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26. Juni 2012 (Vonovia Aktionsbündnis, Vonovia)

Annington-Mieter organisieren sich

Donnerstag, 10. Mai 2012, 19 Uhr. Im Clubraum der Volkshochschule drängeln sich über 120 Menschen. So verschieden sie sind, haben sie doch eines gemeinsam: Sie sind Mieter der Deutschen Annington, der größten Immobiliengesellschaft in Deutschland. Gekommen sind sie auf Einladung. In rund 3.500 Wohnungen – das ist die Hälfte aller Annington-Wohnungen in Bochum – hat der Mieterverein in den Tagen zuvor Einladungs-Flugblätter verteilt. Sinn der Aktion: Die zahlreichen Probleme bündeln, den Widerstand organisieren, die Betroffenen vernetzen.

Es gibt ein Einführungsreferat vom Mieterverein: Wer ist die Deutsche Annington, wie ist sie im Kontext der zahlreichen anderen Heuschrecken auf dem deutschen Wohnungsmarkt einzuordnen, und welche Erfahrungen wurden bisher mit ihr gemacht? Wiederholtes Nicken in den Reihen, wenn von stundenlangen Warteschleifen in der Telefon-Hotline oder nicht stattfindenden Reparaturen die Rede ist.

Gast aus Bonn
Als nächstes hat ein ganz besonderer Gast das Wort: Thomas Krecké ist gekommen von der Bonner Initiative "Mieter contra Annington". Die ist einen Schritt weiter. Einen großen Schritt: "Wir rufen heute keine Hotline mehr an", berichtet er von den bisherigen Erfolgen. "Wir schicken E-Mails. Wenn ich am Freitag Abend um halb acht eine Mail schicke, weil irgendwas nicht funktioniert, habe ich um 23 Uhr eine Antwort. Wir haben teilweise Schwierigkeiten, Parkplätze zu finden, weil so viele silberne Autos da stehen."

Es scheint also Möglichkeiten zu geben, die Annington auf Trab zu bringen. Wie haben die Bonner das gemacht? Thomas Krecké zählt auf: "Mängellisten erstellen, Wohnungsbegehungen organisieren, Mieterversammlungen abhalten, Mieterbeiräte bilden, die Presse einschalten, Politiker ansprechen." Sein Resümee: "Die lichtscheue Annington wird von den Medien geblendet!"

Ein Zwischenruf: "Tolle Sache, was Sie da in Bonn erreicht haben! Ziehen Sie nach Bochum!" Doch das ist gar nicht nötig. Der örtliche Mieterverein ist durchaus so aufgestellt, dass er mit Mieterinitiativen und -beiräten zusammenarbeitet, wo auch immer sich aktive Mieter finden, die bereit sind, sich zu engagieren. Das in die Wege zu leiten, ist erklärtes Ziel des Abends.

Dann haben die Mieterinnen und Mieter das Wort. Der Mieterverein hat drei Juristinnen, Gisela Krieter, Jutta Hüppop und Sabine Mosler aufgeboten, die Fragen zu beantworten. Und es hagelt Fragen: Kostest die neue Trinkwasserverordnung wirklich jeden Mieter 50 Euro im Jahr? Kostet auch ein neuer Haustürschlüssel 50 Euro? Sind Schuhe im Hausflur erlaubt? Was kann man gegen nasse Keller tun? Muss ich für die neue Dichteprüfung des Gasanschlusses zahlen? Warum macht die Annington keine Sammelverträge für Kabelanschlüsse? Wann darf die Miete erhöht werden? Dürfen Grundsteuer und Versicherungen um 7000 Euro steigen? Und was kann man tun, wenn bei bestehenden Mängeln trotz Mietminderung nichts passiert?

Auf viele dieser Fragen haben die Juristinnen Antworten. Nicht auf alle. Denn manche Fragen sind neu, durch Rechtsprechung noch nicht entschieden. Aber diese Versammlung soll die persönliche Rechtsberatung ja auch nicht ersetzen – kann es gar nicht. Aber es wird deutlich: Der Schuh drückt. Man muss etwas tun. Mehr tun, als jeder für sich einzeln zur Rechtsberatung gehen und sein persönliches Problem lösen.

Denn viele Mieter sind gar nicht im Mieterverein organisiert, können die persönliche Beratung nicht in Anspruch nehmen. Aber es gibt viele hier, die bereit sind und Lust haben, sich über ihr eigenes, persönliches Problem hinaus zu engagieren. Für sich natürlich auch. Aber auch für ihre Nachbarn, die das gleiche Problem haben. Am Ende des Abends stehen 17 Namen auf der Liste, die der Mieterverein ausgelegt hat für Mieter, die bereit sind, als Ansprechpartner in ihrer Siedlung zu fungieren.

Am 31. Mai treffen sie sich wieder, diesmal in den Räumen des Mietervereins. Sie lernen sich kennen, tragen die Probleme zusammen, sprechen das weitere Vorgehen ab. Annington-Wohnungen sind über das gesamte Stadtgebiet verstreut. Aber unter den Anwesenden gibt es zwei klare lokale Schwerpunkte: Weitmar-Bärendorf, wo die Annington über 1500 Wohnungen hat, und Stahlhausen / Goldhamme. Deswegen werden in diesen Stadtgebieten regionale Mieterversammlungen beschlossen. Vorbereitungsgruppen sprechen Termine ab.

Der Kampf gegen eine Immobilien-Riesin wie die Deutsche Annington ist sicher ein langer Marsch. Die ersten Schritte sind jetzt gegangen.

Zur Sache: Deutsche Annington
Die Deutsche Annington ist - wie alle "Heuschrecken" auf dem deutschen Wohnungsmarkt - ein vergleichsweise junges Unternehmen. Gegründet wurde sie 2001 als Tochter des Londoner Private-Equity-Unternehmens Terra-Firma, das auch erst 18 Jahre alt ist. Ziel dieser Fonds-Gesellschaft sind Unternehmen mit "solider Vermögensbasis", aber "unterdurchschnittlicher Performance" - also Firmen mit steigerungsfähigen Gewinnen. Die Anlagestrategie ist allerdings langfristig. Neben der Deutschen Annington gehören einige andere in Deutschland bekannte Marken zum Terra-Firma-Imperium, etwa "Tank & Rast", "EMI" und "UCI-Cinemas".

Die Deutsche Annington stieg 2001 mit dem Kauf von 64.000 Eisenbahner-Wohnungen auf dem deutschen Wohnungsmarkt ein. Es folgten 10.000 Wohnungen der Heimbau in Kiel und 4.500 Wohnungen des RWE in Essen. Der Sprung zum größten deutschen Wohnungsunternehmen gelang 2005 mit dem Kauf der Viterra. Heute hält die Deutsche Annington 220.000 Wohnungen, 53 % davon in NRW. Bedeutendste Standorte:
• Dortmund: 18.000 WE
• Berlin: 13.300 WE
• Essen: 10.500 WE
• Frankfurt: 10.500 WE
• Gelsenkirchen: 8.900 WE
• Bochum: 7.800 WE

Firmensitz ist die ehemalige Viterra-Zentrale an der Philippstraße 3 in Bochum.


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