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27. Oktober 2009 (Bundespolitik)

Vermieter und Investoren feiern Politikwende gegen die Mieter

Umwandler spekulieren auf Verunsicherungen und Eigentumsanreize - Die Verbände der Hauseigentümer und Immobilienunternehmen haben den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP ausdrücklich begrüßt. Die beabsichtigten Verschlechterungen des Mieterschutzes treffen auf breite Zustimmung. Die geplanten Steuerbegünstigungen gehen den Verbänden jedoch nicht weit genug.Der die Interessen des Massenwohnungsbaus vertretende GdW vermisst außerdem Zusagen zur Wohnraumförderung. In der Branche der Finanzinvestoren und Umwandler wird die durch die Bundespolitik verursachte Verunsicherung der Mieter bereits als Kaufanreiz für Mieterprivatisierungen gefeiert.

Haus & Grund, der Verband der privaten Vermieter, freut sich besonders darüber, dass die Mieter bei energetischen Sanierungsmaßnahmen zukünftig noch weiter entrechtet werden sollen. "Für die Beseitigung dieser Hürde im Bemühen um einen effektiven Klimaschutz haben wir lange gekämpft", sagte Verbandspräsident Kornemann. Zugleich begrüßte er die von Schwarz-Gelb geplante Überprüfung des geltenden Energie- und Klimaprogramms.

Natürlich trifft bei Haus & Grund auch "die Beseitigung unterschiedlicher Kündigungsfristen für Mieter und Vermieter" auf Zustimmung. Ebenso "die Absicht der neuen Koalition, Unterkunftsleistungen für Hartz-IV-Empfänger unmittelbar dem Vermieter zukommen zu lassen". Auch der Vorsatz der Regierung, "Räumungen gegen Mietnomaden, die existenzbedrohende Schäden anrichteten" künftig zu vereinfachen, wird bei den Vermietern mit Freude aufgenommen. Besonderen Nachdruck legt Haus & Grund aber auch auf die zügige Reform der Erbschaftsteuer.

Der Immobilienverband IVD und der GdW, Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, haben sich in Sachen Mietrechtsverschlechterungen und Hartz IV-Direktzahlung ebenfalls zustimmend geäußert. Der GdW betont dabei die beabsichtigte Erleichterung des Energie-Contractings. Beide Verbände begrüßen zudem den geplanten verbesserten Schutz von Immobilienschuldnern gegen den Kredithandel.

Bei GdW und IVD werden auch geplante Steuererleichterungen zu Gunsten der Wohnungsunternehmen positiv gewürdigt. Sie fordern aber mehr. Der IVD erwartet, dass die degressive Steuerabschreibung Afa für den Mietwohnungsneubau wieder eingeführt wird, "auch wenn ein solcher Passus im Koalitionsvertrag fehlt". Der GdW vermisst auch einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz für Modernisierungen.

Unzufriedenheit äußerte der Massenwohnungsbauverband GdW wegen der fehlende Festlegungen zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus. Dafür lobt er, dass die Altschuldenproblematik ostdeutscher Wohnungsunternehmen im Koalitionsvertrag Erwähnung findet.

Aus der Branche der finanzmarkgetriebenen Immobilienwirtschaft zeigte sich der Chef des Investors "conwert" beglückt über die neuen Geschäftsperspektiven, die sich aus dem Koalitionsvertrag für Wohnungsprivatisierer ergeben. Bei Einzelmieterprivatisierung werde sein Unternehmen den geplanten verbesserten Schutz selbstgenutzter Wohnimmobilien vor "Hartz IV" betonen, sagte convert-Direktor Kelber im "property magazin".
Die geplanten Verschlechterungen des Mieterschutzes oder auch die Einführung von Wohnungs-REITs hätten für Kapitalanleger zwei Wirkungen: Zum einen ließen sich ihre "Rechte" einfacher gegen die Mieter durchsetzen. Zum anderen führe die "Verunsicherung der Mieter" zu einer "stark erhöhten Bereitschaft, im Rahmen der Einzelwohnungsprivatisierung über den Erwerb von Wohneigentum nachzudenken".

Wie zu erwarten war, hat die neue Regierung das Immobilienkapital – vom Kleinvermieter bis zum Finanzinvestor – grundsätzlich auf ihrer Seite. Mit vergleichsweise relativ wenig Änderungen und vielen halbgaren Ankündigungen ist ihr im Ansatz gelungen, die verschiedenen Fraktionen des Immobilienkapitals in ein erneuertes neoliberales Bündnis zu integrieren. Allerdings gibt es auch deutliche Bruchstellen bei Finanzierungsfragen: Während die Träger des Sozialen Wohnungsbau deutlich mehr zweckgebundene direkte Fördermittel fordern, sind für andere generelle steuerliche Erleichterungen im Rahmen von Reformen der Erbschafts- und Unternehmensbesteuerung wichtiger. Was die Kosten anbelangt, ist bislang lediglich klar, dass die Mieter für die neue Eigentumsorientierung, die Modernisierungen sowie steigende Nebenkosten zusätzlich aufkommen sollen.

 


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