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21. März 2007 (Weitere Initiativen und Bündnisse)

Mieter und Internationale Wohnrechtsorganisation fordern: RIGHTs, not REITs!

Recht auf Wohnen statt Recht auf Profit! - Am Freitag, dem 23. März wird der Bundestag in Berlin abschließend über die Zulassung der umstrittenen steuerbefreiten Immobilien AGs, genannt REITs (Real Estate Investment Trusts), entscheiden. Im Vorfeld dieser Entscheidung haben die internationale Wohnrechts-organisation HABITAT INTERNATIONAL COALITION (HIC) und der Zusammenschluss von DMB-Mietervereinen im östlichen Ruhrgebiet, MIETERFORUM RUHR, eine Abkehr von der Förderung der Finanzspekulation im Wohnungs- und Immobiliensektor gefordert.

"Statt noch mehr Freiheit für spekulative Finanzanlagen brauchen wir weltweit eine Politik, die sich an den Menschenrechten auf würdiges Wohnen, Arbeit und Leben orientiert", fordern die Organisationen. "Ein JA zu REITs in Deutschland wäre eine weiterer dramatischer Schritt zur Unterwerfung der Wohnungsmärkte unter die globalisierten Finanzmärkte. Ein NEIN zu REITs in Deutschland wäre dagegen ein Signal dafür, dass sich die Finanzlobby nicht überall ungehindert gegen die soziale Vernunft und die Menschrechts-Verpflichtung der Staaten durchsetzen kann."

Das in den USA entstandene Modell der REITs ist spätestens seit den 90er Jahren durch die konzertierte Lobbyarbeit der globalen Finanzbranche auf über 20 Länder übertragen worden.
Wie die Habitat International Coalition berichtet, liegen aus verschiedenen Ländern dramatische Berichte über die Folgen von REITs im Wohnungssektor vor. Wegen der hohen Gewinnausschüttung und Börsennotierung sind sie gezwungen, Renditen aus den von ihnen kontrollierten Wohnungsbeständen zu erwirtschaften, die mit einer langfristigen und sozialen Bewirtschaftung nicht zu vereinbaren sind. Je nach Marktumfeld, Rechtsrahmen und Spezialisierung der REITs kommt es z.B. in den USA zu einer starken Vernachlässigung der Instandsetzung, zu überdurchschnittlichen Mietsteigerungen, zu ständigen Verkäufen und Fusionen oder zur Vertreibung von Sozialmietern zu Gunsten von teuren Appartements. So kam es in Venice, Kalifornien, zu Zwangsräumungen von langjährigen Sozialmietern, weil der Eigentümer, der große REIT AIMCO, eine denkmalwerte Siedlung für hochverdichtete Appartementblocks abreißen will. In Kanada wurde durch HIC Mitglieder dokumentiert, dass in von REITS übernommenen Mietwohnungskomplexen die Mieten deutlich stärker stiegen als im Durchschnitt. Die außerordentlich liberalen Französischen REITS werden vom hochgradig spekulativen spanischen Immobilienkapital als Steueroase genutzt, ein Modell das inzwischen von der US-Großbank Morgan Stanley auch für die ehemaligen ThyssenKrupp-Wohnungen genutzt wird.

Symbol für die Globalisierung der Wohnungsmärkte
Durch die Aufdeckung derartiger Beispiele, aber auch durch die beschleunigte Einführung von REITs in Großbritannien, Indien, Pakistan, Hongkong und Malaysia in allerletzter Zeit sind REITs zum Symbol für die finanzmarktgetriebene Globalisierung der Wohnungsbestände und Grundstücksmärkte geworden. Sie bilden allerdings nur die Spitze eines Eisberges einer verfehlten und unkontrollierten Investitionsfreiheit.
So haben die von der Weltbank und Geberländern geförderten und geforderten Privatisierungen öffentlicher Unternehmen und Güter in vielen armen Ländern und Stadtgebieten zu verheerenden Konsequenzen u.a. für die Wasserversorgung geführt. Private Wasserversorger müssen aus wirtschaftlichen Gründen auf die Erhebung kostendeckender Gebühren bestehen, die aber von der Armutsbevölkerung nicht getragen werden können. Der erleichterte Zugang internationaler Unternehmen zu liberalisierten Landmärkten ermöglichte diesen die Aneignung früher gemeinschaftliche genutzter Wasser- und Bodenressourcen. Großprojekte in Private-Public-Partnership führen nicht selten zur Verdrängung der einheimischen Bevölkerung. Ein Beispiel ist das Parota-Staudamm-Projekt in Mexiko.
Weltweit ist es in den letzten Jahren zu einer Verschärfung massenhafter Zwangsräumungen gekommen, weil die Selbstbausiedlungen der armen Bevölkerung (schätzungsweise 1 Milliarde Menschen leben in sog. „Slums“) Entwicklungsprojekten, Urban Entertainment-Zonen, Tourismusvierteln oder Fabrikanlagen im Wege standen.
Besonders dramatische Auswirkungen haben unkontrollierte Großinvestitionen in den boomenden Märkten Ostasiens und Indiens. In Indien ist vor allem die Bevölkerung in Freihandelszonen von Vertreibungen betroffen. Ebenso gehören China, Zimbabwe, Nigeria sowie einige weitere asiatische und afrikanische Länder zu den Spitzenreitern menschrechtswidriger Zwangsräumungen.

Spekulation mit Wohnraum einschränken
"Mit einer solchen Politik kann die Armut nicht überwunden, können die Lebensbedingungen der 1 Milliarde Menschen, die heute unter unwürdigen Bedingungen wohnen, nicht verbessert werden", sagt HIC Präsident Enrique Ortiz "Das Gegenteil geschieht: Überall führt der Wettlauf der Staaten um besonders attraktive Bedingungen für die Finanzmärkte zu Abrissen preisgünstiger Wohngebiete, zu Großprojekten gegen die lokale Bevölkerung, zu unbezahlbar hohen Wohnkosten und zu massenhaften Zwangsräumungen immer größeren Ausmaßes."
"Das Wohnen ist ein anerkanntes Menschenrecht. Um es durchzusetzen, brauchen wir politische Regelungen, die die Spekulation mit Immobilien einschränken. Wir brauchen eine Boden- und Wohnungspolitik, die sich an den sozialen Interessen der Menschen orientiert. Der Ausverkauf von Gemeineigentum muss gestoppt werden. Und wir brauchen Rechte, die Menschen wirksam gegen die Folgen der Spekulation schützen."

Deutsche Mieter nicht allein
HIC erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass die Mieter in Deutschland in ihrem Kampf für ein soziales Wohnen nicht allein stehen. Gegen unsoziale Wohnungspolitik, gegenüber skrupellosen Vermietern und Immobilien-Geiern, gegenüber unfähigen Kommunalverwaltungen und Zwangsräumern wehren sich die betroffenen Menschen über all auf der Welt.
Seit dem letzten Jahr demonstrieren immer wieder Zehntausende von Menschen in Spanien gegen die Immobilienspekulation, gegen unbezahlbare Mieten und Mietervertreibung.
In Frankreich hat eine große Solidaritätsbewegung mit den Obdachlosen die Regierung gezwungen, Regelungen für ein einklagbares Recht auf Wohnraum zu schaffen. Aber ohne öffentlichen und sozialen Wohnungsbau, ohne Eingriffe in die Spekulation kann die große Wohnungsnot in Frankreich nicht überwunden werden.
"Frankreich zeigt warum die deutschen Mieter so richtig liegen in ihrem Kampf gegen die Privatisierung der 3 Millionen öffentlichen Wohnungen und z.B. der LEG NRW", sagte Ortiz. "In den industrialisierten Ländern gibt es kein Recht auf Wohnen ohne öffentlichen Wohnungsbau."

(K)ein Thema für Europa?
Die Wohnungspolitik ist nicht zuletzt aufgrund der Bewegungen in Spanien und Frankreich in den letzten Monaten zu einem Europäischen Thema geworden. Aber die deutsche EU Präsidentschaft erwähnt die Wohnungskrise nicht mit einem Wort. "Das ist für uns schwer nachvollziehbar", sagt Ortiz.

Beim G8-Gipfel im Juni soll über mehr weltweite Investitionsfreiheit und Investitionssicherheit geredet werden. HIC und Mieterforum Ruhr fordern: "Die Mieter, die Arbeitnehmer, die Menschen in den Armenvierteln der Welt, die Umwelt brauchen aber nicht noch mehr Freiheit und Privatisierungen für die Finanzinvestoren. Sie brauchen soziale Investitionen und öffentliche Verantwortung für die Umsetzung des Rechts auf Wohnen, Arbeit und Leben."

Aktion vor Annington
Am Freitag, 23. März 2007, 14:30 Uhr findet vor der Hauptverwaltung der Deutschen Annington in Bochum, Paulstraße/Philippstraße (U Bahn Wasserstraße), eine Protestaktionen gegen REITS, Wohnungsprivatisierungen und die internationale Vermietungsmonople statt. Redner (u.a.): Helmut Lierhaus, Mieterforum Ruhr, Volksinitiative Sichere Wohnungen und Arbeitsplätze, Dortmund - Enrique Ortiz, Präsident der Habitat International Coalition, Mexiko-Stadt _ Joseph Schechla, HIC Housing and Landrights Network.


>>> Rechtsberatung für Mieterinnen und Mieter
 

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