Das Gemeindehaus der St. Nicolai-Kirche war mehr als gut gefüllt, als sich Mitte November rund 60 Mitglieder von Dortmunder Wohnungsgenossenschaften nach Einladung des Mietervereins zu einem Interessenaustausch trafen. Vier Stunden lang wurden Erfahrungen über Beteiligung und Mitbestimmung sowie Wünsche für Verbesserungen ausgetauscht.
In der vorletzten Ausgabe des Mieterforums berichteten wir über die gefühlt wach-sende Entfremdung zwischen einzelnen Mitgliedern des Sparbau und der Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft Dortmund und ihrer Verwaltung bzw. Geschäftsführung. Diese Mitglieder wohnen sehr gerne und zum Teil auch schon seit Jahrzehnten in „ihrer“ Genossenschaft. Die Zufriedenheit bei Reparaturen, Mietkosten und Modernisierungen ist groß. Sie schätzen die Stärken von Wohnungsgenossenschaften: die in den Satzungen festgelegte Ausrichtung genossenschaftlichen Handelns auf die Förderung ihrer Mitglieder vorrangig durch eine gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung und die genossenschaftliche Mitbestimmung. Sie wünschen sich dabei vor allem mehr Transparenz und gelebte Mitbestimmung auf allen Ebenen, innerhalb der genossenschaftlichen Gremien und im operativen Geschäft. Satzungsänderungen, die allein Vorständen und Verwaltung mehr Gestaltungsspielraum geben, sehen sie kritisch.
Deshalb ging es dem Vorbereitungsteam mit der Veranstaltung um einen Diskussionsanstoß, wie eine zeitgemäße, moderne Mitgliederbeteiligung aussehen könnte. Das Treffen im Gemeindehaus: ein erster Auftakt für weitere Arbeitstreffen und Diskussionsveranstaltungen, in denen die Idee weiter vorangetrieben werden soll.
Nach einer kurzen Begrüßung durch den Moderator Micha Fedrowitz und Markus Roeser vom Mieterverein, startete der Tag mit einem Impulsvortrag von Thomas Schmidt, der mit anderen Mitstreiter:innen in Berlin vor knapp 15 Jahren die Initiative „Genossenschaften von unten“ mitgründete. Mit der Initiative sollte eine alternative Vernetzung von Mitgliedern geschaffen werden, um sich über genossenschaftsrelevante Themen und Erfahrungen auszutauschen und zu diskutieren.
In einer ersten Arbeitsphase wurde in Gruppen die aktuelle Situation innerhalb der einzelnen Genossenschaften abgefragt und Themen gesammelt, die den Teilnehmer:innen unter den Nägeln brennen. Dabei wurde deutlich, dass sich die Genossenschaftsmitglieder gerne mehr einbringen würden: soziale Verantwortung, Transparenz und Mitbestimmung waren Schlagworte, die immer wieder auftauchten.
Aber auch der Umgang mit dem Klimawandel, die nachhaltige Gestaltung von Grünflächen, die Gestaltung der Satzungen und Mitbestimmungsgremien sowie bezahlbare Mieten wurden mehrfach genannt.
Nachdem die einzelnen Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse vorgestellt hatten, ging es in eine Pause. In vielen Gesprächen wurden E-Mail-Adressen und Telefonnummern ausgetauscht oder die aktuelle Situation vor Ort beschrieben.
In einer zweiten Arbeitsphase wurden Ideen gesammelt, wie die Teilnehmer:innen aus den verschiedenen Wohnungsgenossenschaften auch zukünftig gemeinsam Ideen entwickeln und sich für mehr Mitbestimmung engagieren könnten. Zum Abschluss des Vernetzungstreffens schaltete sich Rolf Bosse von der Hamburger Genossenschaftsinitiative und Vorsitzender des Mieterverein zu Hamburg per Videocall zu und ermutigte die Anwesenden, sich weiterhin für mehr Teilhabe einzusetzen.
Nach gut vier Stunden des Netzwerkens gingen die Teilnehmer:innen mit neuen Kontakten, vielen Ideen und einigen konkreten Plänen auseinander. Man möchte weiter im Austausch bleiben und die Ideen konkretisieren, auch bei der Mitwirkung in den Gremien der eigenen Genossenschaften.
Eine gute Idee, findet auch Markus Roeser: „Es soll nicht darum gehen, gegeneinander zu arbeiten. Im Vergleich zu den großen börsennotierten Wohnungsunternehmen, sind Zufriedenheit und Vertrauen bei Nutzer:innen von Genossenschaftswohnungen deutlich höher. Der Wunsch nach mehr Möglichkeiten mitzugestalten und Beteiligung in den Planungen für die Siedlung ist – insbesondere in einer Genossenschaft – dennoch legitim.
Satzungen, Gesetze und Gepflogenheiten innerhalb einer Genossenschaft sind niemals in Stein gemeißelt. Sie können und sollten vielleicht sogar, immer wieder neu verhandelt werden.“ Einen Beitrag von Radio Nordpol über die Veranstaltung, sowie weitergehende Informationen sind auf der Internetseite des Mietervereins zusammengefasst: www.mieterverein-dortmund.de/genossenschaften.html
Wer sich am weiteren Austausch beteiligen möchte, kann sich beim Mieterverein melden: info@mieterverein-dortmund.de oder 0231 / 55 76 56 36
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