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28. Juni 2006 (Aus den Städten)

Umzugswelle: Protest in Bochum erreicht Erleichterung

1400 Hartz-IV-Haushalte in Bochum wohnen zu teuer und sollen ihre Wohnkosten senken. Das sind viel zu viele - fand nicht nur der Mieterverein. Und so geriet das Thema "Kosten der Unterkunft" erneut auf die politische Tagesordnung in Bochum.

Nein, eine Massendemonstration war das sicher nicht, was da am Mittag des 18. Mai durch die Bochumer Innenstadt zog. Über 40 Organisationen hatten zu der Kundgebung aufgerufen, knapp 120 Menschen waren gekommen. Aber die hatten sich etwas einfallen lassen.
Unter dem Motto "Wohnen - Würde - Widerstand" sollte der Protest gegen Zwangsumzüge von ALG-II-EmpfängerInnen vor das Rathaus getragen werden, wo ab 15 Uhr der Sozialausschuss tagte. Die Demonstration wurde zu einem "Umzug" im wahrsten Sinne des Wortes: Über 100 Umzugskartons wurden durch die Straßen getragen und immer wieder zu Mauern aufgebaut. RednerInnen von Sozialberatung, Sozialforum, Mieterverein und anderen erinnerten an die Folgen von Hartz IV, wonach 1400 Langzeitarbeitslose vom Zwangsumzug bedroht sind, und an die Bedeutung der Wohnung als Lebensmittelpunkt.
In den Gängen des Rathauses muss das Trommeln der Demonstraten auf ihren Pappkisten trotz der eher geringen Masse eindrucksvoll geklungen haben. Der Sozialausschuss hatte seine Sitzung vorsichtshalber in den großen Ratssaal verlegt, damit genug Platz für so viele Zuschauer war. Und die Empore war rappelvoll.
Sowohl die PDS als auch die rotgrüne Koalition hatten mehrere Anträge zum Thema gestellt. Etliche davon griffen Forderungen auf, die der Mieterverein in den Wochen zuvor mit den Fraktionen erörtert hatte - leider nicht alle. Am Schluss wurde vier konkrete Verbesserungen für die Betroffenen beschlossen - sogar einstimmig:
- Die Wirtschaftlichkeitsgrenze, unterhalb derer nicht zur Kostensenkung aufgefordert werden soll, wird von 40 auf 50 Euro (oder 10 Prozent) oberhalb der Mietobergrenze angehoben.
- Wessen Wohnkosten einmal als angemessen beurteilt wurden, der soll auch dann nicht neu überprüft werden, wenn Mietspiegelwerte zwei mal hintereinander sinken.
- Bei einem Zwangsumzug soll eine doppelte Mietzahlung für einen Monat problemlos übernommen werden, zusätzlich Kosten für Handwerksarbeiten an Versorgungsleitungen.
- Alleinstehende Arbeitslose sollen nicht mehr auf möblierte Zimmer verwiesen werden.

Das liest sich eher bescheiden. Wenn man aber bedenkt, dass im Januar 3500 Hartz-IV-Haushalte mit der Miete zwischen der Mietobergrenze und der Wirtschaftlichkeitsgrenze lagen, und nur 1400 noch über der Wirtschaftlich-keitsgrenze, kann man sich leicht ausrechnen, dass eine Anhebung der Grenze um 10 Euro einigen hundert dieser Haushalte helfen wird.
Nicht aufgegriffen wurden dagegen einige deutlich weitergehende Forderungen des Mietervereins. Eine davon: Bei den Mietobergrenzen sollen die Zuschläge berücksichtigt werden, die der Mietspiegel für Balkon, Wärmedämmung und Gegensprechanlage erlaubt, und die heute dazu führen, dass auch eine Wohnung aus der Baualtersklasse "1950 - 1969" zu teuer sein kann.
Diese Ausstattungskriterien kann man beim besten Willen nicht als Luxus bezeichnen. Außerdem sind sie alle - das wissen wir aus der Datenerhebung zum letzten Mietspiegel - bei einer Mehrheit der Wohnungen vorhanden, so dass es immer schwieriger wird, überhaupt Wohnungen zu finden, die dieses Merkmal nicht haben.
Nicht aufgegriffen wurde auch unser Vorschlag, für eine Gleichbehandlung aller zu sorgen und bei denen, die ihre Wohnkosten nicht senken, die Mietzahlung ab Juli nur bis zur Wirtschaftlichkeitsgrenze (statt bis zur Mietobergrenze) zu kürzen. Und eine Auswertung, wohin denn betroffene Haushalte im Zweifelsfalle umziehen, um im Zweifelsfall der Bildung von Arbeitslosengettos vorzubeugen, wurde ebenfalls nicht beschlossen.


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