Die neue Koalition, die Bochum nach der Kommunalwahl regiert, ist die alte: Zwar verlor die SPD satte 5 % Stimmanteile, aber die Grünen gewannen fast 10 dazu, so dass die Mehrheit noch komfortabler ist als in den vergangenen 20 Jahren. Da beide Parteien schon im Wahlkampf einen gemeinsamen OB-Kandidaten präsentiert hatten, war eine Einigung schnell erzielt. Schon Ende Oktober war der Koalitionsvertrag fertig. Mieterforum hat sich angesehen, was darin übers Wohnen steht.
„Die ausreichende Versorgung der Bochumer*innen mit Wohnraum sehen wir als zentrale Aufgabe unserer Politik. Ein entspannter Wohnungsmarkt, auf dem alle – entsprechend ihrer finanziellen Möglichkeiten und ihrer Lebenssituation – den für sie geeigneten Wohnraum finden, ist für uns Kernpunkt einer sozialen Stadt.“
Mit diesen Worten beginnt das Kapitel „Wohnen und Quartiere“ im Koalitionsvertrag zwischen SPD und B90/Die Grünen für die Jahre 2020 bis 2025. Auch auf den folgenden 2 Seiten finden sich etliche Punkte, die zeigen, dass sich die vielen Gespräche, die der Mieterverein vor der Wahl mit den Parteien geführt hat, gelohnt haben:
Die Überarbeitung des 2017 beschlossenen „Handlungskonzepts Wohnen“ soll schnellstmöglich beginnen und bis 2022 abgeschlossen sein. Wichtigster Punkt ist die Überprüfung, ob an den Wohnungsbauzielen (800 Wohnungen jährlich) angesichts neuester Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung festgehalten werden soll.
Dabei soll auch eine Erhöhung der Sozialwohnungsquote (derzeit 20 – 30 %) geprüft werden. Außerdem will die Koalition für mehr geförderten Wohnungsbau sowie mehr genossenschaftliche und gemeinwohlorientierte Projekte sorgen.
In Zusammenhang mit der Evaluierung des Handlungskonzepts soll auch der Erlass einer Zweckentfremdungssatzung noch einmal geprüft werden.
Neue Wohnungsbauvorhaben sollen in erster Linie auf bereits vorgenutzten Flächen umgesetzt werden. Innenentwicklungsmaßnahmen wie dichtere Bebauung, Schließung von Baulücken und Aufstocken von Gebäuden haben Priorität.
Die Schaffung von Wohnraum durch Erbbaurechte soll verstärkt werden.
Mehr Bürgerbeteiligung im Planungsbereich soll durch eine öffentliche „Vorhabenliste“ und ein mehrmals im Jahr stattfindendes „Akteursforum“ etabliert werden.
Der Appolonia-Pfaus-Park hinterm Rathaus soll in gleicher Größe erhalten bleiben, für das benachbarte Gebäude der Musikschule eine gemeinwohlorientierte Lösung gefunden werden.
Wir können nicht alles beurteilen, aber die Kapitel im rot-grünen Koalitionsvertrag, die sich mit Bauen und Wohnen befassen, zeigen deutlich, dass sich die Gewichte in der Koalition in Richtung grün verschoben haben. Während bei der SPD in der Vergangenheit die Zeichen auf „bauen, bauen, bauen“ standen, setzten die Grünen auf Vorrang für Bestandspolitik und behutsamen Umgang mit Freiflächen. Das findet sich an zahlreichen Stellen in dem Papier wieder. Dass Vieles dabei sehr vage formuliert ist („wir wollen prüfen“), sollte nicht irritieren: Das ist bei solchen Vereinbarungen immer so.
Spannend aber ist die Frage, wie ein Baudezernent, der wiederholt Bestandspolitik als „Häuserkampf“ deklariert hat, der viel Kraft koste, aber wenig einbringe, mit den neuen Schwerpunkten klar kommt. Markus Bradtke steht 2022 zur Wiederwahl an.
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