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13. Juni 2008 (Bundespolitik)

Hartzer raus aus der City?

Nicht alle sind mit dem neuen Mietspiegel für Bochum glücklich. Das ist auch kein Wunder, schließlich weist er in Teilbereichen sinkende, in anderen dagegen steigende Mieten aus. Ein besonderes Problem ergibt sich dagegen für Empfänger von Arbeitslosengeld II: Sie könnten mittelfristig aus dem gesamten Innenstadtbereich vertrieben werden.

Ursache ist die völlig neue Definition der Wohnlagen. In früheren Mietspiegeln wurde zwischen "einfacher", "mittlerer", "guter" und "sehr guter" Wohnlage unterschieden, später nur noch zwischen "normaler" und "gehobener", weil die anderen zu selten waren. Ihnen allen war eines gemeinsam: Sie waren über das ganze Stadtgebiet verstreut.

Der Neue Mietspiegel unterscheidet dagegen zwischen bestimmten Stadtgebiets-Typen, zum Beispiel "Innenstadt", "Stadtteilzentrum", "Wohnsiedlung" oder "Randgebiet". Die Mietpreistabelle weist die Werte für "Wohnsiedlung" aus, für die innenstadtnahen Gebiete gibt es Zu-, für die anderen Abschläge.

Das Problem für Hartz-IV-Abhängige: Bei der Prüfung, ob die Kosten der Unterkunft angemessen sind, berücksichtigt die ARGE keine Zu- oder Abschläge. Gemäß den Richtlinien, die der Sozialausschuss verabschiedet hat, gelten als angemessen die Werte der Baualtersklasse 1950 bis 1969 so, wie sie in der Tabelle stehen.

Früher hieß das: Wenn ein Hartz-IV-Bezieher in gehobener Wohnlage wohnte und die Miete nach dem Mietspiegel gebildet war, wohnte er zu teuer. Bitter für den Betroffenen. Aber die soziale Mischung in den Stadtteilen war dadurch nicht unbedingt gefährdet. Denn eine normale Wohnlage war in der Regel nur wenige 100 Meter entfernt.
Nun aber ist alles, was "innenstadtnah" ist, zu teuer. Nach der bisherigen Rechtsprechung der Bochumer Gerichte bedeutet "nah": Zu Fuß in maximal 15 Minuten erreichbar. Setzt sich dies fort, würde das bedeuten, dass ein Gürtel in ungefähr 1 km Breite um den Cityring als innenstadtnah zu gelten hat – und das Gebiet innerhalb natürlich erst recht.

Der Mieterverein hat ermittelt, dass in diesem Gebiet 20 Prozent aller Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften wohnen – das sind 5000 Haushalte. Wenn die alle umziehen müssten – das wäre ein gewaltiger Exodus.

Doch so schlimm wird es natürlich nicht kommen. Denn es gibt ja die "Wirtschaftlichkeitsgrenze": Wessen Miete weniger als 50 Euro zu teuer ist, bekommt keine Probleme. Und der Zuschlag für innenstadtnahe Wohnlage beträgt ja nur 20 Cent pro qm. Das sind 9 Euro für 45 qm. Schwierigkeiten werden also nur die Haushalte bekommen, deren Miete bisher schon nahe an der Wirtschaftlichkeitsgrenze lag.

Deren Zahl lässt sich nicht beziffern. Der Mieterverein hat sich jedenfalls an die Sozialverwaltung gewandt. Sein Ziel ist, dass unterschiedliche Wohnlagen bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen berücksichtigt werden – genauso wie früher unterschiedliche Wohnungsgrößen. Schließlich würde die Stadt dabei bei den Wohnlagen mit Abschlag auch Geld sparen.


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