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20. Juni 2004 (Ohne Kategorie)

Wohnfläche: Messen Sie nach!

Der Bundesgerichtshof hat Anfang 2004 in einem Grundsatzurteil die Rechte von Mieterinnen und Mietern gestärkt, denen Vermieter eine erhebliche größere Wohnfläche im Mietvertrag angegeben haben. Nach dieser Entscheidung müssen Mieter höchstens eine Abweichung von 10 % von der vertraglich vereinbarten Grundfläche tolerieren. Bei stärkerer Abweichung kann die Miete gemindert werden. Es ist deshalb wichtig zu wissen, was zur Wohnfläche zählt und wie diese im einzelnen berechnet wird.

Im Mietrecht wird von einer sogenannten „anrechenbaren Wohnfläche“ ausgegangen, die oft nicht mit der Grundfläche der Wohnung übereinstimmt.
Für die Berechnung der anrechenbaren Wohnfläche existieren unterschiedliche rechtliche Regelungen. Für Sozialwohnungen galten bisher die §§ 42 – 44 der sog. II. Berechnungsverordnung. Seit dem 1. Januar 2004 sind diese Regelungen von der neuen Wohnflächenverordnung abgelöst worden.
Für den übrigen, freifinanzierten Wohnungsbau existiert keine ausdrückliche gesetzliche Regelung. Allerdings wird hier die seit dem 1.01.2004 geltende Wohnflächenverordnung entsprechend herangezogen.

Was zählt zur Wohnfläche ?

Wichtig ist zunächst, dass nur Räume in der Wohnung zur Wohnfläche zählen. Dieses betrifft aber innerhalb einer Wohnung alle Räume, auch Abstellräume, Flure und Wintergärten (s.u.).
Räume außerhalb der Wohnung werden nicht berücksichtigt, dieses gilt insbesondere für Keller, Heizungskeller, Bodenräume und Garagen.
Anrechenbar sind nur Räume, die dem geltenden Bauordnungsrecht entsprechen. Ob dieses der Fall ist, lässt sich beim Bauordnungsamt erfahren. Wie sich (u.U. geringfügige) Abweichungen auf die Berechnungen auswirken kann rechtlich nur im Einzelfall beurteilt werden.
Mit zur anrechenbaren Wohnfläche zählen auch Balkone und Terrassen und Dachterrassen, hier sind, wie auch bei Wintergärten und Schwimmbädern, Besonderheiten zu beachten. (s.u.)
Auszugehen ist immer von den tatsächlichen Innenmaßen einer Wohnung, d.h. gemessen von Wand (Putz/Tapete) bis Wand (Putz/Tapete). Fuß- und Scheuerleisten werden als innerhalb der Wohnfläche liegend betrachtet. Auch Heizkörper, Heizungsrohre und Öfen verringern die Wohnfläche nicht.
Nicht eingerechnet werden Treppen mit mehr als drei Stufen und deren Treppenabsätze, Türnischen sowie Fensternischen, die bis zum Boden reichen aber nicht mehr als 13 cm tief sind.

Deckenschrägen / Raumhöhe

In welchem Umfang die Grundfläche einer Wohnung als Wohnfläche angerechnet wird, entscheidet sich nach der Raumhöhe.
Bei Räumen und Raumabschnitten (z.B. Deckenschrägen, vgl. Skizze) mit einer lichten Höhe von mehr als zwei Metern wird die Grundfläche vollständig angerechnet.
Bei Räumen und Raumabschnitten mit einer lichten Höhe von weniger als zwei Metern wird die Grundfläche nur zur Hälfte angerechnet.
Bei Räumen und Raumabschnitten mit einer lichten Höhe von unter einem Meter wird die Grundfläche nicht angerechnet.

Balkone, Terrassen und Dachterrassen


Balkone, Loggien, Terrassen, Dachgärten und Dachterrassen sind grundsätzlich mit einem Viertel ihrer Fläche anzurechnen.
Früher war die Anrechnung derartiger Fläche rechtlich umstritten, oft wurden 50 % angerechnet. Die seit dem 1.01.2004 geltende Wohnflächen-VO schreibt nunmehr vor, dass, sofern keine außerordentlichen Umstände vorliegen, von einem Viertel der Fläche auszugehen ist.
Unbenutzbare Balkone an lauten Straßen zählen unter Umständen gar nicht. Auch für Sozialwohnungen, die vor 2004 errichtet wurden, kann es Sonderregelungen geben.
Sofern es auf diese Flächen ankommt, lassen Sie sich beraten!
Wintergärten und Hobbyräume
Von der Wohnung aus zugängliche Wintergärten zählen voll und ganz zur anrechenbaren Wohnfläche. Diese Fläche ist jedoch dann nur zur Hälfte anzurechnen, wenn der Wintergarten nicht beheizt, bzw. beheizbar ist.
Nur mit der Hälfte der Grundfläche anzurechnen sind abgeschlossene Hobbyräume und Schwimmbäder.

Geld zurück, wenn die Wohnung 10 % zu klein ist.

Der Bundesgerichtshof hat Anfang 2004 entschieden, dass Mieter höchstens eine Abweichung von 10 % von der vertraglich vereinbarten Grundfläche tolerieren müssen. Bei einer hierüber hinausgehenden Abweichung kann der Mieter anteilig Miete mindern und auch für die Vergangenheit (drei Jahre) Mietanteile zurückverlangen (BGH Urteil v. 24.03.2004 VIII ZR 133/03 Wohnungswirtschaft und Mietrecht 2004, S. 268; BGH v. 24.03.2004 VIII ZR 295/03).

Mieterhöhungen...


... dürfen in Zukunft nur noch unter Zugrundelegung der korrekten Wohnfläche erfolgen, d.h. z.B. nur für 68,5 qm (tatsächlich anrechenbarer Wohnfläche) statt der 73 qm, welche im Mietvertrag genannt sind.
Zurückliegende Mieterhöhungen, denen bereits zugestimmt, oder auf die bereits gezahlt wurde werden hierdurch aber nicht unwirksam.

Eine Mietsenkung ...

... kann für die Zukunft dann verlangt werden, wenn die tatsächlich anrechenbare Wohnfläche mehr als 10 % geringer ist, als der im Mietvertrag genannte Wert.
Ist mietvertraglich z.B. eine Wohnfläche von . 76 qm vereinbart, beträgt die anrechenbare Wohnfläche aber nur 68,5 qm, beträgt die Abweichung 10,9 %. Damit ist die von Bundesgerichtshof festgelegte Toleranzschwelle für geringfügige Abweichungen überschritten, die bislang vereinbarte Miete kann von bislang z.B. 5 ,00 € x 76 qm = 380,00 € auf 5,00 € x 68,5 qm = 342,50 € gesenkt werden.

Miete zurückfordern!

Wenn - wie in dem zuletzt genannten Beispiel - die tatsächlich anrechenbare Wohnfläche um mehr als 10 % von der im Mietvertrag genannten Fläche abweicht, kann für die Vergangenheit die überzahlte Mietdifferenz von 38,00 € zurückgefordert werden. Dieses ist für nicht verjährte Zeiträume, d.h. die letzten drei Jahre möglich.
Achtung: Weicht die anrechenbare Wohnfläche um weniger als 10 % von der vertraglich vereinbarten Wohnfläche ab, kann weder für die Zukunft eine Mietsenkung, noch für Vergangenheit Miete zurück gefordert werden!
Allerdings bleibt es auch dann dabei, dass diese korrekte anrechenbare Wohnfläche bei zukünftigen Mieterhöhungen zugrundegelegt werden muss. Auf dieser Grundlage müssen in Zukunft auch Heiz- und Betriebskosten abgerechnet werden.
Etwas anderes gilt, wenn ein Quadratmeterpreis mietvertraglich vereinbart wurde. Dann kommt es bei der Miete immer auf die tatsächlichen Quadratmeter an.

Heiz- und Betriebskosten ...


... müssen für die Zukunft nach der tatsächlichen anrechenbaren Wohnfläche abgerechnet werden. Dieses gilt auch für die Vergangenheit, soweit gezahlte Vorschüsse noch nicht abgerechnet waren.
Anders als bei der Grundmiete gelten hier jedoch Besonderheiten:
• Bei Heizkosten wird normalerweise nur die beheizbare Fläche berücksichtigt, d.h. dass hier meistens Balkonflächen, u.U. auch Deckenschrägen nicht berücksichtigt wurden.
• Bei Heiz- und Betriebskosten spielt nicht nur der Flächenwert einer Wohnung eine Rolle, sondern letztendlich das Verhältnis der Wohnungsfläche zur Gesamtfläche. Bei Heiz- und Betriebskosten stellen Flächenangaben keine absoluten Größen dar, diese dienen nur zur Ermittlung von Anteilen.
• Wenn die Wohnfläche einer Wohnung tatsächlich geringer ist, verringert sich auch die Gesamtfläche. Wenn z.B. alle Wohnungen im Haus den gleichen Flächenberechnungsfehler aufweisen sollten, führt dieses zwar (bei allen Wohnungen) u.U. zu einer Mietreduzierung, im Verhältnis zueinander bleiben die Flächenanteile jedoch gleich, so dass sich im Ergebnis an der Betriebs-Kostenbelastung nichts ändern braucht.
• Ändert sich durch eine um mehr als 10 % geringere Wohnfläche der Verteilungsschlüssel für Heiz- und Betriebskosten, kann für die vergangenen drei Jahre eine Neuberechnung von Heiz- und Betriebskosten gefordert werden.

Und wenn die Wohnung größer ist?

Dann ändert sich für Mieter wenig. Nur für die Zukunft, d.h. für kommende Abrechnungszeiträume kann u. U. die tatsächliche anrechenbare Wohnfläche bei Heiz- und Betriebskostenabrechnungen berücksichtigt werden.
Für laufende und vergangene Zeiträume ist der Vermieter mit Nachforderungen aufgrund der tatsächlich größeren Wohnfläche ausgeschlossen.
Auch bei zukünftigen Mieterhöhungen ist der Vermieter an die vertraglich vereinbarte Wohnfläche gebunden, kann also nur für diese Fläche eine höhere Miete verlangen.
Der Grund hierfür ist, dass dem Mieter die oben beschriebenen Rechte zustehen, da eine kleinere als die vertraglich vereinbarte Wohnung einen Mangel darstellt, der zur Mietminderung berechtigt. Eine tatsächlich größere Wohnung stellt für einen Vermieter keinen Mangel dar, da er es jederzeit in der Hand gehabt hätte, sein Eigentum exakt zu vermessen und zu berechnen und zu einem höheren Mietpreis zu vermieten. Wenn er die Wohnung dennoch billiger vermietet, ist er daran gebunden.


>>> Rechtsberatung für Mieterinnen und Mieter
 

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