereins-Geschäftsstelle, direkt am Platz von Leeds, in der Innenstadt neben einer Laden- und Gastro-Zeile im Erdgeschoss ein Fitnessstudio, eine Bibliothek und auch ein Hotel vorgesehen. Die Fertigstellung ist für 2021 geplant. Die Miete für die Apartments, mal mit, mal ohne eigene Küchenzeile, sollen bei 450 bis 500 Euro inkl. Nebenkosten und Internet liegen. Öffentlich geförderter, preisgebundener Wohnraum ist nicht vorgesehen. In der Nachbarstadt Bochum hat der Investor die Pläne für einen „Basecamp“-Wohnturm Anfang 2019 beerdigt.

Was: 430 Apartments von 19-24 m2
Bauherr: ST Dortmund B.V.
Zielgruppen: Studierende
Miete: 450 – 500€ all inc.
Fertig: vstl. 2021
öffentliche Förderung: keine
Barrierefreiheit: nicht genannt

Berswordt-Quartier, Kreuzviertel

Am südlichen Ende des Kreuzviertels, direkt zwischen BVB-Zentrale und B1, entstehen zurzeit mehr als 200 Wohnungen und 365 fertig möblierte Mikroapartments mit einem oder zwei Zimmern. Die Bauherrin, die Hamburger Aktiengesellschaft Revitalis, setzt bei den Mikroapartments unter der Eigenmarke „behome“ auf das Kreuzviertel as „place to be“ und auf Berufseinsteiger, ProfessorInnen, PendlerInnen und Studierende, die sich manchmal nur einige Monate oder ein Jahr an einem Ort aufhalten und keinen Stress mit der Wohnungssuche und Einrichtung haben wollen. Die fast 365 Mikroappartments und weitere 222 Mietwohnungen (im Eigentum der Vivawest) bekommen gemeinsam über 200 Tiefgaragenstellplätze und Gewerbeflächen in Teilen der Erdgeschosse.

Die Mieten sprengen deutlich den Dortmunder Schnitt von 10,50 Euro/m2 Kaltmiete im Neubau: In der kleinsten Ausführung von 20 m2 zahlen künftige Mieter 320 plus Nebenkosten, knapp 16 Euro/m2. In der größeren Variante ab 27 m2 sind es noch 15 Euro/m2. Auch hier sind keine preisgebundenen Wohnungen vorgesehen, das Grundstück fällt nicht unter die Quotenregelung für sozialen Wohnungsbau.

Was: 365 Mikroappartments von 20-50 m2
Bauherr: Revitalis AG, „behome“
Zielgruppen: „Young Professionals“, Berufspendler, Studierende
Miete: ab 14€/m2 Kaltmiete
Fertig: Ende 2020
öffentliche Förderung: keine
Barrierefreiheit: nein

Dortmunder U

Direkt am Dortmunder U, zwischen U-Turm, Berufskolleg und FZW sollen ab 2021 insgesamt 500 Mikroapartments für Studierende entstehen – auf einem ehemals städtischen Grundstück übrigens: Für die Wohnanlage hat der Bocholter Projektentwickler Ten Brinke ein 8.000 Quadratmeter großes Areal von der Stadt Dortmund gekauft. Bisher lag das Gelände mehr oder minder brach, ein selbstverwalteter Skatepark hat dort noch eine Zwischennutzung, er wird dann weichen müssen. Wohin, ist noch unklar.

Gedacht sind Einzelapartments oder Wohngemeinschaften, im Außenbereich Innenhöfe, Dachterrassen, über 170 Parkplätze und eine Fahrradgarage, außerdem soll es Gewerbeflächen zum Beispiel für einen Kiosk, einen Bäcker oder einen Fahrradladen geben. Der Projektentwickler Ten Brinke ist an weiteren Stellen in Dortmund aktiv, baut ein Studierendenwohnheim in Barop und Wohnungen an der Deggingstraße am Westfalendamm und in Mengede. In puncto Miete will Ten Brinke „einem studentischen Budget gerecht werden“, was das genau bedeutet, ist aber nicht bekannt. Planungsdezernent Ludger Wilde machte bei der Projektvorstellung 2018 aber klar, dass die Mieten deutlich über denen des Studierendenwerks liegen werden.

Was: 500 Mikroappartments, max. 20 m2
Bauherr: Ten Brinke Projektentwicklung
Zielgruppe: Studierende
Miete: noch unbekannt
Beginn: 2021/2022
öffentliche Förderung: keine
Barrierefreiheit: nicht genannt

Fazit

Wer in ein Mikroapartment einzieht, muss sich keine Sorge um Möbel, schnelles Internet oder die Lage der Wohnung machen. Das Konzept setzt auf Bequemlichkeit und Komfort, die Entwickler ziehen bewusst in gut angebundene und beliebte Quartiere. In den fertig eingerichteten Mini-Wohnungen bleibt nur wenig Raum für Individualität. Die „fertige“ Wohnung kann für Menschen, die nur für ein halbes bis zwei Jahre in einer Stadt leben, attraktiv sein, wenn die klassische Einrichtung einer Wohnung entfällt. Das Angebot in Dortmund ist bisher begrenzt. Doch RentnerInnen, Menschen im Rollstuhl oder mit niedrigeren Einkommen fehlen in den Werbevideos. Inwieweit sie davon profitieren, dass die Mikro-Appartment-BewohnerInnen keine „normalen“ Wohnungen mehr nachfragen, bleibt abzuwarten.


>>> Rechtsberatung für Mieterinnen und Mieter
 

Twitter


Arbeitsgemeinschaft der Mietervereine Bochum, Dortmund, Witten, Mietergemeinschaft Essen

Kontakt | Sitemap | Datenschutz | Impressum