Erst in den 90er Jahren waren von der Wohnungsbaugenossenschaft "Schwelmer & Soziale" Sozialwohnungen an der Gevelsberger Straße und der Steinklippe in Haßlinghausen errichtet worden. Zumeist als Sozialwohnungen. Anfang 2011 wurden 84 Wohnungen an den Immobilien-Händler Lohbeck verkauft. Von den Verkaufsplänen waren die Mieter und Mitglieder der Genossenschaft vorab nicht informiert worden. Auch besondere Schutzregelungen für die "verkauften Miete" hatte die Genossenschaft nicht getroffen.
Die empörten Mieter alarmierten die Medien und gründeten mit Hilfe des MieterInnenvereins Witten bald einen Mieterbeirat. Der verlangte Aufklärung über die Hintergründe des Verkaufs, möglichst Nachbesserungen in den Kaufverträgen und einen Ausgleich für den Verlust. Doch der Genossenschaftsvorstand stellte auf stur.
Da weitere Verkäufe zu befürchten waren, forderte der Mieterbeirat von der Vertreterversammlung Satzungsänderungen, die dafür sorgen sollten, dass vom Vorstand geplante Verkäufe in den Genossenschaftsgremien und mit den betroffenen Mietern diskutiert werden. Diese Anträge wurden gar nicht erst zur Beratung in der Vertreterversammlung zugelassen. Immerhin ließ der Vorstand die geforderte Satzungsänderung rechtlich prüfen. Das Ergebnis: Die Rechtsexpertin des Verbandes der Wohnungswirtschaft (VdW), riet der Genossenschaft, keine Demokratisierung der Satzung zuzulassen, da dies den wirtschaftlichen Spielraum des Vorstandes beeinträchtigen könne.
Der Käufer der Wohnungen, Rolf Lohbeck, hatte 2010 die bedrohte Schwelmer Brauerei übernommen. Trotz der großen Opferbereitschaft der Belegschaft, war die Rettung jedoch gescheitert. Die Markenrechte am Bier und die Immobilien der Brauerei hatte Lohbeck rechtzeitig in eine eigene Firma ausgelagert. Statt das lokale Bier und Arbeitsplätze zu sichern, hatte Lohbeck am Ende sein Immobilienimperium, das auch noch aus Seniorenwohnungen und Hotels besteht, ausgebaut. Während die Belegschaft noch um die Rettung der letzten Brauerei zwischen Wupper und Ruhr rangen, investierte Lohbeck bereits in die 84 Wohnungen der Genossenschaft ein paar Kilometer weiter den Berg hinauf.
Die Wohnungsverwaltung an Gevelsberger Straße und Steinklippe hat sich nach dem Eigentümerwechsel sehr verschlechtert. Trotz diverser Versrechnungen reagiert die Wohnungsverwaltung kaum auf Mängelanzeigen. Die ersten Mieter haben die Siedlung verlassen.
Im Ennepe-Ruhr-Kreis war dies der zweite große Verkauf von Genossenschaftswohnungen innerhalb weniger Jahre. Zuvor hatte die Hattinger Wohnstättengenossenschaft (HWG) hunderte Wohnungen in Witten und Sprockhövel an eine private Kapitalanalege-Firma veräußert.
Diese Beispiele zeigen: Auf die Werbeaussagen, dass bei Wohnungsgenossenschaften das Wohnen sicher sei, ist im Zweifel kein Verlass. Auch demokratische Mitbestimmung ist für Genossenschaften weder vorgeschrieben noch einklagbar. Natürlich gibt es auch etliche gute, demokratische und soziale Genossenschaften. Aber gute Privatvermieter gibt es auch.
Eine grundsätzliche Alternative zur profitorientierten Wohnungswirtschaft können die Wohnungsgenossenschaften erst dann (wieder) werden, wenn sie gesetzlich zu mehr Demokratie und Gemeinnützigkeit verpflichtet werden! Verkäufe über die Köpfe der betroffenen Genossenschafts-Mitglieder hinweg darf es nicht geben!
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