Immer wieder liest man in der Zeitung von Häusern, die einen ganzen Stadtteil verschandeln: Zerborstene Fenster, Löcher im Dach, Risse in der Fassade, bröckelnder Putz, wucherndes Unkraut. Immer wieder liest man von erbosten Anwohnern und einer Stadtverwaltung, die sagt: „Wir können nichts machen.“ Ist das so? Und wenn ja: Woran liegt das?
Seit 2013 gibt es in Bochum das sogenannte „Verdachtsimmobilienkataster“. Es erfasst Gebäude, deren baulicher Zustand – freundlich formuliert – zu wünschen übrig lässt. Zustande kommt es einerseits durch Meldungen aus der Bevölkerung, zum Anderen aber auch durch Außendienstmitarbeiter der Stadt, deren Blick für Gebäudemängel zu diesem Zweck geschult worden ist – Vermessungstrupps zum Beispiel.
Das Kataster wird laufend fortgeschrieben. Gebäude, deren Zustand verbessert worden ist, verschwinden daraus, andere kommen neu hinzu. Zur Zeit enthält es 173 Gebäude überall im Stadtgebiet. Sie werden in drei Kategorien eingeteilt: Grün sind Gebäude, bei denen ein Eingreifen seitens der Stadt derzeit nicht notwendig erscheint – das sind aktuell 94 Häuser. Die 57 Gebäude in der Kategorie Gelb stehen sozusagen „unter verschärfter Beobachtung“. Mindestens einmal jährlich wird kontrolliert, ob sich ihr Zustand unzumutbar verschlechtert hat. Bei den 22 Häusern der Stufe Rot stellt sich diese Frage nicht mehr: Hier hat die Stadt bereits eingegriffen, um negative Auswirkungen auf das Umfeld zu verhindern oder abzustellen.
Die Fäden laufen zusammen bei Holger Ernst vom Amt für Geoinformation, Liegenschaften und Kataster. Er ist die zentrale Anlaufstelle einer fachübergreifenden Arbeitsgruppe innerhalb der Verwaltung. Denn je nach Einzelumständen sind sehr unterschiedliche Ämter involviert.
„Wir müssen grundsätzlich unterscheiden, ob eine Immobilie noch ganz oder teilweise bewohnt ist, oder ob sie leer steht“, sagt er. Denn wenn noch Mieter im Hause sind, greift das Wohnungsaufsichtsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen. Zuständig für die Wohnungsaufsicht ist das Amt für Stadtentwicklung und Wohnen. Es kann, wenn die Mindestanforderungen an Wohnraum, die gesetzlich genau definiert sind, nicht eingehalten werden, einschreiten – zum Beispiel mit einem „Instandsetzungsgebot“, oder, wenn nichts mehr hilft, mit einer „Unbewohnbarkeitserklärung“. Sowas ist in Bochum tatsächlich schon einmal passiert, zum Beispiel in der Brünselstraße im Zillertal.
„Wenn das Haus hingegen leer ist, wird es sehr viel schwieriger“, weiß Holger Ernst. „Dann hilft nur noch das Bauordnungsrecht weiter, und das greift nur, wenn von der Immobilie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht.“ Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Ziegel auf den Gehsteig fallen. Manchmal reichen dann Sicherungsmaßnahmen, aber das Repertoire der Maßnahmen reicht auch bis zur Instandsetzungs- oder zur Abrissverfügung. Auch das ist in Bochum schon vorgekommen, in der Dannebaumstraße in Laer. „Aber zunächst mal“, sagt Holger Ernst, „versuchen wir, auf die Eigentümer zuzugehen und ihnen Hilfen anzubieten.“
Und der Leerstand an sich ist kein Grund zum Eingreifen? „Leider nein“, sagt Holger Ernst. „Bochum hat keine Zweckentfremdungssatzung erlassen. Also ist Leerstand allein nicht gesetzeswidrig.“ Erst wenn Be- oder Anwohner von eklatanten Mängeln beeinträchtigt oder gefährdet werden, kann die Behörde eingreifen.
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