Ohne Kategorie
1. Oktober 2003 (Ohne Kategorie)

Kommentar: Dank dir, Paule ...

Florida-Paule, wir danken dir. Du hast, als du aus dem Sommerloch gepurzelt bist, unsere Boulevard-Zeitungs-Redakteure, die ihre Bleistifte schon bis auf die Minen abgekaut hatten, vorm endgültigen Entschlafen gerettet. Du hast unserem immer noch arglosen Innenminister Otto Schily die Augen geöffnet, wie riesig die Gesetzeslücken im Sozialrecht wirklich sind. Du hast uns allen, die wir an den Stammtischen immer schon viel besser wussten, wie man Staatsfinanzen saniert, klar gemacht, wie schlimm es um das Thema „Sozialmissbrauch“ wirklich steht. Und so hast du Kanzler Schröder wieder ein Stück des langen Wegs zum größten Sozial-Kahlschlag in der Geschichte der BRD geebnet.

Du elender Tausendsassa, du hast es geschafft! Einem deutschen Gericht klar zu machen, dass man deutsche Sozialhilfe auch am Strand von Florida genießen kann, und zwar völlig zu Recht. Selten hat sich die Politik so schnell bemüßigt gefühlt, eine Gesetzeslücke zu schließen. Jetzt soll es Sozialhilfe im Ausland statt in ganzganz nur noch unter ganzganzganz seltenen Ausnahmen geben. War aber auch echt peinlich, bei der beeindruckenden Länge der „Liste der Grausamkeiten“, die wir Unterprivilegierten hier im Inland bei der Agenda 2010 derzeit zu schlucken haben.
Doch halt, immer langsam mit die jungen Pferde und runter mit dem Adrenalinspiegel! Was hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg denn wirklich entschieden? Dass das Landessozialamt einem deutschen Rentner noch sechs Monate lang eine Miete von 875 Dollar für sein Strandhaus in Florida zahlen muss.
Aha. Es ging also eigentlich nicht um das süße Leben unter Palmen, sondern um Kosten der Unterkunft. Die muss das Sozialamt halt denen zahlen, die kein eigenes Einkommen erzielen. Ob sie im Inland oder Ausland wohnen, ist eigentlich egal. Miete kostet beides. Also ein ganz normaler Vorgang?
Fast. Denn 600 Dollar, die das Sozialamt freiwillig zahlen wollte, sind immer noch ‘ne Stange Geld für die Wohnung eines Alleinstehenden. Soviel gibt’s in Castrop-Rauxel oder Bottrop nicht. Ist wohl ein anderes Mietniveau da drüben. Aber Streit um die angemessene Höhe der Unterkunftskosten ist ja nun pupsnormal. Und uns zum Trost: Auch Florida-Paule muss sich nun eine bescheidenere Bude suchen.


>>> Rechtsberatung für Mieterinnen und Mieter
 

Twitter


Arbeitsgemeinschaft der Mietervereine Bochum, Dortmund, Witten, Mietergemeinschaft Essen

Kontakt | Sitemap | Datenschutz | Impressum