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1. April 2003 (Aus den Städten)

Kommunale Haushalte:

Pleitegeier über der Ruhr - Seit langem klagen die Städte und Gemeinden über unzureichende Finanzmittel und viele nicht finanzierte neue Aufgaben. Besonders an der krisengeplagten Ruhr gehören unausgeglichene Haushalte seit langem zum Alltag. Trotz massiver Privatisierungen betrug das Defizit der Ruhrgebietskommunen zwischen 1992 und 1999 bereits 6,6 Mrd. DM.

Nach der rot-grünen Unternehmenssteuerreform von 2000 war die Katastrophe perfekt. Unternehmen können ihre weltweiten Verluste am Gewerbesteuerort verrechnen. Nach dem Lipobay-Skandal und den Verlusten in USA zahlte deshalb Bayer in Leverkusen keine Steuern mehr. Auch Veräußerungsgewinne wurden nicht mehr besteuert. Die Gewerbesteuer wird damit eigentlich nur noch von wenigen großen mittelständischen Unternehmen gezahlt. Und die werden im Zuge der Übernahme-Wellen rar. Allein 2001 gingen die kommunalen Gewerbesteuereinnahmen in NRW um 550. Mio Euro zurück.
In den 90er Jahren hatten sich die Kommunen schon einmal gewaltig angestrengt. Bundesweit konnten die Kommunen durch harte Sparkurse Ende der 90er Jahre leichte Überschüsse erzielen. Das hat zu empfindlichem Personalabbau (über 1/3 des Personals von 1994), Schließungen und massiven Investitionsverzichten geführt. Der Inves-titionsstau der Kommunen wird auf 686 Mrd Euro geschätzt. Aber all die „Tränenlisten“ der vergangenen Jahre sind heute verpufft. Selbst die kleinsten Kommunen an Rhein und Ruhr haben Haushaltsdefizite in zweistelliger Millionenhöhe, und immer mehr bekommen gar keinen genehmigungsfähigen Haushalt mehr hin. Für die Verwaltungshaushalte in NRW rechnet die Landesregierung 2003 mit einem Rekorddefizit von 4 Mrd. Euro.
Die Konsequenz: Fast überall überprüfen die Kommunen ihre „freiwilligen Leistungen“. Betroffen sind Stadtteilbibliotheken, Schwimmbäder, Kultur- und Jugendeinrichtungen, Schulen, Stadtteilprojekte – das ganze sozial-kulturelle Netz ist in Gefahr.
Zugleich versuchen die Kommunen ihr „Tafelsilber“ zu verwerten: Die kommunalen Töchter werden zu Gewinnkursen gezwungen, stoßen Verlustbereiche ab und gründen Lohndumping-Töchter. Anteile und Bestände von Wohnungsunternehmen gehen an Spekulanten. Stadtwerke werden dem Einfluss von Energiemultis wie RWE geöffnet. Schulgebäude und Rathäuser werden von Privatinvestoren errichtet und von den Städten zurückgemietet. Kanalnetze, Straßenbahnschienen und öffentliche Gebäude werden langfristig an amerikanische Trusts verpachtet. Kommunales Eigentum - in Generationen geschaffen - befindet sich im Ausverkauf.
Die sozialen, ökologischen und auch die ökonomischen Folgekosten dieses Substanz-verzehrs werden die Kommunen noch in Jahrzehnten spüren.
Zugleich schrumpft der Teil der örtlichen Wirtschaft, der durch Öffentlichkeit und Politik beeinflusst werden kann. Auch für die lokale Demokratie klingeln deshalb alle Alarmzeichen.


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