In Bochum gibt es keinen allgemeinen Wohnungsengpass wie in Bonn, Köln, Düsseldorf oder Münster. Aber es gibt viel zu wenig bezahlbaren Wohnraum für Menschen mit geringem Einkommen. Hier sind die Versorgungsquoten praktisch genauso schlecht wie in den Wohnungsnot-Städten am Rhein. Das ist seit Jahren bekannt und praktisch niemand in Politik und Verwaltung leugnet es mehr. Jetzt hat auch noch das Hannoversche Eduard-Pestel-Institut errechnet, dass ausgerechnet für diese Bevölkerungsgruppe die Mieten überproportional steigen.
Die vom Job-Center übernommenen Mieten für Single-Haushalte stiegen innerhalb von gut sechs Jahren (März 2014 bis August 2020) um 18,0 Prozent, während die Verbraucherpreise in diesem Zeitraum nur um 6,5 Prozent zulegten, hat das Institut ermittelt.
„Bei den Mieten wird oft rausgeholt, was rauszuholen ist. Dabei bauen Vermieter auf die Job-Center‘ als ‚zuverlässige Zahlstelle‘. Diese übernehmen zwar nur die Kosten für Wohnungen ‚einfachen Standards‘. Auf genau diese Wohnungen sind aber nicht nur Hartz-IV-Empfänger angewiesen, sondern eben auch die vielen anderen Haushalte mit niedrigen Einkommen“, sagt der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther.
Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied zwischen den Beziehern von Transferleistungen (Sozialhilfe, Grundsicherung, ALG II) und denjenigen, die aus eigener Arbeit ein geringes Einkommen erzielen. Erstere erhalten die „Kosten der Unterkunft“ zusätzlich zum Regelsatz, sodaß sie bei steigenden Mieten keine Einbußen haben, solange die Angemessenheitsgrenzen nicht überschritten werden. Was Wohnungsunternehmen, die sich auf diese Mieter spezialisiert haben, natürlich vermeiden. Die Mietsteigerungen gehen also zu Lasten der Kommunen.
Wer sein Geld jedoch selbst verdient, auch wenn es wenig ist, für den steht jeder Euro, den der Vermieter mehr kassiert, zum Leben 1:1 weniger zur Verfügung.
Steht – aus welchen Gründen auch immer – ein Wohnungswechsel an, wird es besonders schwierig. Das Angebot an günstigen Wohnungen ist laut Pestel-Institut rar. Und gerade Neuvermietungen nutzten viele Vermieter aus, um Maximalmieten zu erzielen.
Die Verantwortung sieht das Institut dennoch bei der Politik: Denn letztlich habe eine unzureichende Wohnungspolitik dazu geführt, dass auch in Bochum bei einem insgesamt nahezu ausgeglichenen Wohnungsmarkt die Mieten für einfache Wohnungen stark gestiegen sind.
Fast ein Viertel der Beschäftigten arbeitet nach Angaben des Pestel-Instituts bundesweit im Niedriglohnsektor: Vom Mindestlohnbezieher über Alleinerziehende bis hin zu Rentnern, die ihre kleine Rente mit einem Minijob aufbesserten. „Der Staat agiert inzwischen mangels eigener Wohnungen als Mietentreiber, weil er Mieten akzeptieren muss, bei denen viele Vermieter offensichtlich die Schmerzgrenze ausreizen“, so Matthias Günther.
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