Der 66. Deutsche Mietertag in Hamburg hat DMB-Präsident Franz-Georg Rips mit überwältigender Mehrheit für weitere vier Jahre im Amt bestätigt. In von ihm selbst geforderter geheimer Abstimmung – er wollte wohl ein ehrliches Ergebnis – erhielt Rips 96,5 Prozent der Delegiertenstimmen. Bestimmt weniger ehrlich, da offen gewählt, dafür aber noch besser schnitt der große Rest des Präsidiums bei seiner (Wieder-)Wahl ab: einstimmig. Lediglich bei den Beisitzern musste es eine Niederlage geben, da es sechs Kandidat(inn)en für fünf Posten gab. Hier schaffte RTL-Moderator Franz Obst („Nachbarschaftsstreit“) aus Koblenz, Vorsitzender des Landesverbands Rheinland-Pfalz, trotz seiner Bildschirm-Bekanntheit wieder nicht den Sprung ins Präsidium – wie schon vor vier Jahren in Berlin.
Der Deutsche Mietertag ist die Mitgliederversammlung des Deutschen Mieterbundes (DMB), des Dachverbandes von 320 Mietervereinen in Deutschland. Außer Rechenschaftsberichte entgegenzunehmen und das Präsidium zu entlasten und neu zu wählen hat er vor allem die Aufgabe, die Politik des DMB für die nächsten Jahre zu bestimmen. Das geschieht durch die Verabschiedung von Anträgen, die die Mitgliedsverbände stellen. 92 davon waren für den Hamburger Mietertag gestellt worden. Die allermeisten davon wurden beschlossen und stellen nun Arbeitsaufträge dar, für die der Mieterbund sich in den nächsten zwei Jahren engagieren soll.
Reich baut für Reich?
Unter anderem forderten die Delegierten eine Abkehr vom Prinzip „Reich baut für Reich“ bei der Wohnraumförderung. Der bisherige Focus auf Eigentum und hochpreisigen Mietwohnungsbau werde die Probleme einkommensschwacher Bevölkerungsschichten am Wohnungsmarkt niemals lösen. Grundstücke in öffentlicher Hand dürften nicht mehr nur an die Höchstbietenden verkauft, Bauvorschriften müssten entrümpelt und Baugenehmigungsverfahren beschleunigt werden. In den nächsten Jahren hält der eutsche Mieterbund eine Wohnungsbauvolumen in Höhe von 400 Mio. Euro für erforderlich, um die Wohnungsengpässe in den Ballungszentren zu beseitigen.
Mietrecht noch nicht zufriedenstellend
Auch mit dem Mietrecht ist der Mieterbund – trotz oder gerade wegen der Änderungen der letzten Jahre – noch lange nicht zufrieden. Insbesondere die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der in den letzten Jahren den früher einmal beträchtlichen Kündigungsschutz für Mieter immer weiter ausgehöhlt hat, beschäftigte die Delegierten in mehreren Anträgen. So forderten sie unter anderem,
Eigenbedarfskündigungen wieder auf Verwandte ersten Grades des, Vermieters zu beschränken, für die ersten fünf Jahre des Mietverhältnisses ganz auszuschließen und auch danach nur zuzulassen, wenn der Vermieter die Umzugskosten übernimmt;
Kündigungen wegen Zahlungsverzug auszuschließen, wenn dieser nicht dem Mieter, sondern zum Beispiel dem Jobcenter anzulasten ist;
das Sonderkündigungsrecht des Vermieters einer Einliegerwohnung auszuschließen, wenn dieser den Mieter nicht bei Vertragsabschluss auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
Zahllose weitere Forderungen beschäftigten sich mit dem Themenkomplex „Mieterhöhung“, insbesondere nach energetischen Modernisierungen. Bekanntlich tritt der Mieterbund für die Abschaffung der 11-Prozent-Umlage ein, hat sich aber auch Gedanken über Alternativen gemacht. Aber auch die frisch in Kraft getretene Mietpreisbremse ist dem Mieterbund noch nicht ausreichend. Mit großer Mehrheit stimmten sie einem Antrag aus NRW zu, der grundsätzliche alle Mieten, die mehr als 10 % über dem Mietspiegel liegen, für illegal erklären will.
Kundgebung
Außer Wahlen und Antragsberatungen enthält jeder Mietertag auch eine öffentliche Kundgebung, in der der DMB zahlreiche Prominenz begrüßen kann. Diesmal gehörten dazu der Regierende Bürgermeister von Hamburg, Olaf Scholz, und Bundesbauministerin Barbara Hendricks (beide SPD). Hendricks verdiente sich den Beifall der Delegierten mit der Bemerkung, Wohnen sei „die Grundbedingung für gesellschaftlichen Zusammenhalt“ und müsse „überall funktionieren, auch in den Boomregionen“. Auch Hendricks begrüßte die Mietpreisbremse, wies aber darauf hin, dass sie keine neuen Wohnungen baut und deshalb die Folgen der Not nur lindert, aber nicht beseitigt.
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