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15. März 2011 (Sonstige Unternehmen)

Kommentar: Mietnomaden

Unter Mietnomaden versteht man Menschen, die in der klaren Absicht, keine Miete zu zahlen, von einer Wohnung in die andere ziehen und dabei meist auch noch Chaos hinterlassen. Für Vermieter ein riesiges Problem, da sie Monate brauchen, um über Kündigung und Räumungsklage juristisch korrekt wieder in den Besitz der Wohnung zu kommen, die anschließend unter hohen Kosten entrümpelt und renoviert werden muss.

Juristisch heißt die Sache "Einmietbetrug" und ist eine Straftat. Allerdings kommt es dabei auf den Vorsatz an. Nicht jeder, der Mietschulden hat, ist ein Mietnomade. So entstehen auch Missverständnisse. So bezifferte etwa Haus+Grund-Präsident Rüdiger Dorn in einer Kolumne der Rheinischen Post im Juli 2006 die jährlichen Mietausfälle in Deutschland auf rund 2,2 Milliarden Euro. Auch Mietnomaden trügen in zunehmendem Maße zu dieser Schadenssumme bei. Seither stößt man im deutschen Privatfernsehen immer wieder auf die Summe von 2,2 Milliarden Euro, die Mietnomaden jährlich an Schäden verursachen.

Auch die Zahl von 15 - 30.000 Fällen pro Jahr wird durch die polizeiliche Kriminalitätsstatistik nicht bestätigt. Dort liegt die Fallzahl stets deutlich unter 10.000 - wobei jeder Zechpreller im Hotel als Mietnomade mitgezählt wird. Mit einer hohen Dunkelziffer ist ebenfalls nicht zu rechnen, denn wer einen so hohen Schaden zu beklagen hat wie das Opfer eines Mietnomaden, der erstattet auch Anzeige. "Immer mehr Eigentümer wählen den einfachen Weg und lassen die Polizei ermitteln statt einen Zivilrechtstreit in Gang zu setzen", sagte Michael Böhl, stellvertretender Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamten dem Berliner MieterMagazin vor Jahresfrist.

Außerdem werden Mietnomaden gerne in einen Topf geworfen mit den sogenannten "Messies", da auch diese die Wohnung in ein Chaos verwandeln. Beide haben aber nichts miteinander zu tun. Der Messie ist ein ganz "normaler" Mieter, der regelmäßig seine Miete zahlt, sich nur von nichts trennen kann und deshalb nach und nach die Wohnung zumüllt.

Was schon treffend und originell kommentiert worden ist, muss man nicht neu schreiben. Und wenn ein Haus- und Grundbesitzer sich zum Thema Mietnomaden so äußert, dass es für eine Mieterzeitschrift zitierfähig wird, ist das schon ein besonderer Glücksfall. Dieter Blümmel, langjähriger Chefredakteur und jetziger Herausgeber der Berliner Fachzeitschrift "Das Grundeigentum", Sprachrohr der Berliner Haus- und Grundbesitzer, schrieb in seinem Editorial vor einem Jahr ein eindrucksvolles Statement zum Thema Mietnomaden:

"Ich selbst habe monatlich ein bis zwei Anrufe aus Redaktion von Fernsehsendern. Wenn das Jahr um ist, haben alle Sender wenigstens einmal angerufen und die immer selbe Bitte geäußert: Haben Sie einen Mietnomaden und/oder einen betroffenen Vermieter für uns? Oder zwei? Können sie uns helfen?

In den letzten Jahren ist es mir ein einziges Mal gelungen, so ein scheues Exemplar aufzutreiben. Mietnomaden, also Menschen, die Einmietbetrug begehen, sind hier zu Lande ebenso selten wie der Satanspilz, der mir letztmals in Stubaital, aber noch nie in Brandenburger Wäldern begegnet ist…

Wer die inzwischen fast unübersehbare Fülle von Fernsehberichten über Mietnomaden wenigstens zum Teil gesehen - und dabei auch richtig hingesehen hat, konnte feststellen: An einem einzigen Fall kann man offenbar ein ganzes Fernsehjahr nagen, bis die armen Knochen blank sind und auch dem besten Kameramann keine neue Einstellung mehr einfällt. Naja, dann kommt halt wieder so ein Anruf: Haben Sie nicht vielleicht …?

Inzwischen werde ich meist ein bisschen laut und frage, ob es nun schon soweit ist, dass sie ihre eigenen Märchen glauben. Bisher haben nicht einmal die scheinheiligen Berichte über die armen betroffenen Vermieter - tatsächlich Anleitung für Nachahmer - zu einer nennenswerten Vermehrung der Spezies geführt.

Der Einmietbetrug geht seit Jahren zurück: 2006 um 1,1 Prozent, 2007sogar um 16,9 Prozent. Mietnomadentum war und ist aufgrund seiner Größenordnung ein reines Pressethema, das sich glänzend einreiht in: Soaps, Kochstudios, Bauer sucht Bäuerin oder eben auch Mietnomade sucht netten Vermieter."

Damals stand Blümmel mit seiner Meinung unter Hauseigentümern ziemlich allein. Inzwischen ist sie wissenschaftlich bestätigt - und der Spuk in Medien und Politik hoffentlich bald vorbei. Statt der oft kolportierten 15.000 bis 30.000 Fälle pro Jahr sind es eher 15 bis 30. Wahrscheinlich mit einem alten Pentium III zusammengezählt - Sie wissen schon: der mit dem Fließkommafehler ...


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