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7. April 2005 (Sonstige Unternehmen)

Thyssen-Mieter bei Verkäufen unzureichend geschützt

ThyssenKrupp-Immobilien ohne jeden Mieterschutz verkauft - 2004 ist eine beispiellose Welle von Wohnungsverkäufen über das Ruhrgebiet geschwappt. Über 150.000 Wohnungen wechselten den Besitzer - und ein Ende ist nicht abzusehen. Mieterforum Ruhr hält die Mieter für unzureichend geschützt.

Mit dem Verkauf von 30.000 Viterra-, 80.000 Gagfah-, 48.000 ThyssenKrupp und 4.500 RWE-Wohnungen hat die Verkaufswelle im Ruhrgebiet einen Höhepunkt, aber noch lange nicht das Ende erreicht. Denn mindestens die restlichen 70.000 Viterra-Wohnungen werden 2005 über den Tisch gehen. Mit „Terra Firma“ und „Fortress“ gibt es jetzt auch ernsthafte Interessenten, die sich bereits am deutschen Immobilienmarkt tummeln und den geschätzten Kaufpreis von fünf bis sechs Mrd. € stemmen könnten.
Das Interesse der hiesigen Unternehmen an ihren Werkswohnungen gegen Null zu tendieren. An die Stelle der regional ansässigen Firmen, die sich auf ihr Kerngeschäft zurückziehen, treten internationale Finanzgesellschaften.
Zwar verhalten sich regional verankerte Unternehmen - von Ausnahmen wie LEG und RAG abgesehen - nach den Erfahrungen von MIETERFORUM RUHR bei der Bewirtschaftung häufig kaum noch anders als internationale Konzerne. Die Übernahme der Kontrolle durch internationale Anlagefonds macht die Orientierung auf Maximalprofite und Immobilienspekulation jedoch unumkehrbar und erschwert politische Einflussnahmen auf die Wohnungswirtschaft massiv.
„Wohnungen sind zum Spekulationsobjekt geworden, mit denen international gehandelt wird“, meint Aichard Hoffmann vom MIETERFORUM. „Mit dem Vermieten und der Bewirtschaftung der Wohnungen allein können keine Renditen erzielt werden, die von profitorientierten Anlegern heute erwartet werden, erst recht nicht im Ruhrgebiet, wo die Menschen arm und die Mieten niedrig sind.“
So liegt das Interesse der neuen Investoren wohl auch nicht in der Bewirtschaftung sondern im Weiterverkauf der Häuser. Bei einer Eigentümerquote von meist nur knapp über 20 % sehen die Fondsgesellschaften offenbar noch reichlich Privatisierungspotenzial.
Hier sieht MIETERFORUM RUHR die Mieter unzureichend geschützt. Hoffmann: „Wenn Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden, gibt es zumindest in den Großstädten eine Sperrfrist von acht oder sechs Jahren für Eigenbedarfskündigungen. Aber viele der für das Revier typischen kleinen Mehrfamilienhäuser mit vier bis sechs Wohnungen werden gar nicht umgewandelt, bevor sie an Privatleute verkauft werden. Wir fordern deshalb schon lange eine Sperrfrist bei jedem Verkauf, aber in Berlin ist das Problem bisher ebenso wenig erkannt worden wie der Bedarf an neuen Instrumenten für die Kommunen, Privatisierungsprozesse quartiersbezogen steuern zu können.“
Ein zweiter Weg für mehr Mieterschutz wird deshalb im Ruhrgebiet immer häufiger beschritten: Die verkaufenden Unternehmen selbst vereinbaren mit dem Käufer erweiterte Bestimmungen zum Mieterschutz, etwa eine zehnjährige Sperrfrist, lebenslanges Wohnrecht für Ältere, erweiterte Sozialklauseln und Vorkaufsrechte.
Beim Verkauf der Gagfah sind relativ weitreichende Mieterschutz-Bestimmungen vereinbart worden, die die schlimmsten Folgen der Privatisierung von den Mietern fernhalten sollen. Die Gagfah war allerdings ein öffentliches Wohnungsunternehmen, deren Verkauf eigentlich tabu gewesen wäre. Nur über den Mieterschutz konnte die BfA den Verkauf überhaupt rechtfertigen.
Bei privaten Unternehmen ist nach Erfahrungen von MIETERFORUM RUHR viel weniger zu erreichen. Aber sogar Viterra hat ein paar Zugeständnisse gemacht. „Dass ThyssenKrupp 48.000 Wohnungen über den Tisch gehen lässt, ohne irgendetwas für ihre Mieter zu tun, ist mir unverständlich“, kritisiert Hoffmann. „Das ist mittlerweile wirklich unterm Standard.“
Die Immobilientochter des Stahlriesen war im Dezember für 2,1 Mrd. € an die US-Bank Morgan Stanley und ein deutsches Sparkassen-Konsortium verkauft worden. Auch der Betriebsrat hat beim Vorstand gegen den fehlenden Mieterschutz protestiert - die meisten Mieter sind auch Beschäftigte von ThyssenKrupp.


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