Die Aktionäre des größten Deutschen Wohnungsunternehmens Vonovia S.E. haben heute in Düsseldorf mit rund 78 % der Stimmrechtsanteile (erforderlich war eine ¾ Mehrheit) grünes Licht für die Übernahme des zweitgrößten Wohnungsunternehmens Deutsche Wohnen AG (DeuWo) gegeben. Mieterforum Ruhr befürchtet, dass sich der aggressive Wachstumskurs der Vonovia nachteilig auf die soziale Wohnungsversorgung auswirkt.
Wie Vonovia-CEO Rolf Buch heute bei der außerordentlichen Hauptversammlung in Düsseldorf auf Nachfrage erklärte, sollte die Übernahme der LEG NRW durch die Deutsche Wohnen AG deshalb verhindert werden, weil es sonst zu Bietergefechten um den Aufkauf weiterer Wohnungsbestände gekommen wäre. Auch nach der erfolgreichen Verhinderung der Entwicklung eines etwa gleich starken Konkurrenten sei die Übernahme der DeuWo für die Aktionäre außerordentlich attraktiv. Für Mieterforum Ruhr muss dies jedoch nicht heißen, dass diese Entwicklung auch für die Mieter attraktiv und für die soziale Wohnungsversorgung gut ist.
„Industrielle“ Modernisierung als Gewinntreiber
Um Einsparungen zu erzielen und die Gewinne zu steigern, ist unter anderem die vollständige Übertragung der bei der Vonovia entwickelten „industriellen Modernisierung“ auf die DeuWo-Bestände geplant. Mit standardisierten Prozessen, Materialien und Produkten sollen dabei die Kosten für Wärmedämmungen, Balkonsanierungen oder Fahrstuhleinbauten gesenkt werden. Um das ansässige Handwerk zu umgehen, setzt Vonovia auf den direkten Einkauf von Vorprodukten aus dem Ausland und auf die Ausführung der Bauarbeiten durch die eigene Handwerker-Tochter TGS. Diese Gesellschaft ist nicht tarifgebunden und erwirtschaftet zunehmend Gewinne für die Konzernmutter. Nach der Übernahme soll die TGS auf die Bestände der DeuWo ausgedehnt werden. Mieterforum Ruhr erwartet: Auch die vielen Mieter der DeuWo in Berlin kommen dann in den zweifelhaften Genuss „industriell“ geplanter Massenmodernisierungen, die mit zusätzlichen starken Mieterhöhungen verbunden sind
LEG als Reste-Rampe der Vonovia ?
Während die Vonovia mit dem DeuWo-Deal vermehrt auf Berlin setzt, werden die Bestände in NRW stärker auf den Prüfstand gestellt. Die LEG hatte kürzlich knapp 14.000 Wohnungen mit geringerem Standard von der Vonovia erworben. Buch erklärte auf Nachfrage, die LEG sei im Gegensatz zur angedachten Fusion mit der DeuWo als eigenständiges Unternehmen von großer Bedeutung, um Bestände von Vonovia anzukaufen. Mieterforum Ruhr befürchtet, dass die LEG zur Reste-Rampe der Vonovia wird, während diese selbst auf ein höherwertiges Segment setzt.
Konflikte um Nachverdichtungen befürchtet
Anders als in der Vergangenheit setzt die Vonovia in Zukunft vermehrt auf „Neubau“. Einige hundert Wohnungen sollen durch Aufstockung und Nachverdichtung geschaffen werden, also durch die Intensivierung der Verwertung des bestehenden Grundbesitzes. Mieterforum Ruhr befürchtet, dass dadurch u.a. Mietergärten beseitigt werden und rechnet mit erheblichen Umsetzungskonflikten.
Kritik an Betriebskosten
Zu großer Unzufriedenheit bei den Mieterorganisationen führen auch die nach wie vor intransparenten Nebenkostenabrechnungen der Vonovia. Es würden immer wieder neue Nebenkostenarten eingeführt, die keine Serviceverbesserung für die Mieter brächten, wie z.B. Baumerfassungen. Abgerechnete Leistungen wie z.B. Müllmanagement würden nach Beobachtung der Mieter in Wirklichkeit zum Teil gar nicht erbracht.
Vonovia will Verbesserungen im sozialen Mietrecht abwehren
Mieterforum Ruhr befürchtet, dass Vonovia seine wachsende Macht nicht nur zur Durchsetzung von mieterhöhungswirksamen Standard-Modernisierungen zu Dumping-Löhnen nutzt. Auch politisch nimmt der Einfluss der Immobiien AG zu. Vonovia-CEO Buch wandte sich deutlich gegen Überlegungen in der Bundesregierung, die neu vereinbarten oder erhöhten Mieten der letzten zehn Jahre in die Mietspeigel-Erhebungen einzubeziehen. Bisher sind es 4 Jahre, was dazu führt, dass nur die kürzlich erhöhten Mieten abgebildet werden und die Mietspiegel automatisch Erhöhungen begründen. Buch meint durch die Erweiterung der Daten-Grundlage werde der Mietspiegel „ad absurdum“ geführt. In der Tat müsste er bei einer Absenkung der Mietspiegel mit einer Abwertung des Vonovia-Anlagevermögens rechnen, in das die Mieterhöhungserwartungen der nächsten Jahre einberechnet werden.
Umgehung der Grunderwerbssteuer
Keine Probleme hat Buch dagegen mit den fehlenden Plänen der Bundesregierung zur Ausdehnung der Grunderwerbssteuer auf Share Deals. Bei der Übernahme der DeuWo wird wieder keine Grunderwerbssteuer bezahlt werden. J.P Morgan Securities wird leicht über 5 % der Gesellschafteranteile übernehmen, wofür dieser Finanzinvestor eine Vergütung erhält. Damit ist die Bedingung erfüllt, dass Vonovia nicht mehr als 94,9 % der DeuWo Aktien erwirbt. Würde die Beteiligung höher ausfallen, würde nach Angaben der Vonovia ein mittlerer dreistelliger Millionenbetrag an den Staat fällig. Mieterforum Ruhr fordert, dass die Bundesregierung diese nicht zu rechtfertigende Subvention des Wohnungshandels im großen Stil endlich beendet.
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