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28. September 2006 (Weitere Initiativen und Bündnisse)

Welt-Habitat-Tag: Spekulation mit Immobilien bedroht Wohnrechte weltweit

Internationale Mieter-Konferenz in London berät über REITs- und Privatisierungsfolgen - Aus Anlass des UN-Welt-Habitat-Tages am Montag, 2. Oktober, warnen Mieterforum Ruhr, das Forschungsnetzwerk INURA-Ruhr und die Habitat International Coalition (HIC) vor den Folgen einer weiteren Privatisierung und Globalisierung der Wohnungswirtschaft. Bei einer Konferenz von Mieterorganisationen und sozialen Bewegungen in London werden Gegenstrategien beraten. In Deutschland und Großbritannien werden u.a. negative Konsequenzen der Zulassung nationaler Real Estate Investment Trusts befürchtet.

"Zur Zeit bildet Deutschland einen Schwerpunkt der weltweiten Wohnungsprivatisierungen und des Verkaufs an internationale Finanzanleger", berichtet Knut Unger vom Mieterforum Ruhr, zugleich stellvertretendes Vorstandsmitglied der internationalen Wohnrechts-Organisation Habitat International Coalition. (HIC) „Der Trend zur rapiden finanzwirtschaftlichen Globalisierung der Wohnungs- und Bodenmärkte gilt aber international und hat überall negative Auswirkungen auf die Wohnungsversorgung der ärmeren Bevölkerungsschichten“, fügt Dr. Sebastian Müller, ein Dortmunder Wohnungswirtschaftsforscher im Forschungsnetzwerk INURA, hinzu.
Diese Woche legte Finanzminister Steinbrück einen Entwurf für die Zulassung von deutschen Real Estate Investment Trusts (REITs) vor. Als Folge der Zulassung dieser steuerbegünstigten Börsengesellschaften befürchten die deutschen Mieterorganisationen einen flächendeckenden Ausverkauf der 3 Millionen Wohnungen, die sich noch im öffentlichen Besitz befinden.
Nach Angaben von Unger haben REITs in den USA und Kanada zu massiven Mietervertreibungen und exorbitanten Mieterhöhungen geführt. So wurden in Kalifornien knapp 800 Mieter in dem Wohnkomplex Lincoln-Place (Venice, bei Los Angeles) durch den großen US-REIT AIMCO aus ihren Wohnungen vertreiben, weil AIMCO die erhaltenswerte Sozial-Siedlung abreißen und durch teure Eigentumswohnungen ersetzen will. Die letzten Bewohner – Alte und Behinderte – sollen in diesen Wochen geräumt werden. Ähnliche Bereichte gibt es etlichen anderen Städten der USA. Auch in Kanada gehört die Umwandlung in teure Eigentumswohnungen zu den Handlungsschwerpunkten von REITs. In REITs-Komplexen in Toronto wurden Mieterhöhungen belegt, die zum Teil das Vierfache der durchschnittlichen Mietsteigerungen betrugen.
Auch in Honkong befürchten Mieter massive Steigerungen der Mieten für Wohnungen und kleine Geschäfte nachdem öffentliche Immobilien an den Link-REIT veräußert wurden.
In Großbritannien befürchten Mieter, dass nach der geplanten REITs-Zulassung zum 1. Januar vor allem die "Housing Associations" unter Verwertungsdruck geraten. Richard Lee, ein Aktivist der Mieterorganisation WLondon Tenants Federation": "Es ist bereits offensichtlich, dass die Britischen REITs zu einer weiteren Kommerzialisierung des sozialen Wohnens führen werden. Wohnungsbaugesellschaften planen bereits, sich in REITs zu verwandeln. Wir befürchten, dass dies langfristig zu höheren Mieten und weniger Mietermitbestimmung führt. Bei der Londoner Konferenz werden wir diskutieren, was wir gemeinsam mit unseren deutschen und internationalen Freunden tun können."
"Wohnungspolitik darf nicht von der Konkurrenz der Börsenstandorte abhängen", erläutert Knut Unger vom Mieterforum Ruhr die Zielsetzung der Konferenz. "Auch weil wir immer mehr internationale Vermietungsgesellschaften bekommen."
Unger verweist auf die Deutsche Annington, eine Tochter der britischen Fondsgesellschaft TerraFirma, die nach spektakulären Aufkäufen mittlerweile der größte Vermieter in Deutschland ist. TerraFirma, die ihren Sitz in London hat, betreibt auch in England Wohnungsprivatisierungen und gehört zu den Hauptbietern für den Wasserkonzern Thames Water. Die von Maggie Thatcher privatisierte Wasserversorgung im Großraum London war von RWE übernommen worden und wird jetzt von dem deutschen Energiereisen zum Verkauf angeboten.
"Die zunehmende Bedeutung der Fondsgesellschaften bei Firmenaufkäufen und Übernahmeschlachten ist unübersehbar. Jetzt dringen sie auch in öffentliche Unternehmen und Wohnungsbaugesellschaften ein, um sie auf internationale Märkte zu bringen und ihre beträchtlichen Rücklagen zu plündern", sagt Dr. Sebastian Müller.
Der Welt-Habitat-Tag wird jährlich vom UN-Siedlungsprogramm UN Habitat ausgerichtet. Das international Netzwerk Habitat International Coalition hat aus diesem Anlass zu weltweiten Aktionen unter dem Motto "Stoppt die Zwangsräumungen! Stoppt Privatisierung und Spekulation" aufgerufen.
"Unser Beitrag zu diesen Aktionen ist vor allem die Volksinitiative sichere Wohnungen und Arbeitsplätze", sagt Knut Unger. "Hier zeigen die Mieter in NRW beispielhaft, dass sie nicht zum Freiwild internationaler Renditejäger werden wollen."

Pressekonferenz in London:
Saturday 30 September at 1.00 p.m. at Friends Meeting House, Euston Road, near Euston station, WC1.


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