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25. Mai 2020 (Aus den Städten)

Bochum: Kommunalwahl ante Portas

Wegen der Corona-Krise musste der Mieterverein alle Veranstaltungen, die für die Monate März und April angekündigt waren, absagen oder verschieben, sogar die Mitgliederversammlung. Nicht verschoben ist dagegen – zumindest bisher – der Termin der Kommunalwahl. Zwar mehren sich zweifelnde Stimmen, aber bisher gilt der 13. September als gesetzt. Grund genug für uns, die beiden geplanten Veranstaltungen zur Kommunalpolitik nicht aufzugeben, sondern über Alternativen nachzudenken. Denn Not soll ja erfinderisch machen.

Kommunale Wohnungspolitik ist derzeit ein Zankapfel. Das ehrgeizige Ziel, jährlich 800 neue Wohnungen zu bauen, erfordert von der Stadt eine forsche Bodenpolitik, die dafür sorgt, dass das Ziel nicht an mangelndem Bauland scheitert. Entsprechend viele Grundstücke hat man im Rathaus ins Auge gefasst und zu einer – oftmals dichten – Bebauung vorgesehen. Viele davon sind jetzt noch Naturflächen, so dass sich an allen Orten Widerstand regt. Ab wann und wie weit sollen die Bürger beteiligt werden? Sollen Grundstücke verkauft oder verpachtet werden? Und wer sollen die Bauträger sein, die den neuen Wohnraum errichten?

Dazu kommt der Streit um die Zukunft der inzwischen zu fast 80 % städtischen Wohnungsgesellschaft VBW: Gemeinwohlorientiertes Korrektiv auf dem Wohnungsmarkt oder Renditeliferantin für die Stadtkasse? (s. S. 19)

Die Kommunalwahl 2020 wird wichtige Weichen stellen, auch was die örtliche Wohnungspolitik angeht. Wir wären nicht der Mieterverein, als den man uns vor Ort kennt, wenn uns diese Situation nicht auf den Plan rufen würde.

Mit Corona-bedingter Verspätung haben wir im Mai ein 12-seitiges Thesenpapier vorgelegt mit einer Analyse der aktuellen Wohnungsmarktlage, die nicht mehr so rosig ist wie im ersten Jahrzehnt des immer noch jungen Jahrhunderts.  Daraus abgeleitet haben wir sieben konkrete Vorschläge für die kommunale Wohnungspolitik der kommenden Legislaturperiode und haben sie den Parteien zugesandt. In jedem Falle wollen wir wissen: Unterstützen Sie diesen Vorschlag? Die Fragen finden Sie auf der nächsten Seite, das komplette Thesenpapier – und später auch die Antworten – auf www.mieterverein-bochum.de/kommunalwahl2020.

Aber schriftliche Antworten können lebendige Diskussionen nicht ersetzen. Deshalb holen wir die beiden ausgefallenen Live-Veranstaltungen zur Kommunalwahl nach. Da Versammlungen auch weiterhin nicht zulässig sind, wird dies online geschehen über unseren Youtube-Kanal. Den Link dorthin finden Sie ebenfalls auf der genannten Kommunalwahl-Seite oder unten. Alle eingeladenen Parteien haben zugesagt – es könnte spannend werden.

Unsere wohnungspolitischen Vorschläge

Der Mieterverein hat die Bochumer Parteien angeschrieben mit Vorschlägen zu aktuellen wohnungspolitischen Themen und nachgefragt, ob die Parteien diese Vorschläge unterstützen. Die Antworten werden wir spätestens im August unter www.mieterverein-bochum.de/kommunalwahl2020 veröffentlichen.

a) VBW

Der Mieterverein schlägt vor, dass die Stadt ihre Mehrheit in den Gremien der VBW dazu nutzt, dieses Wohnungsunternehmen auf gemeinwohlorientiertes Wirtschaften festzulegen. Konkret soll die VBW mehr Zurückhaltung bei der Miete üben und auch bei Neuvermietungen den Mietspiegelwert grundsätzlich nicht überschreiten. Im Gegenzug soll die Stadt auf Renditeausschüttungen der VBW verzichten.

b) Gemeinwohlorientierung

Der Mieterverein schlägt vor, dass die Stadt gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen bei der Vergabe von Grundstücken und Fördermitteln bevorzugt berücksichtigt, weil diese Unternehmen dauerhaft preiswert vermieten und nicht nur für 20 Jahre.

c) Erbpacht

Der Mieterverein schlägt vor, dass städtische Grundstücke nicht mehr privatisiert, sondern nur noch in Erbpacht vergeben werden, weil sie dadurch mehr Einfluss auf die zu bauenden Projekte hat und nach Ablauf der Pachtzeit erneut über die Grundstücke entscheiden kann.

d) Bodenpolitik

Der Mieterverein schlägt vor, dass die Stadt eine proaktive Bodenvorratspolitik betreiben soll, um genug Grundstücke und damit eine gewisse Steuerungshoheit langfristig zu sichern. So kann sie beeinflussen, welche Bauten entstehen und zu welchen Bedingungen. Dazu gehören nach Empfehlungen des Städtetages ein Bodenkataster, ein Flächeninformationssystem und ein Masterplan Boden.

e) Bestandsmaßnahmen

Der Mieterverein schlägt vor, preiswerten Wohnraum auch durch konkrete Maßnahmen im Bestand zu sichern, etwa kleinteilige Quartiersbeobachtung
Sanierungshilfen, Ankauf und Sanierung von Problemimmobilien nach Beispiel Gelsenkirchen, Bekämpfung von Zweckentfremdung

f) Bürgerbeteiligung

Der Mieterverein schlägt vor, für alle künftigen Bauvorhaben eine frühzeitige, für alle offene und ergebnisoffene Bürgerbeteiligung. Eine Vorhabenliste soll alle interessierten Bürgerinnen und Bürger der Stadt über alle Projekte der kommenden Jahre frühzeitig informieren; ein Beteiligungsbeirat soll die Projekte begleiten und die jeweiligen vorhabenbezogenen Beteiligungsformate in den Quartieren festlegen.

g) Allianz für gemeinwohlorientierte Wohnungspolitik

Der Mieterverein fordert eine „Allianz für Wohnen“, die nicht nur potenzielle Investoren im Wohnungsbau umwirbt, sondern insbesondere Akteure mit an einen Tisch holt, die sich um Bevölkerungsteile mit erschwertem Zugang zu Wohnungsmarkt kümmern: Mieter und ihre Verbände, Sozialverbände, Caritative Einrichtungen und Gewerkschaften, Stiftungen und Genossenschaften.


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