Eine neue Wendung erfuhr der Streit um die Bäume im Malerviertel Ende Juli: Nach einem Fachgutachten, dass der gemeinnützige Grünflächenverein Pro Grün e. V. in Auftrag gegeben und der Mieterverein mit bezahlt hat, sind die Bäume, die die Baugenossenschaft Bochum eG fällen möchte, gesund, stand- und bruchsicher.
Bereits im März waren erste Zweifel an den Fällgenehmigungen der Stadt aufgekommen, als Mieter entdeckten, dass ganze Passagen der Vorlage der Verwaltung für den Umweltausschuss aus dem Internet kopiert waren. Im Mai musste das städtische Umwelt- und Grünflächenamt einräumen, dass die Standfestigkeit der Bäume gar nicht gemessen worden war, bevor die Fällgenehmigung wegen Krankheit erteilt wurde, sondern lediglich aus äußeren Anzeichen auf die Bruchgefahr geschlossen wurde.
Daraufhin wandten sich die Mieter erneut an Pro Grün e.V., der die renommierte Fachagrarwirtin für Baumpflege und Baumsanierung Elke Neuendorff aus Lüdenscheid mit einem unabhängigen Gutachten beauftragte. Das Ergebnis ist eine schallende Ohrfeige für die Stadt. Für alle drei geschützten Bäume bescheinigt die Fachfrau: "Zum Zeitpunkt der Untersuchung ist der Baum stand- und bruchsicher. Es sind keine Maßnahmen zum Erhalt des Baumes notwendig."
Noch deutlicher: Die Vitalität der Bäume nach dem Verfahren von Roloff wurde bei der Kastanie in die höchste, bei der Kirsche und der Zierkirsche in die zweithöchste Stufe eingeordnet. Alle Schäden, die die Bäume mal gehabt haben, seien gut verheilt, Totholz kaum vorhanden.
Die Gutachten versetzten die Stadtverwaltung in eine Art Schockstarre. Den gesamten Sommer über gab es keine Stellungnahme aus dem Rathaus, auch gegenüber der Tagespresse nicht. Erst einen Monat später - die Mieter hatten sich inzwischen an den Beschwerdeausschuss der Stadt, die Bezirksregierung in Arnsberg und den Petitionsausschuss des Landtags gewandt – kam die Verwaltung aus der Deckung - mit einem trotzigen „Augen zu und durch“: Keinen Fehler habe sie gemacht, die Fällgenehmigungen seien völlig korrekt, vielmehr die Gutachten fehlerhaft, der Totholzanteil liege bei bis zu 80 Prozent. Dem Ansinnen der Mieter, die Fällgenehmigungen zurück zu nehmen, dürfe deshalb nicht entsprochen werden.
Das vorerst letzte Wort hatte also der Beschwerdeausschuss.
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