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8. März 2008 (Aus den Städten)

Dortmund: Konflikt um Gaspreis

„Die Gaspreise steigen ständig. Irgendwann war bei mir die Schmerzgrenze erreicht, erklärt Hans-Georg Michel. Seit Mitte 2007 hat er sich den „Dortmunder Energierebellen“ angeschlossen.

Was so anarchisch klingt, ist eigentlich ein nüchterner Akt: Michel hat Widerspruch eingelegt und friert seitdem seine Gasrechnung quasi ein. Geforderte Erhöhungen zahlt er nicht. Unter Berufung auf § 315 BGB fordert er den Versorger auf nachzuweisen, dass der Gaspreis „billigem Ermessen” entspricht, also rechtmäßig ist. Und wie reagiert die DEW21? Damit haben die rund 20 Mitglieder der Energierebellen je nach Sachbearbeiter unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Im Fall Michel z.B. wurde am 16. Oktober das Gas abgestellt. Er schaltete einen Anwalt ein und erwirkte eine einstweilige Verfügung. Die DEW21 darf die Versorgung nicht einstellen, wenn die Zahlungen unter Verweis auf § 315 BGB gemindert wurden. Sie hat den Hahn nach drei Tagen wieder aufgedreht. Der Wiederanschluss erfolgte auf ihre Kosten. „Die DEW21 übt Druck auf uns aus. Sie verfährt nach der Salamitaktik und probiert aus, was geht”, fasst Kai Gallasch seine Erfahrungen zusammen. „Sie präsentiert uns auch Scheinzertifikate, die uns die Billigkeit ihrer Preiserhöhungen belegen sollen.”

Transparenz gefordert
Gallasch meint das Testat eines von der DEW21 bestellten Wirtschaftsprüfers, das den Energierebellen zusammen mit einer Zahlungsaufforderung schon im August zugesandt wurde. Es lässt allerdings keinen Einblick in das Berechnungsverfahren des Wirtschaftsprüfers zu. Genau das wollen die Energierebellen aber erreichen. § 315 BGB besagt nämlich: Die Preis-gestaltung muss nach billigem Ermessen erfolgen. Das heißt, ein Versorger, der einseitig die Preise bestimmen darf, ist im Gegenzug verpflichtet, dem Kunden den Gaspreis und Erhöhungen nachvollziehbar zu begründen.

Unter Vorbehalt
zahlen oder einfrieren?
Wer bei Energiepreiserhöhungen widerspricht, hat zwei Möglichkeiten: Entweder er zahlt die Erhöhung unter Vorbehalt oder nur den alten Preis und kappt die Erhöhung. Wer unter Vorbehalt zahlt, muss notfalls klagen, um das Geld vom Versorger einzufordern. Ansonsten verjähren seine Ansprüche nach drei Jahren. Wer den Preis einfriert, muss umgekehrt damit rechnen, dass der Versorger ihn zunächst mahnt und möglicherweise auf Zahlung verklagt. Beide Varianten sind mit Risiken behaftet.

Drohgebärden
Die ersten Mahnbescheide wurden im November zugestellt. „Wir lassen uns nicht verunsichern, wir haben alle Widerspruch eingelegt.” Die nächste Verfahrensinstanz ist das Landgericht Dortmund. Hier muss die DEW21 Klage erheben. Das hat sie inzwischen in einem Fall getan. Am 16. Januar flatterte dem Betroffenen die Klageschrift in den Briefkasten. Andere wurden aufgefordert, angesichts des Musterprozesses ihre eingefrorenen Zahlungen zurückzunehmen und unter Vorbehalt zu zahlen. Die Energierebellen bleiben hartnäckig. Gallasch: „Wir hoffen darauf, dass die DEW21 bei einem gerichtlichen Verfahren gezwungen wird, ihre Kalkulationen offen zu legen und die Billigkeit ihrer Gaspreise nachzuweisen.“ Dafür müsste der Richter den Energierebellen Recht geben und ein vom Gericht bestellter Gutachter die Berechnungen prüfen.


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