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5. Oktober 2016 (Bundespolitik)

Kündigungsausschluss: BGH-Urteil hilft Mieterin

Zumindest auf Wohnungsmärkten, die aus Mietersicht noch als relativ entspannt bezeichnet werden können, hat sich seit einigen Jahren ein Übel verbreitet, das für Mieter mittlerweile ein echtes Ärgernis darstellt: der Kündigungsausschluss. Damit wird bereits bei Abschluss des Mietvertrages festgehalten, dass die Vertragspartner für einen bestimmten Zeitraum auf eine Kündigung verzichten. Dergleichen ist zulässig, so sagt der Bundesgerichtshof, wenn der Verzicht für Mieter und Vermieter gleichermaßen gilt und der Zeitraum nicht mehr als vier Jahre umfasst. Ein Blick auf die Details lohnt sich aber.

Als Doris Faller (Name geändert) schwanger wurde, war ihr klar, dass sie eine neue Wohnung brauchte. Zwar hat ihre Wohnung in Wuppertal 65 Quadratmeter und damit exakt die Fläche, die zum Beispiel im Sozialen Wohnungsbau für zwei Personen vorgesehen ist. Im Mietvertrag von 2015 ist aber ausdrücklich festgelegt, dass die Vermietung an eine Person erfolgt und jede Aufnahme weiterer Bewohner verboten ist. Die junge Mieterin kündigte also zum 31. Juli 2016.

Doch das war leichter gesagt als getan. Denn der Mietvertrag sieht ebenfalls einen Kündigungsausschluss für beide Seiten vor, und zwar von Vertragsbeginn am 1. 10. 2015 bis zum 1. 10. 2019. Die Vermieterin lehnte die Kündigung ab, bot lediglich an, bei der Nachmietersuche zu helfen.

Doris Faller trat dem Mieterverein bei – und der konnte helfen. Rechtsberaterin Sabine Mosler-Kühr fiel sofort auf, dass die Ausschlussfrist zu lang ist. Wenn die Mieterin erst am 1. 10. kündigen dürfte, käme ja die dreimonatige Kündigungsfrist dazu. Ein Blick in den Mietvertrag zeigte dann, dass die Überschreitung noch deutlich höher ist. Denn der Mietvertrag war bereits am 21. 8. 2015 unterzeichnet worden. „Der Bundesgerichtshof hat schon 2010 entschieden, dass die Frist mit dem Datum der Vertragsunterzeichnung beginnt, nicht erst bei Mietbeginn“, erläutert die Juristin.

Ist die Ausschlussfrist aber länger als vier Jahre, ist die Klausel insgesamt unwirksam. Die Mieterin kann also jederzeit mit Drei-Monats-Frist kündigen. Auch das hat der Bundesgerichtshof wiederholt festgestellt.

Es kann auch kürzer sein

Es gibt – ebenfalls laut BGH-Rechtsprechung – auch Fälle, in denen selbst vier Jahre Kündigungsausschluss zu viel sind. Schon 2009 hat der BGH geurteilt, dass zum Beispiel ein zweijähriger Kündigungsausschluss im Mietvertrag eines Studenten unwirksam war. Die obersten Zivilrichter betonten damals das „schutzwürdige Bedürfnis nach einem besonderen Maß an Mobilität und Flexibilität“, das ein Student habe, „um auf Unwägbarkeiten des Studienverlaufs und ausbildungsbedingte Erfordernisse eines Ortswechsels angemessen reagieren zu können“. Demgegenüber hatte der Vermieter kein besonderes Interesse an einer Mindestlaufzeit geltend machen können außer dem allgemeinen Bestreben, die Fluktuation in seinem Haus zu begrenzen. „Ein formularmäßiger Kündigungsverzicht kann unwirksam sein, wenn er den Mieter nach den Umständen entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt“, schrieb damals der BGH (VIII ZR 307/08).

Man kann trefflich darüber spekulieren, wie der BGH wohl Doris Fallers Fall entscheiden würde, wenn er müsste. Wenn man einen Studenten nicht zwei Jahre lang hindern darf, den Studienort zu wechseln, darf man dann eine 22-jährige Frau vier Jahre lang daran hindern, ein Kind zu bekommen?


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