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2. März 2021 (Aus den Städten)

Bochum: Ärger um „Allianz für Wohnen“

Als der Rat der Stadt Bochum im November 2017 das „Handlungskonzept Wohnen“ beschloss, gab es darin 8 sogenannte „priorisierte Maßnahmen“. Eine davon: Die Bildung eines „Bündnis für Wohnen“. Ziel: „Etablierung einer engen Kooperation und Kommunikation zwischen Kommunalverwaltung, Wohnungsmarktakteuren und Politik.“ Ein „Bündnis mit öffentlichkeitswirksamer Ausstrahlung und Signalwirkung nach außen“ sollte es werden. Übrigens die einzige Maßnahme im Handlungskonzept, in der der Mieterverein irgendeine Rolle spielen sollte. Doch gut drei Jahre später ist offen, ob der das überhaupt will.

Fast zwei Jahre hat sich die Verwaltung Zeit gelassen, ehe sie mit der Umsetzung des Beschlusses begann. Und auch da schien sie noch keine rechte Idee zu haben, was sie mit dem Bündnis – nun „Allianz für Wohnen“ genannt – anfangen sollte. Sie schrieb Wohnungsmarktakteure an und fragte nach, was diese sich denn unter einer solchen Allianz vorstellen würden und welchen Beitrag sie dazu leisten könnten. Einen ambitionierten Eindruck machte das nicht.

Bei einem ersten Treffen im Januar 2020 fühlte sich Michael Wenzel, Geschäftsführer des Mietervereins, dann völlig fehl am Platz. „Um mich herum“, erinnert er sich, „waren jede Menge Wohnungsunternehmen, Bauträger, überregionale Verbände der Wohnungswirtschaft, Architekten, Banker, Bausparkassen – aber niemand außer mir, der die Nachfragerseite vertreten hätte. Kein Sozialverband, keine Gewerkschaft, kein Kinderschutzbund oder Jugendring, keine Caritas, Diakonie oder bodo, die sich um Obdachlose kümmern, nicht mal so etablierte Verbände wie Der Paritätische oder die AWO waren vertreten. Das war keine Allianz für Wohnen, das war eine Allianz für Bauen – und der Mieterverein das Feigenblatt.“

Auch Umweltverbände, die sich um die Klimaaspekte beim Bauen Gedanken machen könnten, suchte man vergeblich. Und die allen Teilnehmern eingeschärfte Vertraulichkeit machte einen seltsamen Eindruck. Als wenn es etwas zu verbergen gäbe.

Dass Wenzel seinem Unmut deutlich Luft machte, zeigte sogar ein bisschen Wirkung. Bevor nach langer Corona-Pause im Januar ein zweites, nunmehr virtuelle Treffen angesetzt war, meldeten BUND und NABU, sie seien zur Beteiligung an der Allianz eingeladen worden. Dem Arbeitskreis Umweltschutz (AKU) wurde hingegen die Teilnahme ausdrücklich verweigert.

Erweiterung später?

Inzwischen gibt es eine „Mitteilung der Verwaltung“ an den Ausschuss für Strukturentwicklung. Darin steht: „Wohnungsmarktakteur*innen sowie Verbände, die sich im erweiterten Sinne mit dem Thema Wohnen befassen und lokal vor Ort vertreten sind, können sich ebenfalls der Allianz für Wohnen in Bochum anschließen. Dies ist fortlaufend möglich.“

Kaschiert wird dabei vor der Politik, dass dies erst ermöglicht wird, nachdem die „Allianzvereibarung“ unterzeichnet ist, mit der die Arbeitsthemen der Allianz verbindlich für alle Beteiligten vereinbart werden sollen. Mit anderen Worten: Die Themen und Inhalte werden vornehmlich von der Anbieterseite gesetzt, danach können andere dazu kommen.

An der Allianzvereinbarung hatte der Mieterverein bereits erhebliche Kritik. Nicht, das irgendetwas im bisherigen Textentwurf falsch wäre. Es fehlt nur faktisch alles, was einkommensschwachen Haushalten helfen könnte:

Bestandsmaßnahmen konzentrieren sich auf Modernisierungsförderung, aber nicht auf den Erhalt zurzeit noch vorhandener bezahlbarer Bestände oder gar auf die Reaktivierung von Leerständen oder die Sanierung von Schrottimmobilien.
Es gibt kein systematisches Konzept zur Verhinderung unnötigen Leerstands, keine Aussagen zur Wohnungsaufsicht und keinen Willen, Zweckentfremdung aktiv zu bekämpfen.

Die Einbindung bürgerschaftlichen Engagements und eine klare Aussage zu einer fairen Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger fehlt völlig.

Der Mieterverein hat seine Kritik am bisherigen Verfahren in einem Brief an OB Thomas Eiskirch und Stadtbaurat Markus Bradtke, der auch an die Fraktionen im Rat ging, klargestellt. Gespräche sind terminiert.


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