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1. September 2009 (Ohne Kategorie)

Immer Ärger mit dem Treppenhaus?

Treppenhäuser setzen sich gern mal in Szene. Das weiß man aus der Geschichte. Doch vom Charme des Jugendstil-Dekors sind die meisten Aufstiege in Mietshäusern der 60er, 70er und 80er Jahre weit entfernt. Es dominiert Funktionalität und Tristesse, von aufgeräumt-nüchtern bis heruntergekommen ist alles dabei. Nutzung und Gestaltung des Treppenhauses sorgen regelmäßig für Ärger bei Mietern und Vermietern.

In der "Top Ten" der Beratungs- und Prozessstatistik der Mietervereine, die der Deutsche Mieterbund (DMB) regelmäßig auf seiner Internetseite veröffentlicht, taucht das Thema Treppenhaus gar nicht erst auf, ist also statistisch betrachtet als Lappalie einzuordnen. Über den ganz normalen Mieteralltag sagt das aber wenig aus. Denn tatsächlich kann der Zankapfel Treppenhaus das Verhältnis zwischen Nachbarn oder zum Vermieter empfindlich stören.

Treppenhaus mit Stolperfallen…
Renovierungsbedürftig sind nicht nur viele der Wohnungen, sondern auch die Treppenhäuser der Alten Kolonie in Westerfilde. Offen liegende Kabel, blätternder Putz, ausgetretene Stiegen und morsche Handläufe – das alles wollen die Mieter sich von ihrem Vermieter, der Westerfilde GbR, nicht länger bieten lassen. "Wir haben gerade einen Mieterbeirat gegründet", erklärt Monika Bosch-Fischer. "Einige Mieter haben schon zur Selbsthilfe gegriffen und ihren Hausflur renoviert. Aber das kann es doch nicht sein, das ist Aufgabe des Vermieters. Wir nehmen jetzt erstmal alle Mängel auf und versuchen Kontakt zu unserem Vermieter, Herrn Krollmann, aufzunehmen. Das Treppenhaus muss sicher sein. Außerdem wollen wir uns nicht länger schämen. Der Eingangsbereich ist doch die Visitenkarte eines Hauses."

"Das Treppenhaus als Streitfaktor spielt relativ häufig eine Rolle", so die Einschätzung von Ulrich Ropertz, Pressesprecher beim DMB. "Weil es an sehr vielen Mietrechtssachen mitbeteiligt ist. Z.B. bei der Betriebskostenabrechnung, wenn es etwa um die Kosten für die Treppenhausreinigung geht. Oder bei der Frage, was darf man abstellen, was nicht. Hier sind unterschiedliche Interessen im Spiel, die Rechtssprechung ist in vielen Fällen nicht eindeutig."

Streitanlässe und Mietrecht
Woran denken Sie hierbei als erstes? An Fahrräder und Kingerwagen im Hausflur? An durchdringende Kohlgerüche aus Nachbars Wohnung? Oder an abgestellte Mülltüten, Schuhschränke, ausrangiertes Mobiliar? An dürre Topfblumen auf der Fensterbank? Die Streitpunkte sind sicherlich so vielfältig, wie die Charaktere der Menschen, die in einem Wohnhaus leben.
Aus mietrechtlicher Sicht gehört das Treppenhaus zur Mietsache. Der Vermieter ist zur uneingeschränkten Gebrauchsüberlassung gemäß §§ 535, 536 BGB verpflichtet. Wie Speicher, Waschküche und Partykeller zählt das Treppenhaus zu den Gemeinschaftsräumen. Es kann von allen Mietern genutzt werden – mit der wichtigen Einschränkung: Andere Mieter dürfen dadurch nicht beeinträchtigt werden. Der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 10.11.2006 (V ZR 46/06) bestätigt: Der Mieter darf grundsätzlich Gegenstände wie einen Kinderwagen, Rollstuhl oder Rollator, auf die er angewiesen ist, an geeigneter Stelle im Hausflur abstellen. Bedingung dafür ist, dass ihm nicht zugemutet werden kann, sie in die Wohnung zu transportieren, weil beispielsweise kein Aufzug vorhanden ist. Fluchtwege dürfen dadurch aber nicht verstellt oder Mitbewohner am problemlosen Passieren hindert werden. Die Benutzung der Gemeinschaftsräume kann auch durch eine konkrete Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter wirksam geregelt werden. Einseitige "Erlasse" bzw. generelle Verbote, wie sie häufig in Hausordnungen zu finden sind, sind aber in jedem Fall unwirksam.
Anders liegt der Fall aber schon bei Fahrrädern und Möbeln: Diese haben nach allgemeiner Ansicht im Hausflur nichts zu suchen. Hier gilt der Grundsatz, dass Gemeinschaftsflächen nicht von einem Mieter als Wohn- bzw. Abstellraum in Beschlag genommen werden dürfen. Was im Einzelnen erlaubt ist und was nicht, lesen Sie weiter unten im Text.

Pflichten des Vermieters
Der Vermieter ist dafür verantwortlich, dass das Treppenhaus ohne Gefahr genutzt werden kann. Das Treppengeländer muss ordnungsgemäß befestigt sein, die Beleuchtung muss funktionieren, die Treppenstufen müssen so beschaffen sein, dass keine Sturzgefahr besteht. Mängel der Vermieter genauso beseitigen wie in der Wohnung. Auch die Renovierung ist Sache des Vermieters. Sie kann nicht auf den Mieter abgewälzt werden, selbst wenn eine solche Vereinbarung besteht.

Beispiel LEG: Leuchtende Farben gegen Tristesse und Anonymität
Ein positives Beispiel für Treppenhausgestaltung setzt die LEG in ihrem Bestand in Dortmund. Seit 2003 werden Kunst-Projekte mit Kindern der Mieter durchgeführt. Unter Anleitung der Objektdesignerin Kornelia Janke-Schulze gestalten sie farbenprächtige Mosaike, die anschließend in den Hausfluren zu bewundern sind.

Mieterzentrumsleiterin Andrea Kirchner: "Diese Aktion kommt bei unseren Mietern so gut an, dass wir sie regelmäßig wiederholen. Sie stärkt nicht nur die Nachbarschaftskontakte, sondern spart uns auch Reinigungskosten. Denn wenn die Mieter ihr Umfeld mit gestalten, halten sie es sauberer und ‚in Ehren’."

Rechtsprechung "Auf einen Blick"
Schuhe, Fahrräder, Blumentöpfe & Co:
Mieter dürfen bei Matschwetter Schuhe und Regenschirme grundsätzlich zum Trocknen vor die Tür stellen. Nicht erlaubt ist es, langfristig Gegenstände, zum Beispiel einen provisorischen Schuhschrank, Getränkekästen, Mülltüten oder Besenschränke, im Treppenhaus zu deponieren. Daran sollten sich auch die Mieter des obersten Stockwerks halten, denn die Ablage vor der Haustür belästigt nicht nur die Mitmieter, sondern behindert auch die Treppenreinigung. Stichwort: "Wo kein Kläger, da keine Klage."

Fahrräder gehören grundsätzlich nicht ins Treppenhaus. Hierfür gibt es immer andere Abstellflächen, zum Beispiel im Keller, auf dem Hof oder notfalls auf der Straße.

Jeder Mieter darf eine Fußmatte seiner Wahl vor die Haustür legen.

Einige Blumentöpfe sind erlaubt, wenn alle Mieter es dulden. Dschungel um die man Slalom laufen muss aber nicht. Gegen Weihnachts- oder Osterschmuck neben dem Klingelschild gibt es in der Regel keine Einwände. Umfangreiche Dekorationen sind dagegen problematisch. So entschied das Amtsgericht Münster im Fall einer Mieterin, die gegen den Willen ihrer Mitbewohner Treppenhaus und Eingangsbereich mit einer Vielzahl verschiedenster Gestaltungselemente "verschönert" hatte, dass diese wieder entfernt werden mussten. (Urteil vom 31.07.2008, AZ 38 C 1858/08)

Rauchen im Treppenhaus: Ein generelles Rauchverbot ist nicht zulässig. (Bay ObLG WM 99) Andererseits kann die Nutzung des Hausflurs als "Raucherzimmer" untersagt werden. (AG Hannover AZ 70 II 414/99)

Treppenhausreinigung: Ist die Reinigung im Mietvertrag festgelegt, muss der Mieter sie im Wechsel mit anderen Mietern durchführen. Tag und Uhrzeit bleiben ihm selbst überlassen. Grundsätzlich ist der Mieter auch während seiner Abwesenheit zur Reinigung verpflichtet. Ohne vertragliche Vereinbarung muss der Vermieter putzen. Kosten für eine Putzfrau können, wenn es vertraglich vereinbart ist, auf die Mieter umgelegt werden.


>>> Rechtsberatung für Mieterinnen und Mieter
 

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