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2. März 2020 (Aus den Städten)

Bauboom in Bochum wird nicht sozial

Der Wohnungsbau in Bochum nimmt langsam Fahrt auf. 2018 wurden im Technischen Rathaus Baugenehmigungen für 925 Wohnungen erteilt. Die Zählung für 2019 ist noch nicht ganz abgeschlossen, aber es wird mit einer weiteren Steigerung gerechnet. Werden alle beantragten Wohnungen auch tatsächlich gebaut, wird das Ziel von 800 neuen Wohnungen jährlich dann wohl auch endlich erreicht. In den Jahren 2017 und 2018 lag die Zahl der Baufertigstellungen noch jeweils unter 600.

An einem eigentlich viel wichtigeren Ziel geht der Bauboom allerdings völlig vorbei: am Sozialen Wohnungsbau. 200 der angepeilten Neubauwohnungen sollen nämlich, so beschloss der Rat der Stadt 2016, öffentlich gefördert werden. Das würde, selbst wenn es klappen würde, den desolaten Anteil von nur noch 6,9 % Sozialwohnungen (bei 50 % anspruchsberechtigter Haushalte) nicht anheben. Denn gleichzeitig fallen jedes Jahr im Schnitt 180 geförderte Wohnungen aus der Sozialbindung. Sie sind dann freifinanzierten gleichgestellt.

Aber es klappt nicht einmal. Zwar konnte 2017 die Zahl der neugebauten Sozialwohnungen gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt werden, aber das Ergebnis lag mit 122 doch weit unter dem 200er Ziel. 2018 waren es dann nur noch 96 neue Sozialwohnungen und 2019 lag die Zahl mit nur noch 60 wieder auf dem Niveau der Jahre 2014 bis 2016. Immerhin: In den Jahren davor war der Erfolg der Wohnraumförderung bei nahezu Null.

Quote greift nicht

Bei der Stadtverwaltung führt man diesen Fehlschlag darauf zurück, dass neue Wohnbauflächen, bei denen die „Quote“ greift, noch nicht in ausreichendem Maß entwickelt sind. Wohnungsbauträger, so ein weiterer Ratsbeschluss, müssen auf Grundstücken, die sie von der Stadt gekauft haben, 30 % der Wohnungen öffentlich gefördert errichten; wenn das Grundstück nicht städtisch war, die Stadt aber erst Baurecht schaffen musste, liegt die Quote bei 20 %. Offensichtlich sind Bauträger nicht bereit, Sozialwohnungen zu bauen, wenn sie nicht dazu gezwungen werden. Für die kommenden Jahre rechnet die Stadt also mit besseren Ergebnissen.

Landesweiter Misserfolg

Das Phänomen ist nicht Bochum-spezifisch. 2019 wurden in NRW Mittel für 5.463 geförderte Wohnungen bewilligt. Das liegt meilenweit unter dem Ziel von 20.000 und sogar noch unter dem Wert von 2018 (6.159). Nur 675 Mio. Euro Fördermittel konnte das Land NRW im letzten Jahr an den Bauträger bringen, obwohl über 1 Mrd. zur Verfügung stehen. Geld, das keiner haben will, obwohl ein beträchtlicher Anteil davon nicht zurückgezahlt werden muss, also geschenkt ist.

Als Reaktion darauf hat die Landesregierung die Förderkonditionen noch einmal verbessert. Künftig sind in ganz NRW die Darlehen 15 Jahre lang völlig zinsfrei, danach gelten bis zum Ende der Bindungsdauer 0,5 % Zinsen plus 0,5 % Verwaltungskostenbeitrag.

Das schlechte Förderergebnis in Bochum ist insbesondere deshalb schwer verständlich, weil die Stadt im Juni 2019 auch noch von der Mietenstufe III in die Mietenstufe IV versetzt wurde. Das bedeutet massiver Vorteile für Bauträger:
Statt 1.980 gibt es 2.150 € Fördermittel pro qm. Der „Tilgungsverzicht“ (also der Anteil, der nicht zurückgezahlt werden muss) steigt von 15 auf 25 %. Die Miete, die verlangt werden darf, steigt von 5,70 auf 6,20 € pro qm.

Das landesweite Bündnis „Wir Wollen Wohnen“ forderte ein größeres Engagement des Landes über eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft, „weil selbst Facharbeiter und Familien sich die Miete in manchen Städten nicht mehr leisten können.“


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