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6. September 2021 (Aus den Städten)

Bebauungsdichte im neuen Mietspiegel: Aufgelockert in Bärendorf?

Ein Vierteljahr nach Inkrafttreten des neuen Mietspiegels liegen erste Erfahrungen mit Mieterhöhungen vor, die mit ihm begründet werden. Und wie immer kommt es dabei zu Interpretationen, die man durchaus als eigenwillig bezeichnen kann. Besonders eigenwillig ist das, was die Vonovia unter „aufgelockerter Bebauung“ versteht.

Weitmarer Straße, Bärendorfer Straße, Kaulbachstraße, Knoopstraße, Lange Malterse – in Weitmar-Bärendorf befindet sich die größte Vonovia-Siedlung in Bochum. Sie ist geprägt von viergeschossigen, langen Wohnblocks mit drei Eingängen, gut 50 Meter Front zur Straße. Zwischendurch stehen auch mal Häuser mit nur zwei Geschossen und zwei Eingängen. Aber es gibt auch Gebäude, die die Mieter hier „Hochhäuser“ nennen, mit fünf bis sieben Geschossen. Dazwischen finden sich allerdings oft größere Rasenflächen und einiges an Baumbestand.

Rund 1.500 Wohnungen besitzt Vonovia hier, und gleich im Mai hat sie angefangen, die nach Inkrafttreten des neuen Mietspiegels fälligen „Mietanpassungen“ vorzunehmen. Das Thema „Wohnlage“ wird in diesem neuen Mietspiegel anders behandelt als bisher. Das Bochumer Stadtgebiet ist unterteilt in 17 Wohngebiete, die jeweils ihren eigenen Preis haben. Andere Kriterien wie Infrastruktur, Verkehrsverbindungen oder Grünflächenversorgung haben sich als nicht preisbildend entpuppt. Einzige Ausnahme: die Bebauungsdichte. „Aufgelockerte Bebauung“ bringt einen Zuschlag von 25 Cent. Und Vonovia scheint wild entschlossen, diesen Zuschlag in Weitmar-Bärendorf durchzusetzen.

Beim Mieterverein sind etliche Mieterinnen und Mieter aus Weitmar-Bärendorf vorstellig geworden, die Mieterhöhungsverlangen bekommen haben, in denen die ortsübliche Vergleichsmiete anhand des Mietspiegels ausgerechnet wird, wobei in jedem Einzelfall der Zuschlag für „aufgelockerte Bebauung“ verlangt wird. Eine von ihnen ist Angelika Ziegler. Sie wohnt in der Weitmarer Straße 123, einem dieser hier typischen Viergeschosser mit drei Eingängen: „Gegen eine normale Mieterhöhung habe ich nichts, aber das hier als ‚aufgelockerte Bebauung‘ zu bezeichnen, ist ein Witz!“ Vor elf Jahren ist sie für 400 Euro Miete hier eingezogen, jetzt ist sie bei fast 500. „Ich schaue direkt auf das Hochhaus an der Bärendorfer Straße. Auf dem ehemaligen Garagenhof wird ein weiteres Hochhaus gebaut und weitere Häuser werden aufgestockt. Früher hatte ich Rasen vor der Tür, jetzt eine Blechlawine.“

Marian Totzek ist der für Weitmar-Bärendorf zuständige Rechtsberater beim Mieterverein. Er sagt: „Nach der Definition des Mietspiegels bedeutet ‚aufgelockerte Bebauung‘ maximal drei Geschosse und Abstandsflächen zwischen den Häusern. Es kommt auch nicht nur auf das einzelne Gebäude an, sondern auch auf das, was in der Umgebung überwiegt. Unter diesen Umständen hier von ‚aufgelockert‘ zu sprechen, erscheint mir sehr gewagt.“

Marian Totzek hat bereits etlichen Mieterhöhungsverlangen im Namen der Mieter widersprochen, doch Vonovia gibt nicht nach. Ein Zuschlag von 25 Cent in 1.500 Wohnungen bei durchschnittlich 70 qm Wohnfläche addiert sich auf über 300.000 € im Jahr. Dafür lohnt der Einsatz. Gut möglich, dass erst die Gerichte das Streitthema beenden werden.

Bis dahin rät der Mieterverein allen Betroffenen, keinen Mieterhöhungsverlangen zuzustimmen, die den Zuschlag „aufgelockerte Bebauung“ enthalten. Kommen Sie zur Beratung!


>>> Rechtsberatung für Mieterinnen und Mieter
 

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