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6. September 2021 (Bundespolitik)

Bundestagswahl 2021: Was wollen wir wählen?

Man braucht sich da gar keinen Illusionen hinzugeben: Wohl nicht sehr viele Wählerinnen und Wähler werden ihre Wahlentscheidung am 19. September allein von der Wohnungspolitik abhängig machen, auch wenn sie DIE soziale Frage der Gegenwart ist. Aber gerade weil das Thema Wohnen im Wahlkampf häufig untergeht, fühlen wir uns verpflichtet zu informieren, was die Parteien planen. Deshalb haben wir uns die wohnungspolitischen Kapitel in den Wahlprogrammen näher angesehen – in der Reihenfolge des letzten Wahlergebnisses.

CDU
„Der beste Mieterschutz ist und bleibt ausreichender Wohnraum“, lautet das Credo der CDU. Statt „ungeeigneter Eingriffe wie den Mietendeckel“ will sie das Wohnungsangebot steigern. 1,5 Mio. neue Wohnungen sollen in der nächsten Legislaturperiode entstehen. Dazu sollen die Abschreibungsmöglichkeiten beim Mietwohnungsbau um 5 % erhöht, Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt und wegen des Platzmangels in den Städten das Umland durch eine bessere Anbindung mit Bus und Bahn gestärkt werden.

Baustoffe sollen umweltverträglicher werden (Holz, Recyclingmaterial), der Flächenverbrauch durch Nachverdichtung und Aufstockung gering gehalten und barrierefrei gebaut und umgebaut werden. Die CDU bekennt sich zum Sozialen Wohnungsbau und verspricht eine Wohngelderhöhung für 2022.

Um eine finanzielle Überlastung von Mietern zu vermeiden, will die CDU beim Thema energetische Sanierung „die Wohnungsbaugesellschaften in die Pflicht nehmen“ und die öffentliche Förderung auch für kleinere Maßnahmen verbessern. Hemmnisse beim „Mieterstrom“ sollen abgebaut werden, damit Mieter von der Energiewende genauso profitieren wie Eigenheimbesitzer. Das Kapitel Wohnen umfasst 2 von 139 Seiten des CDU-Programms.

SPD
Die SPD fasst sich kurz. Nur 1 von 66 Seiten des Wahlprogramms nimmt das Kapitel „bezahlbares Wohnen“ ein. Dort aber geht es Schlag auf Schlag: 100.000 neue Sozialwohnungen jährlich, neue Wohnungsgemeinnützigkeit, befristetes Mietenmoratorium, Mietpreisbremse unbefristet, Mietwucher wieder verbieten – so listet die SPD Forderungen auf, die sie bisher in der GroKo nicht durchsetzen konnte.

Mit einem Bodenfonds unter Einbeziehung bundeseigener Grundstücke will die SPD ein Instrument für nachhaltige Stadtentwicklung und bezahlbaren Wohnungsbau schaffen. Um die Spekulation mit Wohnraum einzudämmen, will sie die Eigentümerstrukturen über ein zentrales Immobilienregister transparent machen.

Auch die SPD will Eigentum fördern, nicht nur zur Wohnraumversorgung, sondern auch als Altersvorsorge. Allerdings denkt sie dabei weniger an Einzeleigentum, sondern will den Erwerb von Genossenschaftsanteilen fördern sowie Mietkaufmodelle für den Erwerb von Bestandsimmobilien insbesondere in vom Leerstand betroffenen Ortskernen auflegen. Die SPD will ein Mietenmoratorium und einen Mieterschutz im Gewerbeimmobilienbereich.

AfD

Die Wohnungspolitik der AfD zu beschreiben, ist nicht möglich – jedenfalls nicht anhand ihres 204 Seiten starken Wahlprogramms. Denn darin findet sich zum Thema Wohnen kein einziges Wort. Lediglich zum Nicht-Wohnen – sprich: zum Thema Obdachlosigkeit – gibt es 9 dürre Zeilen. Für die steigende Zahl der Obdachlosen macht die AfD die „mangelhafte Planung im Sozialen Wohnungsbau“ verantwortlich, was wiederum an der „fehlenden konkreten Bedarfsermittlung“ liege. Deshalb fordert sie eine zentrale bundesweite Statistik zur Erfassung der Obdachlosigkeit.

FDP

Auch die FDP beklagt, dass Bauland und Wohnraum in den Städten knapper wird und die Mieten immer weiter steigen. Enteignung, Mietpreisbremse oder Mietendeckel lehnt sie aber ab. Stattdessen will sie „mehr Flächen mobilisieren und mehr bauen“. Dabei sorgt sie sich vor allem um die Bezahlbarkeit des „Traums vom Eigenheim“.

Deshalb will sie bei der Grunderwerbssteuer einen Freibetrag von bis zu 500.000 € pro Personen einführen. Immerhin: Das Unwesen von Investoren, die Grunderwerbssteuer mittels Share-Deals zu umgehen, möchte auch die FDP beenden.

Den Wohnungsbau möchte die FDP durch digitale Bauanträge, Beschleunigung von Baugenehmigungen, verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten für Wohnungsbauinvestitionen und einen Baukosten-TÜV ankurbeln: Vorschriften, die das Bauen teurer machen, sollen ermittelt und gegebenenfalls angepasst werden. Außerdem fordert sie flächendeckende Baulückenkataster und die konsequente Beseitigung aller Hindernisse bei der Wiedernutzung von Brachflächen.

Die FDP fordert ein breites Bündnis für die Verbesserung des selbstbestimmten Wohnens im Alter und freie Wahl beim Wohnen für Menschen mit Behinderung. Sozialwohnungen soll nur noch beziehen dürfen, wer vorher trotz Wohngeld auf dem freien Wohnungsmarkt erfolglos gesucht hat. Dem Thema Wohnen widmet die FDP in ihrem Wahlprogramm 2 von 68 Seiten.

Die Linke
Die Linke hat am meisten zum Thema Wohnen zu sagen. Auf 6 von 186 Seiten Wahlprogramm geht es um das Thema „keine Profite mit Miete und Boden“. Die Forderungen können hier nur auszugsweise wiedergegeben werden. Die Linke will einen bundesweiten Mietendeckel, auch für Kleingewerbe, Handwerk, kulturelle Einrichtungen sowie für soziale und gemeinnützige Träger. Mit 15 Mrd. € pro Jahr will sie den Sozialen Wohnungsbau retten, den kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbau ankurbeln und den vorhandenen Wohnungsbestand energetisch und „demografiefest“ umbauen.

Die Linke will eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit einführen. 50 % des Wohnungsbestandes sollen in öffentliche und gemeinnützige Hand. Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen soll weitgehend verboten werden, ebenso die Umnutzung als Ferienwohnungen.

Die Linken wollen den Kündigungsschutz wiederherstellen. Eigenbedarf soll nur noch für engste Familienangehörige des Vermieters ausgesprochen werden können und gar nicht mehr bei sozialer Härte für den Mieter. Kündigungen wegen Mietrückständen sollen gegenstandslos werden, wenn die Schulden bezahlt sind.

Die Modernisierungsumlage will die Linke abschaffen, energetische Modernisierungen sollen warmmietenneutral sein. Ins Wohngeld soll eine Klimakomponente, damit auch Arme in energetisch sanierten Wohnungen leben können. Außerdem soll u. a.  die Spekulation mit Wohnraum gestoppt, die Zweckentfremdung verboten, das Wohngeld erhöht und die Angemessenheitsgrenze bei Hartz IV angehoben werden.

B 90/Die Grünen

Auch die Grünen machen viele Worte. Zum Thema Wohnen gibt es 5 von 272 Seiten Wahlprogramm. Die Grünen wollen ein „Sicher-Wohnen-Programm“, das über die KfW-Bank läuft, um Mieter und selbstnutzende Eigentümer vor Wohnungsverlust zu schützen. Wie auch SPD und Linke wollen sie die vom Mieterbund geforderte neue Wohnungsgemeinnützigkeit. Auch sie wollen die unbefristete Mietpreisbremse, Mietobergrenzen im Bestand und eine Begrenzung für Mieterhöhungen bei 2,5 %. Modernisierungsmieterhöhungen sollen maximal bei 1,50 € pro qm liegen dürfen und bei energetischen Modernisierungen warmmietenneutral sein. Die Grundsteuer soll nicht mehr auf Mieter umgelegt werden können.

Mieter sollen ein Recht auf Wohnungstausch bekommen. Mietwucher soll wieder geahndet, Eigenbedarfskündigungen auf nahe Verwandte beschränkt, Umwandlung in Eigentumswohnungen erschwert werden.

Wie die Linke sagen auch die Grünen der Immobilienspekulation und Geldwäsche den Kampf an. Ein Eigentümerregister soll geschaffen, die Grundbucheinsicht auch für Journalisten, NGOs und Mieter geöffnet werden. Bargeld beim Immobilienkauf soll ebenso verboten werden wie Share-Deals. Verkaufsgewinne sollen angemessen versteuert, die Spekulation mit Bauland unterbunden und spekulativer Leerstand verhindert werden.

Ändern wollen die Grünen auch die Bodenpolitik. Sie wollen die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben umwandeln in einen gemeinnützigen Bodenfonds, der Boden nicht mehr meistbietend verkauft, sondern gezielt für bezahlbaren Wohnraum und gemeinwohlorientierte Zwecke einsetzt.


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