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15. Dezember 2018 (Bundespolitik)

Über drei Instanzen: Mieterschutz hält vor Gericht

Man kann darüber spekulieren, ob der Bundesgerichtshof etwas tun wollte, um sein ramponiertes Ansehen in Sachen Mieterschutz aufzupolieren. Jedenfalls hat er die Urteilsverkündung im Fall eines Bochumer Mieterpaares, den trotz lebenslangem Wohnrecht gekündigt worden war, groß angekündigt. Und so waren etliche Fernsehkameras am 14. November auf den Ortsteil Gerthe gerichtet, in dem das Ehepaar Donner wohnt – und nun auch endgültig bleiben darf.

Sechs Jahre ist es her, dass die Stadt Bochum mehrere Häuser in Bochum Gerthe privatisiert hat, die sie selbst 1993 vom Eschweiler Bergwerks-Verein für den symbolischen Preis von 1 DM übernommen hatte. Um zu verhindern, dass die Käufer den Mietern wegen Eigenbedarfs oder Hinderung wirtschaftlicher Verwertung kündigen, wurden dabei Wohnrechte in den Kaufverträgen vereinbart: Zehn Jahre für alle, lebenslang für solche mit Bergmannsversorgungsschein.

Zu letzteren gehörte Manfred Donner, heute 77 Jahre alt. Wie allen Mietern wurde auch ihm und seiner Frau die Doppelhaushälfte zum Kauf angeboten – die andere Wohnung war leer. „Ich wusste ja“, erzählt er heute, „und die Dame vom Liegenschaftsamt hat mir das nochmal ausdrücklich bestätigt, dass ich ein lebenslanges Wohnrecht habe. Deshalb brauchten wir uns mit 71 auf so ein finanzielles Abenteuer nicht einzulassen.“

So ging das Haus an ein Geschwisterpaar aus Bergen/Hiltrop und Gerthe-Mitte. Mit denen gab es allerdings schnell Schwierigkeiten. Manfred Donner: „Das fing schon bei der Besichtigung an. Dem Bruder gefiel der Garten sehr gut. Da musste ich ihm leider sagen: Das ist unser Garten, und den behalten wir auch.“ Differenzen um den Keller folgten, die neuen Vermieter wollten die Haustür stets verschlossen haben, auch tagsüber, und bei den Nebenkostenabrechnungen gabs ein interessantes Novum: Statt nach qm abzurechnen, wollten die neuen Vermieter alle Kosten halbieren. Nur muss man wissen: Deren Wohnung ist rund 60 qm größer als die der Donners.

Kein Problem für das Mieterpaar, das seit 1977 im Mieterverein Mitglied ist. Doch 2015 griffen die Vermieter zu schärfsten Waffe: Die Kündigung, gestützt nicht auf Eigenbedarf oder Verwertung, sondern auf das Sonderkündigungsrecht bei Einliegerwohnungen. Natürlich wies der Mieterverein die Kündigung mit Verweis auf das Wohnrecht zurück. Die Geschwister aber klagten auf Räumung und argumentierten, sie hätten sich lediglich gegenüber der Stadt verpflichtet, daraus folge aber kein „dingliches Recht“ der Mieter.

Durch drei Instanzen sahen das die Gerichte allerdings anders. Es handele sich um einen „Vertrag zugunsten Dritter“, der zulässig sei. Am 13. 9. 2017 wies das Amtsgericht Bochum die Klage ab, am 3. 4. 2018 das Landgericht die Berufung zurück und am 14. 11. verwies der BGH in letzter Instanz auch die Revision. Für den Mieterverein ein Urteil von grundsätzlicher Bedeutung: „Es gibt sehr viele Wohnrechte, die bei Privatisierungen nicht in Miet- sondern in Kaufverträgen vereinbart worden sind, aber den Mieter schützen sollen. Hätte der BGH anders entschieden, wäre keiner der betroffenen Mieter mehr sicher gewesen“, kommentiert Vereinssprecher Aichard Hoffmann.

Die Donners können wohnen bleiben, die Hakeleien aber gehen weiter. Aktuell geht‘s um die Wohnungsgröße.


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