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26. März 2012 (Ohne Kategorie)

Urteil: Grundgesetz schützt Mieter-Wohnung

Artikel 13 des Grundgesetzes garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Denn die Wohnung stellt den elementaren Lebensraum zur freien Entfaltung der Persönlichkeit dar. Eine Wohnungsdurchsuchung ist einen schwerwiegenden Eingriff in diese Privatsphäre. Nur ein Gericht kann so etwas beschließen, und auch nur bei schwer wiegendem Verdacht auf eine Straftat. Daran ist ein hoher Maßstab anzulegen.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Oktober zwei Urteile von Amts- und Landgericht, die Wohnung eines Essener Mieters zu durchsuchen, für verfassungswidrig erklärt. Die getrennt lebende Frau hatte ihren Mann auf Zahlung von Unterhalt für das gemeinsame Kind verklagt und Strafanzeige wegen Unterhaltspflichtverletzung (§ 170 Abs. 1 StGB) gestellt.

Sie hatte wiederholt den Verdacht geäußert, dass er Einkünfte verschwieg. Der Mann machte eine von der Agentur für Arbeit finanzierte Umschulung und in diesem Rahmen ein Praktikum bei einer Firma, die ihn neben anderen Mitarbeitern mit Bild auf ihrer Homepage darstellte. Obwohl die Firma schriftlich bescheinigte, das Praktikum werde nicht vergütet, reichte allein dies der Staatsanwaltschaft und anschließend zwei Gerichten aus, eine Wohnungsdurchsuchung für notwendig zu halten. Dabei sollte nach schriftlichen Unterlagen gesucht werden, die Aufschluss über die finanziellen Verhältnisse des Mannes liefern könnten.

Verfassungswidrig, meinten die obersten Grundgesetzhüter aus Karlsruhe. "Eine Wohnungsdurchsuchung", schrieben sie in ihren Beschluss, "darf nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Verdachts erforderlich sind; denn sie setzt einen Verdacht bereits voraus." Die Verdachtsgründe müssten dabei über "vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen" hinausgehen.

Die Verfassungsschützer rügten, dass nicht einmal dargelegt sei, welche Einkünfte der Mann erzielt habe und wie hoch die Unterhaltsverpflichtung sei. Staatsanwalt, Amts- und Landgericht hatten der Firma schlicht nicht geglaubt, da neben dem Bild des Mannes nicht "Praktikant" oder "Umschüler" gestanden hatte, während es einen solchen Hinweis bei den Auszubildenden der Firma gab. Das aber sei kein hinreichender Tatverdacht.

Die weitere Argumentation des Mannes, die Durchsuchung sei auch unverhältnismäßig, weil ja auch die zivile Unterhaltsklage der Frau Licht in seine finanziellen Verhältnisse bringen würde (das Urteil stand noch aus), fanden die Richter schon nicht mehr entscheidungserheblich.

AZ: BVerfG 2 BvR 15/11

Herr im Hause
Das Bundesverfassungsgericht hat sich auch in der Vergangenheit schon zum Schutz des Mieters in seiner gemieteten Wohnung geäußert – auch im Verhältnis zum Vermieter. Dabei hat es grundsätzlich festgestellt, dass nicht nur Eigentum, sondern auch Besitz ein Grundrecht und der Mieter Besitzer seiner Wohnung ist. Das heißt, dass der Mieter zwar nicht Eigentümer der Wohnung ist, sie also nicht verkaufen, umbauen oder abreißen darf, ansonsten aber als Besitzer darüber verfügen kann. Zum Beispiel übt er das Hausrecht in seiner Wohnung aus.

Das bedeutet, dass der Mieter bestimmt, wer sich wann in seiner Wohnung aufhalten darf. Jeder, der die Wohnung ohne Erlaubnis des Mieters betritt oder sie trotz Aufforderung nicht unverzüglich verlässt, begeht Hausfriedensbruch (Straftat). Das gilt sogar für den Vermieter: Ohne Erlaubnis des Mieters darf er die Wohnung nur in ganz wenigen Ausnahmefällen (z. B. bei einem Rohrbruch) betreten. Und auf gar keinen Fall darf er einen Schlüssel dazu haben - es sei denn, der Mieter wünscht es so. Denn der Mietvertrag garantiert dem Mieter das alleinige Nutzungsrecht der Wohnung.

Außerhalb der vermieteten Wohnung hat natürlich der Vermieter das Sagen. Er kann frei bestimmen, wer sich auf welchen Flächen aufhalten darf. Mit einer wesentlichen Einschränkung: Der Mieter darf auf jeden Fall alle Treppen und Flure betreten, die zur Erreichung der von ihm gemieteten Räumer (einschließlich Keller, Speicher, (Tief-)Garage) erforderlich sind – und das gilt natürlich auch für seine Gäste.


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